Politik

Merkel gibt Widerstand gegen neue Schulden in Europa auf

Sechs Länder der Eurozone verstoßen gegen das Defizit-Ziel von 3 Prozent. Doch Merkel hat den Widerstand gegen das Schuldenmachen aufgegeben und überlässt die Entscheidungen EU-Kommissar Rehn. Dies könnte bedeuten, dass Merkel auch die Hoffnung aufgegeben hat, dass die Euro-Zone überlebt.
22.04.2013 03:32
Lesezeit: 1 min

Die 17 Staaten der Eurozone machen weiter massiv Schulden. Sechs Staaten werden das Defizitziel von 3 Prozent dieses Jahr verfehlen. Die EU lässt dies zu. Und auch Deutschland erhebt kaum Einspruch. Dieser Mangel an Widerspruch gegen das Schuldenmachen zeigt, dass die Gegner eines Sparkurses derzeit in der Überzahl sind. „Die Geschwindigkeit der Konsolidierung wird nun mit Sicherheit sinken“, zitiert die FT Guntram Wolff, einen Ökonomen des Think-Tanks Bruegel. Darin sei sich die EU-Kommission einig.

Spanien ist für 2013 vom Defizitziel befreit worden. Und es wird erwartet, dass das Land im Mai erneut eine Befreiung zugestanden wird. Italien hat grünes Licht bekommen, zusätzliche 40 Milliarden Euro auszugeben, sodass auch dieses Land das Defizitziel zu verfehlen droht. Doch auch die Kernländer Frankreich und die Niederlande haben gesagt, dass sie Defizite von mehr als den vereinbarten 3 Prozent machen werden.

Merkel: Kommissar Rehn soll entscheiden

Die Deutsche Bundesbank hat sich wiederholt gegen so viel Nachsicht beim Schuldenmachen mit den EU-Staaten gestellt. Doch die deutsche Regierung hat den Widerstand gegen den wiederholten Vertragsbruch aufgegeben. Kanzlerin Angela Merkel hat die Angelegenheit heruntergespielt. Frankreichs bevorstehende Verletzung des Defizitziels sei „nicht neu“, zitiert sie die FT. Kommissar Rehn solle darüber entscheiden.

Allerdings geht die Kanzlerin nicht so weit, den stärker werdenden Kampf des französischen Präsidenten Francois Hollande gegen jede Form des Sparens mitzumachen. Die Schulden in der Eurozone seien immer noch zu hoch, sagt Merkel. Sie fordert, dass Frankreich strukturelle Reformen durchführt, damit das Defizit im kommenden Jahr im Rahmen der EU-Regeln liegt. Dies legt jedoch nahe, dass die deutsche Regierung für dieses Jahr ein französisches Defizit von 3,7 Prozent akzeptieren wird.

Möglicherweise ist die klammheimliche Abkehr vom Sparkurs auch schon der Anfang vom Ende der Euro-Zone. Denn Deutschland hat im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Entweder man akzeptiert, wie von George Soros gefordert, Eurobonds (hier). Oder aber Merkel überlegt bereits, wie eine zweigeteilte Euro-Zone ohne die Südstaaten aussehen kann (hier).

In jedem Fall werden Merkel und Schäuble versuchen, eine weitere Eskalation der Euro-Schuldenkrise vor der Bundestags-Wahl zu verhindern.

Danach kann die Welt schon wieder ganz anders aussehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: FDP und BSW laut Hochrechnung im Bundestag - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...