Finanzen

EU und Schweiz gehen auf den Aktienmärkten fortan getrennte Wege

Die Börsen der EU und der Schweiz erkennen sich gegenseitig nicht mehr an.
01.07.2019 16:50
Lesezeit: 2 min

Der Konflikt zwischen der Schweiz und der Europäischen Union hat am Montag mit der gegenseitigen Blockade der Börsenzulassung eine neue Stufe erreicht. Die Regierung in Bern verbot zum Schutz des heimischen Börsenplatzes den Handel mit Schweizer Aktien an den EU-Aktienmärkten. Zuvor hatte die EU-Kommission den sogenannten Äquivalenzstatus der Schweizer Börsen auslaufen lassen, berichtet Reuters.

Grundsätzlich dürfen Banken und Vermögensverwalter aus der EU an der Schweizer Börse SIX nun nicht mehr handeln, weil die Börsenregulierung in der Alpenrepublik nicht mehr als gleichwertig zur eigenen anerkannt wird. Praktisch hat die als politisches Druckmittel ergriffene Maßnahme für die SIX aber kaum Auswirkungen; der Börsenplatz Zürich könnte kurzfristig sogar mehr Handelsvolumen generieren, sagen Finanzexperten.

Ausschlaggebend ist die Europäische Finanzmarktverordnung MiFIR, in der auch Aktienhandelspflichten geregelt sind. Sinngemäß heißt es dort im Artikel 23, dass Aktien, die nicht systematisch und regelmäßig an einer von Europa anerkannten Börse gehandelt werden, an anderen Märkten gehandelt werden dürfen - somit auch in der Schweiz.

Die SIX ist der viertgrößte Handelsplatz in Europa. Die nahezu 300 gelisteten Schweizer Unternehmen - darunter Weltkonzerne wie Nestle, Novartis und Roche - bringen einen Börsenwert von 1,1 Billionen Euro auf die Waage und stellen mehr als zehn Prozent im paneuropäischen Stoxx-600-Index. In der Tat waren die Volumina an der SIX am ersten Tag der EU-Restriktionen leicht überdurchschnittlich. Händlern zufolge blieb vorerst aber unklar, ob das mit dem Börsenstreit zu tun hat oder mit anderen Faktoren wie dem Beginn eines neuen Quartals und der generell positiven Stimmung der Anleger angesichts der Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China. "Der Handel läuft unauffällig", sagte ein SIX-Sprecher.

"Wir waren sehr gut vorbereitet und hatten in den vergangenen Tagen viele Kundenanfragen", sagte der Vertreter einer Schweizer Bank. "Heute hat sich das beruhigt. Alles läuft reibungslos." An der Deutschen Börse wurde einem Sprecher zufolge der Handel mit 182 Schweizer Werten suspendiert. 2018 belief sich der Umsatz mit Schweizer Titeln an der größten deutschen Börse auf lediglich 2,45 Milliarden Euro.

Hintergrund des Streits ist eine politische Auseinandersetzung, die mit der Börsenäquivalenz eigentlich gar nichts zu tun hat. Die Schweiz will ein jahrelang ausgehandeltes Abkommen über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Seiten vorerst nicht unterzeichnen und verlangt Nachbesserungen. Das lehnt Brüssel ab. Die harte Haltung der Europäischen Union hat wohl auch mit dem bevorstehenden Ausscheiden Großbritanniens aus der Gemeinschaft zu tun. "Das ist ein Beispiel dafür, was Brüssel London auferlegen könnte", sagte Stephane Barbier de la Serre, Ökonom bei Makor Capital Markets in Genf. Der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis hatte sich vergangene Woche zuversichtlich gezeigt, dass der Börsenstreit mit der EU nicht von Dauer sein wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...