Die in London ansässigen Börsen bereiten sich darauf vor, noch in dieser Woche den Handel mit Schweizer Aktien einzustellen. Hintergrund ist der eskalierende Streit zwischen der Schweiz und Brüssel um den Abschluss eines Rahmenabkommens, den man nun auf den Finanzmärkten austrägt.
CBOE Europe wird ab Montag, den 1. Juli, voraussichtlich keine Handelsgeschäfte mehr mit über 230 Schweizer Unternehmen anbieten, sagte der größte Aktienhandelsplatz der EU am späten Montag. Darunter sind namhafte Aktien wie jene von UBS und Novartis.
Der Handelsstopp für Schweizer Aktien an den Londoner Börsen könne nur dann abgewendet werden, wenn die Schweiz und die Europäische Kommission doch noch kurzfristig zu einer Einigung finden, berichtet die Financial Times.
Die beiden Seiten verhandeln seit Längerem über eine Neuordnung ihrer Wirtschaftsbeziehung, die alles von den Finanzmärkten über Arbeitsplätze bis hin zur Freizügigkeit von Personen umfasst.
Die EU versucht, ihre etwa 120 bilateralen Verträge mit der Schweiz in einen "institutionellen Rahmen" umzuwandeln. Dieser Rahmen soll das Nicht-EU-Mitglied dazu verpflichten, automatisch einige EU-Gesetze zu übernehmen. Die Schweiz lehnt dies ab.
Londoner Börsen müssen Schweizer Aktien von den Börsen nehmen
Angesichts der geringen Fortschritte bei den Gesprächen droht die EU-Kommission nun damit, eine befristete Genehmigung auslaufen zu lassen. Diese ermöglicht es noch bis zum 30. Juni, Schweizer Aktien in der EU zu handeln.
Rund 30 Prozent des Handels mit erstrangigen Schweizer Aktien findet in London statt. Am Montag könnte dieser Anteil nun schlagartig auf null fallen. Dies stellt die Schweizer Unternehmen vor Probleme und könnte auch die Wirtschaft des Alpenlandes schädigen.
Der Streit zwischen der EU und der Schweiz bietet zudem einen Einblick in die potenziellen Fallstricke, die sich für in den Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit auf den Finanzmärkten ergeben könnten.
Die Ausarbeitung eines neuen Rahmens für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU hat sich verzögert, nachdem die Schweizer Behörden Ende letzten Jahres eine halbjährliche "öffentliche Konsultation" zum Vertrag eingeleitet hatten.
EU-Kommission will Stärke demonstrieren
Die Haltung der EU gegenüber der Schweiz hat sich im Lichte der Brexit-Verhandlungen verhärtet. Die Union will zeigen, die sie Widerstand gegen ihren "institutionellen Rahmen" mit einem Zugangsverbot für Teile ihrer Finanzmärkte bestrafen kann.
Johannes Hahn, EU-Kommissar für Erweiterung, hat die Schweizer Behörden gewarnt, dass es keine "Verwässerung der Binnenmarktregeln geben wird, insbesondere in der wahrscheinlich entscheidenden Phase des Brexit".
Bern ist offenbar gewillt, den Konflikt auszutragen. So sagte das Schweizer Finanzministerium, es werde Gegenmassnahmen ergreifen, die den Handel mit Schweizer Aktien in der EU verbieten würden, um den heimischen Finanzmarkt zu schützen.
SIX, die Eigentümerin der Schweizer Börse, teilte ihren Kunden mit, dass ein so genannter Gleichrangigkeitsstatus, bei dem jede Seite die Standards der anderen anerkennt, "höchstwahrscheinlich" nicht gewährt werden wird.
Dies würde bedeuten, dass EU-Investoren Schweizer Aktien in Zürich über lokale Broker handeln müssten. Aufgrund Schweizer Vorschriften könnte die EU-Börsen könnten dann keine Aktien der großen Schweizer Firmen mehr anbieten.