Finanzen

Investoren wollen Italiens Banken kein Geld mehr leihen

Italiens Banken kommen nur noch schwer an neue Schulden. Die EZB erwägt bereits neue Direktfinanzierungen der Geldhäuser.
18.01.2019 17:18
Lesezeit: 2 min

Viele italienische Banken kommen am Anleihemarkt nur noch mit Mühe an frisches Kapital. Daher schielen sie immer wieder in Richtung Europäischer Zentralbank (EZB), die ihnen über mögliche Engpässe hinweghelfen soll. Denn die Schuldenaufnahme an den Finanzmärkten ist für die Institute deutlich teurer geworden, seit 2018 die neue Regierung das Zepter in Rom übernommen hat.

An den Börsen – so die Lesart in den meisten Medien – wird angeblich befürchtet, dass das ohnehin bereits hoch verschuldete Land mit Steuersenkungen und höheren Staatsausgaben eine neue Euro-Krise auslösen könnte. Nur den Schwergewichten UniCredit und Intesa Sanpaolo war es zuletzt noch möglich, über unbesicherte Schuldtitel Finanzmittel einzusammeln.

Das vergleichsweise geringe Emissionsvolumen bei italienischen Banken-Anleihen sei besorgniserregend, sagt der Marktexperte Francesco Castelli von der Investmentbank Banor. Vergangene Woche hatte die Krisenbank Monte dei Paschi für erneute Unruhe gesorgt. Die EZB-Bankenaufsicht befürchtet, dass das 2017 vom Staat gerettete Institut aus der Toskana Probleme haben wird, neue Anleihen auszugeben. Seit vergangenem Sommer ist dies der Bank nicht mehr gelungen.

Italiens Geldhäuser ächzen unter der jahrelangen Wirtschaftsflaute im Land und sitzen auf einem riesigen Berg fauler Krediten. Allein die großen von der EZB beaufsichtigten Institute schleppten Ende des zweiten Quartals 2018 noch notleidende Darlehen im Volumen von 159 Milliarden Euro mit sich herum. Das bremst ihr Neugeschäft. Hinzu kommt, dass der Sektor in Italien im Unterschied zu anderen Ländern nach der weltweiten Finanzkrise nur wenig reformiert wurde.

Die Schwierigkeiten bei der Ausgabe von Anleihen sind schon seit einiger Zeit bekannt. So hatte beispielsweite Italiens Notenbank im dritten Quartal 2018 gemeldet, es seien mehr vorrangige Schuldtitel abgelaufen als neu emittiert worden. Die Differenz liege bei 200 Millionen Euro.

In den Jahren 2016 und 2017 hatten sich italienische Institute in großem Umfang Finanzmittel bei der EZB über supergünstige Langfristkredite beschafft, sogenannte TLTROs. Rund 240 Milliarden Euro nahmen sie auf diesem Wege auf. Die Währungshüter wollten mit diesen Geldspritzen für eine stärkere Kreditvergabe in der Euro-Zone sorgen. Sobald aber die Restlaufzeit eines solchen Darlehens unter ein Jahr sinkt, können Banken die Gelder nicht mehr zur Berechnung bestimmter Finanzpolster (NSFR) heranziehen. Bei Italiens Banken klafft daher Schätzungen von Experten zufolge ab Juni eine Lücke, da dann rund 140 Milliarden Euro aus der Berechnung herausfallen.

"Wir glauben, es wird eine Art neuer TLTROs geben, die helfen könnten, den Anstieg der Finanzierungskosten bei den Banken abzumildern", sagt Luca Manzoni von der Bank BPM aus Verona. Nach Einschätzung eines hochrangigen Bankers eines weiteren italienischen Instituts wird das Jahr 2019 schwierig. Auch er rechnet damit, dass die EZB als Retter einspringt. Auf ihrer jüngsten Zinssitzung in Frankfurt sprachen die Währungshüter laut Notenbank-Chef Mario Draghi bereits über die Möglichkeit neuer TLTRO-Kreditgeschäfte. Es sei aber noch "nicht in der Substanz" behandelt worden.

Erwartet wird auch, dass mehr Banken dem Beispiel von UniCredit und UBI Banca folgen werden, die bislang als einzige sogenannte SNP-Anleihen begeben haben. Das sind riskantere Titel, die zumindest teilweise als Ersatz für die auslaufenden TLTROs genutzt werden können. Sie können im Abwicklungsfall zur Abdeckung von Verlusten herangezogen werden. Nach Aussagen des Finanzmarkt-Spezialisten Cristiano Tommasi, Partner bei der Anwaltskanzlei Allen & Overy, arbeitet sein Haus derzeit mit verschiedenen Banken an der Überarbeitung ihrer Anleihe-Programme, um auch solche Titel auszugeben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...