Finanzen

Angst vor System-Crash: Zentralbanken erwägen neue Geld-Schwemme

US-Präsident Barack Obama fürchtet um seine Wiederwahl, weil ein Banken-Crash in Europa das globale Finanzsystem gefährden würde. Daher bereiten sich die Zentralbanken offenbar auf eine gemeinsame Intervention in Form eines Dollar Swaps vor.
06.06.2012 00:02
Lesezeit: 2 min

Die jüngsten Warnung von US-Präsident Barack Obama, die Euro-Krise drohe auf die USA überzugreifen, zeigen, dass der Präsident „sehr nervös“ ist, wie ein Analyst dem Business Insider berichtet (Obama macht die Europäer jetzt schon für die US-Probleme verantwortlich - hier). Daher mehren sich Spekulationen, die Zentralbanken könnten eine gemeinsame Intervention vorbereiten, um einen systemischen Crash zu verhindern. Dieser würde durch den Zusammenbruch einer Bank in Europa ausgelöst werden können. Zwar weiß offiziell niemand, welche Bank am meisten bedroht ist. Fest steht jedoch, dass es den Banken immer schwerer fällt, sich mit Liquidität zu versorgen. Die Investoren geben den europäischen Banken kaum noch Geld, der Interbanken-Markt ist wieder zum Erliegen gekommen, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in ihrem aktuellen Bericht dokumentiert.

[caption id="attachment_558" align="alignleft" width="300" caption="Möglicherweise wird Ben Bernanke nicht umhin kommen, den Europäern wieder Dollars in unbegrenztem Ausmaß zur Verfügung zu stellen. (Foto: Princeton)"][/caption]

Daher könnten die Notenbanken in einer konzertierten Aktion zur Rettung schreiten. Diese soll sich, wie Beobachter mutmaßen, in einem neuen Dollar Swap ausdrücken. In einem solchen Prozess stellt die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) der Europäischen Zentralbank (EZB) Dollars in unbegrenztem Ausmaß zur Verfügung. Die EZB reicht diese dann in Form von Krediten an die notleidenden Banken weitere. Spekulationen über einen solchen Dollar Swap haben sich in den vergangenen Tagen verdichtet.

Die Zentralbanken haben diesen Rettungsring das letzte Mal im November 2011 ausgeworfen. In der allgemeinen Begeisterung über die von der EZB ausgegebenen LTROs ist die Wirkung der Dollar-Finanzspritze aus Amerika, England und Japan etwas untergegangen. Beobachter halten jedoch fest, dass genau diese Maßnahme im vergangenen Jahr maßgeblich dafür verantwortlich war, dass der Crash vermieden werden konnte. EZB Präsident Mario Draghi hatte eingeräumt, dass das Finanzsystem vor Weihachten tatsächlich am Rande des Kollaps gestanden habe.

Ein Dollar Swap würde den Banken helfen, sich wieder mit Liquidität zu versorgen – damit würde der System-Crash verhindert. Langfristig ist diese Maßnahme freilich nicht. Sie reicht vermutlich nicht einmal, um Obama einen ruhigen Herbst zu verschaffen. Die LTRO Mittel der EZB sind bereits aufgebraucht (mehr hier). Das ist nicht erfreulich, denn die großen Finanzierungs-Runden der europäischen Staaten stehen in diesem Jahr noch an. Wenn die Banken keine Liquidität haben, um Staatsanleihen zu kaufen, steigen die Zinssätze – und damit die Gefahr für einzelne Staaten, von den Kapitalmärkten ausgeschlossen zu werden. Aktuelles Beispiel für diese Entwicklung ist Spanien (hier).

Besonders bedenklich ist jedoch, dass die Super-Mega-Bazooka eines Dollar Swaps nun bereits im Halbjahres-Rhythmus ausgepackt werden muss. Eine nachhaltige Konsolidierung in der globalen Schuldenkrise sieht anders aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...