Nach den USA und mehreren lateinamerikanischen Ländern haben auch zahlreiche EU-Staaten den Oppositionspolitiker Juan Guaido als venezolanischen Übergangspräsidenten anerkannt. In einer koordinierten Aktion vollzogen Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark am Montag den Schritt. Bis Sonntag sei keine Präsidentschaftswahl ausgerufen worden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Tokio. "Deshalb ist Guaido jetzt die Person, mit der wir darüber reden." Die Europäer erwarteten von ihm, dass er die Wahl so schnell wie möglich in Gang setze und dass dies friedlich geschehe.
Die EU hatte Präsident Nicolas Maduro aufgefordert, bis Sonntag eine Präsidentenwahl auszurufen. Anderenfalls würden mehrere europäische Staaten Guaido anerkennen, der sich selbst zum Interimspräsidenten ausgerufen hat. Maduro lehnt eine vorgezogene Präsidentenwahl ab und gab sich demonstrativ unnachgiebig. "Ich weigere mich, Wahlen auszurufen", sagte er in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview. "Wir akzeptieren keine Ultimaten von niemandem." Die nächste Präsidentschaftswahl sei 2024. Stattdessen stellte er eine Neuwahl des Parlaments in Aussicht, dessen Präsident Guaido ist. "Uns interessiert nicht, was Europa sagt."
Eine Kontaktgruppe, zu der mehrere EU-Staaten und auch Deutschland gehören, soll helfen, die Grundlagen für einen friedlichen und demokratischen Prozess zu legen, der möglichst rasch zu Neuwahlen führt. Russland, das den sozialistischen Staatschef Maduro zusammen mit China unterstützt, warf den Europäern Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas vor. Mit ihrem Vorgehen wollten die Europäer den illegalen Versuch der Machtübernahme Guaidos legitimieren, erklärte die Regierung in Moskau.
LIMA-GRUPPE BERÄT WEITERES VORGEHEN GEGEN MADURO
Die USA hatten Guaido bereits unmittelbar nach dessen Selbstausrufung zum Präsidenten als neues Staatsoberhaupt anerkannt. Am Sonntag erhöhte US-Präsident Donald Trump erneut den Druck auf Maduro, indem er die Entsendung von Militär nach Venezuela nicht ausschloss. Das sei eine Option, sagte Trump in einem CBS-Interview.
Am Montag wollten auch die in der Lima-Gruppe zusammengeschlossenen 13 lateinamerikanischen Staaten und Kanada über das weitere Vorgehen beraten. In kanadischen Regierungskreisen hieß es, man wolle prüfen, wie man durch humanitäre Hilfe der unter Lebensmittel- und Medikamentenknappheit leidenden Bevölkerung Linderung verschaffen könne. Neue Strafmaßnahmen würden wohl nicht beschlossen. Im Januar hatte die Lima-Gruppe Einreiseverbote gegen venezolanische Regierungsvertreter verhängt sowie deren Auslandsvermögen gesperrt.
Auch Deutschland bereitet humanitäre Hilfe vor. Um der Bevölkerung zu helfen, werde die Bundesregierung fünf Millionen Euro zur Verfügung stellen, sobald die politischen Rahmenbedingungen in Venezuela dies zuließen, erklärte Außenminister Heiko Maas.