Deutschland

Schäuble zu Fiskalpakt: Auf unsere Zusagen kann sich jeder verlassen

Wolfgang Schäuble spielt bei konkreten Zusagen an die Opposition auf Zeit: Er bietet SPD und Grünen für deren Zustimmung zum Fiskalpakt an, auf seine bisherige Glaubwürdigkeit zu vertrauen. Heute Abend wird hektisch weiterverhandelt.
11.06.2012 18:01
Lesezeit: 2 min

Nachdem Kanzleramtsminister Roland Profalla und später auch Finanzminister Wolfgang Schäuble erklärten, dass die Finanztransaktionssteuer nicht mehr in dieser Legislaturperiode erreichbar sein werde, gab es am Montag heftige Kritik von Seiten der Opposition. Der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte, die SPD verlange einen Kabinettsbeschluss, „um nicht Tricksereien Vorschub zu leisten, wie das offensichtlich in der Koalition so vor sich geht“. Der Zickzack-Kurs der Regierung schade Deutschland und Europa. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin beschuldigte vor allem die FDP hinsichtlich des Rückruderns der Koalition. Das liege nicht an anderen, sondern das liege an der Zockerei des kleinsten Koalitionspartners.

Nun hat die Bundesregierung wieder eingelenkt, um eine Zustimmung der Opposition zum Fiskalpakt nicht doch noch scheitern zu sehen. Finanzminister Wolfgang Schäuble betonte am Montag, „die Opposition kann sich völlig auf die Zusagen der Koalition verlassen“. Dies erstaunt etwas, denn bisher hatte auch Schäuble selbst tunlichst jede konkrete Zusage vermieden. Und auch Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte, dass sich die Regierung dafür einsetzen wolle, die Steuer notfalls mit nur einigen Ländern der Eurozone einzuführen. Unionsfraktionschef Volker Kauder versicherte, ginge es nach ihm, werde die Steuer „so schnell wie möglich“ kommen. Genauso gut hätte Kauder ergänzen können, dass es leider nicht nach ihm gehen wird - weshalb seine Zusagen nur einen begrenzten Marktwert haben. Denn tatsächlich geht es bei der Finanztransaktionssteuer  es um ein hochkomplexes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem Offshore-Unternehmen und Hochgeschwinigkeits-Trader eine deutlich größere Rolle spielen als die berühmte schwäbische Hausfrau, wie die für die Volker Kauder so gerne spricht.

Konkrete Zusagen, wann die Finanzsteuer nun tatsächlich kommen soll, gab es von Seiten der Regierung allerdings nicht. Zumal es noch immer Bedenken in der FDP gibt. Für die FDP sei wichtig, dass die negativen Folgen vermieden würden, die mit einer solchen Steuer verbunden sein könnten, forderte Fraktionschef Rainer Brüderle. Es dürfe keine Verlagerung von Arbeitsplätzen etwa vom Börsenstandort Frankfurt nach London oder gar nach New York oder Shanghai geben. Dies ist jedoch eine Bedingung, die definitiv nicht von vorneherein umsetzbar ist. Am Montagabend wird sich Angela Merkel noch einmal mit den Spitzenvertretern der Parteien zu einem Gespräch treffen und versuchen, die Opposition weiter zu beschwichtigen, um den wichtigen Fiskalpakt ratifizieren zu können.

Am Donnerstag berät sich Angela Merkel zudem mit den Ministerpräsidenten der Länder. Die Länder wollen, dass der Bund die Verantwortung für zusätzliche Risiken und Kosten übernimmt, die bei den Kommunen und Länder aufgrund des Fiskalpaktes entstehen könnten. So wollen etliche SPD regierte Länder beispielsweise, dass der Bund eventuelle Strafzahlungen an die EU übernimmt. Auch hier versucht die Bundesregierung im Vorfeld, keinen allzu großen Missmut bei den Ländern aufkommen zu lassen. Es könne über die Finanzbeziehungen mit dem Bund gesprochen werden, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Konkrete Vereinbarungen werde es aber bis zur Abstimmung über den Fiskalpakt nicht geben.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...