Politik

Gelbwesten: Schwere Ausschreitungen in Paris

In Paris marschieren am Samstag erneut die Gelb-Westen gegen die Regierung Macron.
08.12.2018 15:20
Lesezeit: 3 min

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Bei Demonstrationen der Gelbwesten ist es in Paris zu schweren Ausschreitungen gekommen. Der Figaro (hier im Livestream) und andere französische Medien zeigten Videos von verwüsteten Straße, Rauchschwaden und umgeworfenen Autos.

Bei neuen Protesten ist es am Samstag zu Ausschreitungen in Frankreichs Hauptstadt gekommen. Demonstranten zündeten in der Innenstadt Barrikaden an, schlugen Fensterscheiben ein und lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Beamten waren mit gepanzerten Fahrzeugen im Einsatz und drängten gewaltbereite Demonstranten mit Tränengas zurück. Landesweit beteiligten sich nach Regierungsangaben rund 77.000 Menschen an den Kundgebungen, fast tausend Demonstranten wurden vorläufig festgenommen.

Nach einem vergleichsweise ruhigen Auftakt der Demonstrationen wurden die Proteste der "Gelbwesten" in Paris im Verlauf des Tages zunehmend von Gewalt bestimmt. In der Nähe des Prachboulevards Champs-Elysées bewarfen Demonstranten die Polizei am Vormittag mit Knallkörpern und anderen Gegenständen.

Mehrere Demonstranten versuchten, das Luxuskaufhaus "Publicis" in Brand zu stecken, wie AFP-Reporter berichteten. Die Protestteilnehmer - einige von ihnen in gelben Westen - entzündeten eine Tanne, die sie gegen die Fassade des Kaufhauses drückten. Die Polizei drängte die Demonstranten unter Einsatz von Tränengas ab. Eine junge Frau wurde mit einer Kopfverletzung zur Behandlung fortgebracht.

Auch an anderen Orten in Paris gab es Ausschreitungen. Nahe der Metro-Station Grands Boulevards setzten die Demonstranten eine Straßenbarrikade in Flammen. In der Avenue de Friedland schlugen sie Fensterscheiben ein.

Die Beamten antworteten mit Tränengas und vereinzelt auch Wasserwerfern. Zudem waren erstmals gepanzerte Räumfahrzeuge der Militärpolizei im Einsatz.

Als Reaktion auf den "Schwarzen Samstag" in der vergangenen Woche war das Polizeiaufgebot vor den neuerlichen Massenprotesten massiv aufgestockt worden. Landesweit wurden 89.000 Sicherheitskräfte mobilisiert, allein in Paris waren es 8000. Dies war rund ein Drittel mehr als am vorangegangenen Samstag, als in der Hauptstadt zeitweilig bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten.

Landesweit wurden mehr als 950 Menschen vorläufig festgenommen, der Großteil davon in Paris, wie aus Polizeikreisen verlautete. Viele von ihnen trugen nach Behördenangaben Masken, Steinschleudern, Hämmer und Pflastersteine bei sich.

Das Pariser Zentrum glich am Samstag einer Geisterstadt. Touristen-Attraktionen wie Eiffelturm und Louvre sowie zahlreiche Geschäfte bleiben aus Furcht vor Chaos und Plünderungen geschlossen. Zudem blieben 36 Stationen der U-Bahn und der Vorortbahnen RER geschlossen. Rund 50 Buslinien wurden unterbrochen oder umgeleitet.

Mehrere hundert Demonstranten blockierten am Samstagmorgen zeitweise die wichtige Ringautobahn Périphérique. Die Polizei löste die Blockade auf, ohne dass es zu Zusammenstößen kam. Eine örtliche Gelbwesten-Sprecherin betonte den friedlichen Charakter der Autobahn-Blockade: "Wir wollen uns Gehör verschaffen, keine Randale machen", sagte Laetitia Dewalle.

Auch in anderen französischen Städten, darunter Marseille und Grenoble, gingen wieder Demonstranten auf die Straße. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten am Nachmittag landesweit auf fast 77.000. Vielerorts verursachten die Demonstranten Behinderungen auf den Autobahnen.

Moderate Vertreter der "Gelbwesten" hatten ihre Anhänger aufgerufen, den Kundgebungen in Paris fernzubleiben, um in den Augen der Öffentlichkeit nicht mit den Randalierern in einen Topf geworfen zu werden. Einzelne Aktivisten riefen dagegen zur Einnahme des Elysée-Palasts in Paris auf, des Amtssitzes von Präsident Emmanuel Macron.

Die Protestbewegung fordert den Rücktritt Macrons sowie allgemeine Steuersenkungen, höhere Renten und Löhne.

Das Wall Street Journal sympathisiert offen mit den Demonstranten und bricht eine Lanze für eine Abkehr von der europäischen Energiewende. Das Blatt kommentiert:

Frankreichs gewalttätige Proteste der Gelben Westen haben viele innenpolitische Ursachen, aber es ist kein Zufall, dass der Auslöser eine Erhöhung der Kraftstoffsteuer war. Nichts offenbart die Diskrepanz zwischen normalen Wählern und einer zurückhaltenden politischen Klasse mehr als die Besteuerung von Kohlendioxid.

Die Energiewende der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel - ein Übergang zu erneuerbaren Energien, der die Kohlendioxidemissionen erhöht und die Energiekosten der Haushalte in die Höhe schnellen lässt - ist zu einer politischen Belastung geworden.

Eine CO2-Steuer ist theoretisch eine effizientere Methode als die Regulierung zur Verringerung der CO2-Emissionen. Aber nach jahrzehntelangen globalen Konferenzen, Bergen von Berichten, düsteren Fernsehdokumentationen, Appellen von Prominenten, Schullehrplänen und Medienkampagnen glauben die Wähler nicht, dass der Klimawandel eine Politik rechtfertigt, die ihre Lebenshaltungskosten erhöht und die Wirtschaft schädigt.

Bei Protesten der Gelbwesten in der belgischen Hauptstadt Brüssel sind am Samstag etwa hundert Menschen festgenommen worden.

Die meisten von ihnen wurden noch vor Beginn der Demonstration im Rahmen von "präventiven Maßnahmen" in Gewahrsam genommen, wie die Polizei mitteilte. Etwa 400 Menschen beteiligten sich demnach an dem Protestzug am Rande des Europaviertels. Einige von ihnen griffen die Polizei mit Wurfgeschossen an. Nach den Festnahmen habe sich die Lage aber schnell beruhigt, erklärte eine Polizeisprecherin.

Das Europaviertel, in dem Institutionen wie die EU-Kommission, der EU-Rat und das EU-Parlament ihren Sitz haben, wurde wegen der Demonstration komplett abgeriegelt.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga gingen belgische Gelbwesten-Demonstranten am Samstag auch in der Region Westflandern auf die Straße. Sie blockierten demnach bei Rekkem nahe der Grenze zu Frankreich eine Autobahn. Auch auf der Autobahn bei Adinkerke errichteten Aktivisten laut Belga eine Straßensperre.

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