Finanzen

Ausländische Direktinvestitionen brechen weltweit ein

Laut Daten der OECD sind ausländische Direktinvestitionen weltweit im letzten Jahr um 27 Prozent zurückgegangen. Dies ist der dritte jährliche Rückgang in Folge.
06.05.2019 17:39
Lesezeit: 3 min
Ausländische Direktinvestitionen brechen weltweit ein
Ausländische Direktinvestitionen in ausgewählten Gruppen in Milliarden Dollar (Grafik: OECD)

Im letzten Jahr sind ausländische Direktinvestitionen weltweit um weitere 27 Prozent zurückgegangen. Laut neuen Daten der OECD lagen sie nur noch bei 1,1 Billionen Dollar, was 1,3 Prozent des globalen BIP entspricht. Dies ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 1999.

Das Jahr 2018 ist das dritte Jahr in Folge, in dem ausländische Direkt weltweit zurückgegangen sind. Denn immer mehr Unternehmen wollen entweder keine Investitionen in Unternehmen oder Vermögenswerte in anderen Ländern tätigen oder sie werden daran gehindert.

Ausländische Direktinvestitionen in Deutschland sanken im letzten Jahr sogar um 67 Prozent von 33 Milliarden Euro auf nur noch 11 Milliarden Euro. Die Entscheidung der Bundesregierung vom Ende letzten Jahres, eine strengere Kontrolle ausländischer Investitionen einzuführen, könnte diesen Trend noch verstärken.

Ihren bisherigen Höhepunkt erreichten ausländische Direktinvestitionen weltweit im Jahr 2015. Damals beliefen sich die globalen ausländischen Direktinvestitionen auf insgesamt 1,92 Billionen US-Dollar und machten rund 2,5 Prozent des globalen BIP aus - fast doppelt so viel wie heute.

Das Jahr 2015 war die Zeit vor der Brexit-Abstimmung, vor dem Beginn der Handelskriege und bevor China anfing, gegen die Kapitalabflüsse vorzugehen. Das aus China abfließende Kapital hatte massiv in strategische Unternehmen (und viele andere Vermögenswerte) auf der ganzen Welt investiert.

Warum ausländische Direktinvestitionen weltweit einbrachen

Die Hauptursache für den jüngsten Rückgang der ausländischen Direktinvestitionen sieht die OECD in den USA. Denn die dortigen Steuersenkungen im Jahr 2017  haben viele US-Unternehmen dazu veranlasst, Gewinne von ausländischen Tochtergesellschaften in Ländern wie Irland und der Schweiz zurück ins Land zu holen.

Die USA sind traditionell die weltweit größte Quelle für ausländische Direktinvestitionen. Doch im vergangenen Jahr verzeichneten sie zum ersten Mal seit 2005 keinen Abfluss, sondern sogar einen Rückfluss um 48 Milliarden Dollar in die USA. Noch im Jahr 2017 wurde ein Abfluss von 316 Milliarden Dollar verzeichnet.

Die Rückflüsse der Gelder von US-Investoren in die USA konzentrierten sich im ersten Halbjahr 2018, bedingt durch die unmittelbaren Auswirkungen der Steuersenkungen in den USA. In der zweiten Jahreshälfte kehrten die USA zu ihrer Position als wichtigste Quelle für ausländische Direktinvestitionen weltweit zurück.

Doch nicht nur aus den USA kamen im letzten Jahr weniger Direktinvestitionen, sondern aus 22 der insgesamt 36 OECD-Länder, insbesondere aus Großbritannien, Luxemburg, Kanada, Deutschland, Belgien, Japan, Korea, Dänemark und Österreich. Stärkere Auslandsinvestitionen kamen hingegen aus Frankreich und den Niederlanden.

Chinas Zurückhaltung verschärft das Problem

Ein gleichzeitiger starker Rückgang der Direktinvestitionen aus China das zweite Jahr in Folge verschärfte die Situation noch weiter, insbesondere in Europa und in Nordamerika, wo die chinesischen Investitionen im Jahr 2018 auf nur noch 30 Milliarden Dollar zurückgingen, ein Rückgang um 73 Prozent im Vergleich zu 2017.

Die chinesischen Direktinvestitionen in US-Vermögenswerte fielen 2018 auf 4,8 Milliarden Dollar, den niedrigsten Stand seit sieben Jahren, und lagen somit 90 Prozent unter den chinesischen Investitionen 2016. Zu den Gründen zählen der anhaltende Handelskrieg, Chinas strengere Kontrollen der Kapitalabflüsse und stärkere Prüfungen durch die USA.

Die meisten ausländischen Direktinvestitionen aus China erhielt im letzten Jahr Großbritannien. Allerdings lagen die Investitionen mit insgesamt 4,9 Milliarden Dollar um 71 Prozent niedriger als 2017, als die China Investment Corporation die Londoner Lagergesellschaft Logicor für 14 Milliarden Dollar übernahm.

Großbritannien erhält weniger ausländische Direktinvestitionen

Die gesamten ausländischen Direktinvestitionen im Vereinigten Königreich sanken 2018 gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Drittel auf 64 Milliarden Dollar. Die OECD-Daten zeigen deutlich die Auswirkungen der anhaltenden Brexit-Unsicherheiten auf die Investitionsbereitschaft, sowohl bei in- als auch bei ausländischen Investoren.

Nach Angaben des Office for National Statistics fielen die Investitionen im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2008/09 gegenüber dem Vorquartal. Die neuen Auslandsinvestitionen in den wichtigen Automobilsektor Großbritanniens sanken im letzten Jahr um 47 Prozent auf nur noch 589 Millionen Pfund.

Trotz dieses Rückgangs der ausländischen Investitionen bleibt Großbritannien neben den USA, China, den Niederlanden (mit 70 Milliarden Dollar an ausländischen Direktinvestitionen die Nummer 1 in Europa) und Brasilien einer der fünf wichtigsten Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen weltweit.

Viele europäische Unternehmen haben wegen der Brexit-Unsicherheiten alle nicht-wesentlichen Entscheidungen im Hinblick auf Großbritannien ausgesetzt. Die jüngste Entscheidung der EU, auf Veranlassung der britischen Regierung, die Brexit-Frist bis zum 31. Oktober zu verlängern, hat zu noch mehr Verwirrung und Unsicherheit geführt.

Allerdings war Großbritannien nicht das einzige OECD-Mitglied, das im vergangenen Jahr einen starken Rückgang der ausländischen Auslandsinvestitionen hinnehmen musste. Dreizehn weitere OECD-Länder, darunter Norwegen, die Schweiz und Irland, verzeichneten einen Rückgang der Zuflüsse.

Hingegen verzeichneten Länder wie Spanien, Belgien, Australien, die Niederlande, Kanada und Frankreich höhere Zuflüsse an Auslandsinvestitionen. Die EU insgesamt erhielt im letzten Jahr 20 Prozent weniger ausländische Direktinvestitionen aus anderen Ländern, während die USA 10 Prozent weniger verzeichneten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Vom Höhenflug zum Absturz – wie geht es jetzt weiter?
19.05.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie hat in den vergangenen Tagen eine herbe Talfahrt erlebt. Noch vor wenigen Wochen galt das Papier als Gewinner des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China dreht der Welt den Rohstoffhahn zu - Industrie droht der Stillstand
19.05.2025

Mitten im geopolitischen Machtpoker nutzt China seine Dominanz bei seltenen Erden als Waffe – und bringt westliche Industrien ins Wanken....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Innere Kündigung: Frühzeitig erkennen und wirksam handeln
19.05.2025

Eine Kündigung kommt in der Regel nicht einfach aus dem Nichts. Oft zeigen Mitarbeiter Anzeichen dafür, dass sie das Unternehmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel hausgemacht: Nach Corona-Lockdown und Dauermigration fast 3 Millionen Menschen ohne Berufsabschluss
19.05.2025

Trotz immenser Zuwanderung, leere Lehrstellen und Fachkräftemangel: Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen...

DWN
Politik
Politik Gasfunde in der Schwarzmeerregion: Türkei meldet strategischen Energieerfolg – Erdgasvorkommen mit enormem Wert
19.05.2025

Die Türkei entdeckt im Schwarzen Meer neue Erdgasvorkommen von enormem Wert. Der Fund unterstreicht Ankaras anhaltenden Kurs in Richtung...

DWN
Panorama
Panorama Zwei Tote bei Unfall in New York: Segelschiff rammt Brooklyn Bridge – was wir wissen
19.05.2025

Dramatische Szenen am East River: Ein Segelschulschiff der mexikanischen Marine stößt mit der weltberühmten Brooklyn Bridge in New York...

DWN
Politik
Politik Russland-Sanktionen: Ukraine-Partner erhöhen den Druck auf Moskau
19.05.2025

Kurz vor einem geplanten Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin haben Deutschland, die USA sowie...

DWN
Politik
Politik Pro-Europäischer Sieg bei Rumänien-Wahl: Nicusor Dan wird Präsident
19.05.2025

Erleichterung von Brüssel bis Kiew: Nach dem Triumph des pro-europäischen Kandidaten Nicusor Dan bei der Rumänien-Wahl äußerten sich...