Politik

Klima-Steuer: Schwedens Stromnetz kann zusätzliche Nachfrage nicht mehr bedienen

Mit einer Strafsteuer will Stockholm den endgültigen Kohleausstieg forcieren. Doch die offenbar übereilte Maßnahme zeigt negative Auswirkungen in Schwedens Stromnetz.
31.07.2019 17:07
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Am Donnerstag führt die schwedische Regierung eine neue Steuer ein, um das Auslaufen der letzten verbliebenen Kohle- und Gaskraftwerke des Landes zu forcieren. Begründet wird das Vorhaben von der Regierung damit, dadurch die globale Erwärmung einzudämmen. Doch die Maßnahme hat offenbar unerwünschte Folgen für das Stromnetz des Landes.

Mit der neuen Steuer verdreifachen sich die Abgaben auf fossile Brennstoffe, die in lokalen Kraftwerken zum Einsatz kommen, was diese Anlagen praktisch unrentabel macht. Stromversorger wie Stockholm Exergi und EON haben daher bereits angekündigt, die Stromerzeugung einzuschränken, zu unterbrechen oder aber immerhin keine neuen Kapazitäten aufzubauen - auch wenn sie weiterhin Fernwärme liefern wollen. Die neue Steuer hat somit zur Folge, dass die Netze in der Hauptstadt Stockholm und in Malmö nicht mehr in der Lage sein werden, neue Einrichtungen wie Wohnungen, Verkehrsanbindungen und Fabriken ans bestehende Stromnetz anzuschließen. Eigentlich gibt es in Schweden keinen Strommangel. Doch es fehlen Leitungen, um den Strom in die großen Städte zu transportieren.

Probleme in Schwedens Stromnetz zeigen sich

"Wir haben kein Problem damit, in Schweden genügend Strom zu erzeugen, wir haben ein Problem damit, ihn dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird", zitiert Bloomberg Magnus Hall, den Chef des staatlichen Energieversorgers Vattenfall. Das Gesetz sei kurzfristig eingeführt und möglicherweise nicht hinreichend analysiert worden.

Die Steuer wurde im Januar dieses Jahres nach 18-wöchigen Verhandlungen in einem Haushaltsabkommen zwischen der Zentrumspartei, den Liberalen, den Sozialdemokraten und den Grünen beschlossen. Sie war einer von 73 Punkten, bei denen die Beteiligten einen Kompromiss finden mussten. Daher war wenig Zeit für eine gründliche Analyse.

Die Steuer hat das erklärte Ziel, den Übergang zu erneuerbaren Energien voranzutreiben. Sie wird zusätzlich zu den Emissionsrechten erhoben, die sich im vergangenen Jahr bereits verdreifacht hatten und in diesem Jahr um weitere 18 Prozent auf den höchsten Stand seit 2006 gestiegen sind.

Schweden bezieht den größten Teil seines Stroms aus Wasserenergie (39 Prozent), Kernenergie (42 Prozent) und Windenergie (10 Prozent). Etwa 9 Prozent werden in Blockheizkraftwerken erzeugt, die überwiegend Biokraftstoffe verwenden, aber einige ältere Anlagen verbrennen noch Kohle oder Gas.

Im vergangenen Jahr hat Schweden 11 Prozent seiner Stromproduktion exportiert. Doch aufgrund der Urbanisierung beginnt die Stromnachfrage in vielen schwedischen Städten über die bestehenden Kapazitäten hinaus anzuwachsen. In einigen Fällen ist man bereits gezwungen, neue Anschlüsse abzulehnen, um Blackouts zu vermeiden.

"Blockheizkraftwerke müssen ihre eigenen Kosten für die Umwelt tragen, auch wenn sie eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung spielen", sagte Anders Ygeman, Minister für Energie und Digitalisierung. Es sei noch zu früh, um zu sagen, welche Auswirkungen die neue Steuer haben wird.

Allerdings gibt es für die Auswirkungen der Steuer bereits Beispiele. So müssen einige neue Kindertagesstätten in Stockholm Monate warten, bis sie ans Netz gehen können. Und einer Brotfabrik in Malmö wurde die Genehmigung zur Expansion verweigert, weil sie zu viel Strom verbrauchen würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...