Deutschland

Neues Trennbanken-Gesetz schützt die deutschen Spareinlagen nicht

Lesezeit: 3 min
29.05.2013 02:40
Die Bundesregierung will mit einem neuen Trennbanken-System das Risiko für deutsche Banken senken. Das Gesetz hat einige Schönheitsfehler. So können die Banken selbst definieren, wie hoch ihr Risiko ist. Über gefinkelte Rechts-Konstruktionen kann das Gesetz ausgehebelt werden. Die Initiative hat daher eher den Charakter einer Beruhigungs-Pille für die verunsicherten Sparer.
Neues Trennbanken-Gesetz schützt die deutschen Spareinlagen nicht

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Vor kurzem beschloss der Bundestag ein Trennbankengesetz. Das Gesetz folgt im Kern einem richtigen Ansatz. Dennoch sieht es „Bail-in“-Regeln für die Abwicklung von Banken vor. Zudem sind nur deutsche Geldhäuser mit Risikogeschäften über 100 Milliarden Euro betroffen. Zombiebanken im übrigen Euroraum dürfen weiterhin zocken.

Das Gesetzespaket liegt nun im Bundesrat und soll am 7. Juni behandelt werden. Es sieht vor, dass größere Institute risikoreiche Geschäfte zum Schutz der Spareinlagen vom klassischen Bankgeschäft abtrennen sollen. Zudem sind Haftstrafen bis zu fünf Jahren vorgesehen, sollten die Vorstände der Banken entsprechende Pflichten im Risikomanagement verletzt haben.

Zwar ist der Bundesrat bei diesem Gesetz nicht zustimmungspflichtig. Da im Bundesrat Rot-Grün die Mehrheit besitzt ist absehbar, dass das Gesetz in den Vermittlungsausschuss verwiesen wird – was aus Zeitgründen bedeutet, dass es vor der Bundestagswahl nicht in Kraft tritt.

Für beide Seiten bedeutet es Wahlkampfmunition. Für die Regierungskoalition dürfte die Losung lauten: „Sozialdemokraten und die Grünen blockieren ein sinnvolles und wichtiges Gesetz“, bei Rot-Grün dagegen wird der Vorwurf lauten, das Gesetzesvorhaben ginge nicht weit genug.

In einem Punkt hat die Opposition zweifellos Recht: Ohne strikte auch rechtliche Abtrennung des Risikogeschäftes für den Kunden und seine Sicherheit bringt das Gesetz hinsichtlich der Einlagen nichts. Zudem greift es nur, wenn die Risikopositionen eines Bankhauses 100 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Bilanzsumme des Kreditinstituts übersteigen. Eine Einschränkung auf eine festgelegte Risikosumme hilft nichts, wenn Risikogeschäfte unterhalb der 100 Milliardenmarke bedeuten, dass bei einer Bankpleite die Sparer und Einleger weiterhin haften.

Außerdem sieht das Gesetz „Zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“ auch „Bail-in“ Regeln vor - also die Beteiligung von Anlegern und Sparern bei der Rettung von Banken.

Konkretisiert wird der „Bail-in“ im § 47d: „Danach sind bei der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit die Abwicklungsziele und -grundsätze zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass sichergestellt sein muss, dass die Schieflage eines Instituts ohne Gefahr für die Stabilität des Finanzsystems bewältigt werden kann oder die Beseitigung einer solchen Gefahr erleichtert wird und gleichzeitig dafür Sorge getragen wird, dass Eigen- und Fremdkapitalgeber die erwarteten Verluste des Kreditinstituts so weit wie möglich selbst tragen.

Weiter heißt es im § 47f (4) 4. „Nach den Anteilsinhabern sollen die Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Instituts nach Maßgabe der Regelungen der §§ 48a bis 48s die Verluste tragen, soweit dies mit den in Absatz 2 genannten Abwicklungszielen vereinbar ist.“

Zur Erinnerung: Die Gläubiger sind all jene, die ihr Geld auf die Bank getragen haben.

Statt wie ursprünglich vorgesehen bis Mitte 2014 haben die Bankhäuser nun bis Mitte 2015 Zeit, entsprechende „Risikogeschäfte zu identifizieren“, wie es heißt. Genaue Angaben, welche Banken vom Trennbankengesetz betroffen sein werden, gibt es nicht. Von einigen wenigen Bankinstituten ist die Rede, darunter die Deutsche Bank.

Die entscheidende Frage ist nun, wie die Risiken bewertet werden. Das Deutsche Institut der Wirtschaft (DIW) erläutert, „die Entscheidung darüber soll sich an Schwellenwerten orientieren (Anteil der Risikoassets an allen Assets über 15 bis 25 Prozent oder über 100 Mrd. Euro) und wird letztlich von der Finanzaufsicht gefällt.“ Entscheiden kann die notorisch unterbesetzte Finanzaufsicht allerdings nur auf Basis der Zahlen und Risiko-Bewertungen, die ihr von den Banken vorgelegt werden.

Wie das vor sich geht, kann man beim Libor-Skandal beobachten.

Die Meldung von Zahlen erfolgt meist undurchsichtig und unterliegt massiven Manipulationen.

Weiterhin sei es möglich, spekulative Eigengeschäfte als legales „Market Making“ zu erklären. Denn formal getrennte Banken können immer noch in einer Holding- Gesellschaft zusammengeschlossen sein.

Hinzu kommt ein anderer, schwerwiegender Aspekt: Das Gesetz ist auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzt. Für die Zombiebanken in Spanien und anderswo im Euroraum gilt es nicht. Sobald der gemeinsame europäische Einlagensicherungsfonds – voraussichtlich nach Einführung der Bankenunion – greift, sind Sparer noch immer nicht geschützt.

Damit wird klar: Das neue Gesetz schützt die deutschen Sparer nicht, sondern

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Behandlung von Derivaten. Im Vorschlag für RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen ist unter „Bail-in“-Instrument (Artikel 37 bis 51) festgehalten: „Im Ausnahmefall und wenn dies nachweislich nötig ist, um die kritischen Operationen und Kerngeschäftsbereiche des Instituts oder die Finanzstabilität zu erhalten (Artikel 38), hätte die Abwicklungsbehörde die Möglichkeit, Verbindlichkeiten aus Derivaten auszunehmen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...