Aus Furcht vor einer weiteren Talfahrt der türkischen Wirtschaft ziehen sich Anleger aus der Börse in Istanbul zurück. Sie verkauften die Landeswährung und trieben den Kurs des Dollar am Freitag 1,4 Prozent in die Höhe auf 5,8135 Lira. Der Euro verteuerte sich um 1,9 Prozent auf 6,5754 Lira. Am späteren Nachmittag gewann die Lira wieder leicht auf 5,76 Lira pro Dollar hinzu.
Der Börsenleitindex fiel gegen den europäischen Trend um etwa ein Prozent. Türkische Staatsanleihen flogen ebenfalls aus den Depots. Dadurch stieg die Rendite der bis 2045 laufenden Dollar-Bonds auf 8,078 von 7,950 Prozent. Die Nervosität der Investoren spiegelte sich auch am Markt für Credit Default Swaps (CDS) wider. Die Absicherung eines zehn Millionen Dollar schweren Pakets türkischer Anleihen gegen Zahlungsausfall verteuerte sich um 13.000 auf 448.000 Dollar, teilte der Datenanbieter Markit mit.
Der Finanzminister ist Insidern zufolge mit einer Charmeoffensive bei US-Investoren abgeblitzt. Wie Teilnehmer einer privaten Geschäftskonferenz in Washington berichteten, kam die Botschaft von Berat Albayrak dort nicht an. Der Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte demnach ein Bild der türkischen Wirtschaft gezeichnet, das sich deutlich aufgehellt habe - abzulesen an einer niedrigeren Inflation und einer besseren Leistungsbilanz.
Albayrak sowie Zentralbankchef Murat Cetinkaya konnten mit ihren Vorträgen in einem Washingtoner Hotel die Zweifel der 400 Teilnehmer am Zustand der Wirtschaft und dem Reformkurs der Regierung aber wohl nicht ausräumen: "Ich glaube nicht, dass jemand überzeugt werden konnte. Das lief nicht gut", sagte einer der Anwesenden, der anonym bleiben wollte. Die Zentralbank wollte sich nicht dazu äußern, beim türkischen Finanzministerium war zunächst keine Stellungsnahme erhältlich.