Politik

Europaweite Razzia gegen Mafia-Organisation 'Ndrangheta

In mehreren europäischen Ländern fand am Mittwoch eine Großrazzia gegen die 'Ndrangheta statt.
05.12.2018 11:34
Lesezeit: 2 min

Mit einer großangelegten Razzia sind Ermittler in Deutschland, Italien, den Niederlanden und Belgien gegen die italienische Mafia-Organisation 'Ndrangheta vorgegangen. Deutsche Schwerpunkte der Aktion waren das Rheinland und das Ruhrgebiet sowie Bayern. Dutzende mutmaßliche 'Ndrangheta-Mitglieder wurden am Mittwochmorgen festgenommen, zahlreiche Wohnungen und Lokale durchsucht, wie das Bundeskriminalamt in Wiesbaden mitteilte.

Nach Angaben der italienischen Polizei wurden bislang 90 Menschen in Europa und in Ländern Südamerikas gefasst. Ihnen wird unter anderem Drogenhandel, Geldwäsche und die Zugehörigkeit zu einer Mafiaorganisation vorgeworfen.

Die Europäische Justizbehörde Eurojust koordinierte die internationale Aktion mit dem Codenamen «Pollino». Sie sei das Ergebnis «einer intensiven gemeinsamen Ermittlungsarbeit, die im Jahr 2016 begann und europaweit koordiniert wurde», heißt es in einer Pressemitteilung von Eurojust.

Laut «Spiegel Online» waren allein in Deutschland 240 Beamte des BKA und 200 Polizisten der Bundespolizei im Einsatz, darunter Spezialkräfte der Antiterroreinheit GSG 9. Hinzu kommen Hunderte Beamte der Landespolizeibehörden. Nach Angaben von «Bild.de» wurden bundesweit mehr als 100 Objekte durchsucht. Einer der Haupttäter, ein 45 Jahre alter italienischer Gastwirt einer Osteria aus Pulheim bei Köln, wurde am Morgen in seiner Wohnung verhaftet. Berichte, wonach es auch Durchsuchungen in Thüringen und Berlin gegeben haben soll, dementierte das BKA.

Eurojust will um 12 Uhr am Mittwoch in Den Haag über die Ermittlungen informieren. Das BKA will am Nachmittag (15 Uhr) auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden Details bekanntgeben, die Ermittler in Italien kündigten ebenfalls weitere Informationen an.

Die kalabrische 'Ndrangheta gilt inzwischen als die mächtigste italienische Mafia-Organisation. Sie dominiert den Drogenschmuggel nach Europa und ist auch in Deutschland aktiv. So gingen die Mafia-Morde von Duisburg auf ihr Konto. Im August 2007 waren dort vor einer Pizzeria sechs Menschen erschossen worden. Ein Streit zwischen dem Pelle-Vottari-Clan und dem Strangio-Nirta-Clan war der Auslöser für die Bluttat.

In Italien richteten sich die Augen am Mittwoch vor allem auf die Region um Reggio Calabria. Der Operation habe sich gegen verschiedene Mitglieder bekannter Clans gerichtet, die im Herzen der Region um Locri bei Reggio Calabria operierten. Aus dieser Gegend stammten auch die Täter der Mafia-Morde von Duisburg. Die jetzige Aktion sei Ergebnis jahrelanger Ermittlungen der Behörden in Italien, Deutschland und den Niederlanden, betonte die Polizei.

Seit langem warnen Ermittler in Italien davor, dass die 'Ndrangheta ein außerordentlich wichtiges Standbein in Deutschland hat. Im Sommer erklärte die nationale Anti-Mafia-Behörde, dass die kalabrische Mafia in Deutschland ähnliche Strukturen aufgebaut habe wie in ihrer Heimat. Deutschland, darunter der Hamburger Hafen, seien für den Drogenhandel von «besonderem Interesse» für die Clans.

Zwar gelingen italienischen Ermittlern immer wieder Schläge gegen die Clans, jedoch streckt die 'Ndrangheta ihre Tentakeln immer weiter aus. Anders als es in Filmen dargestellt wird, führt die Mafia weniger blutige Straßenkämpfe aus: Stattdessen agiert sie meist im Verborgenen und infiltriert staatliche und wirtschaftliche Einrichtungen.

Anders als in Italien gibt es in Deutschland keine strengen Anti-Mafia-Gesetze. Dort ist schon die Mitgliedschaft in einer mafiösen Organisation eine Straftat - in Deutschland nicht.

Traditionell ist die Mafia in Deutschland unter anderem in Nordrhein-Westfalen stark vertreten, wenngleich sie keine herausragende Rolle unter den organisierten Kriminellen spielt. In 214 Verfahren aus diesem Spektrum, die zwischen 2012 und 2016 in den Polizeibehörden des Landes bearbeitet wurden, gab es nur in zehn Fällen überwiegend italienische Tatverdächtige, wie aus früheren Angaben des NRW-Innenministeriums hervorgeht.

Insgesamt zählt die Polizei in NRW etwa 120 Personen zum Spektrum «Italienische Organisierte Kriminalität» (IOK). Sie werden vor allem den mafiösen Organisationen der 'Ndrangheta, Cosa Nostra sowie in geringerem Umfang der Camorra und der apulischen organisierten Kriminalität zugerechnet. Aufgefallen sind sie vor allem wegen Umsatzsteuerhinterziehung, Drogenhandel und -schmuggel sowie das «Verschieben» von Autos ins Ausland.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...