Der Bund will den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat auch zum Schutz von Insekten bis 2023 komplett verbieten. Ende 2023 werde der Einsatz glyphosathaltiger Mittel verbindlich beendet, heißt es im "Aktionsprogramm Insektenschutz", den das Bundeskabinett am Mittwoch beschloss. "Das Insektensterben ist dramatisch", betonte Umweltministerin Svenja Schulze. Bestäuber für Obst und Gemüse fehlten. "Es muss mehr Summen und Brummen." Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sagte: "Die Biene ist systemrelevant." Daher soll auch der Einsatz von Insektiziden, die die Artenvielfalt beeinträchtigen, in Naturschutzgebieten oder Nationalparks komplett untersagt werden. Die Zulassungsvoraussetzungen neuer Pflanzenschutzmittel werden zudem verschärft. Ein Gesetzespaket soll die Vorhaben bis Jahresende umsetzen.
Der Einsatz gerade von Glyphosat ist in den vergangenen Jahren zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsressort umstritten gewesen. Auch international machte das Mittel Schlagzeilen. Glyphosat zählt zu den weltweit am meisten eingesetzten Unkrautvernichtern und wurde vom Monsanto-Konzern entwickelt, den der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer für rund 63 Milliarden Dollar gekauft hat. Das Herbizid steht im Verdacht, krebserregend zu sein, weshalb sich Bayer in den USA milliardenschwerer Klagen erwehren muss. "Wir sehen die Entscheidung der Bundesregierung kritisch, bis Ende 2023 aus Glyphosat auszusteigen", sagte ein Sprecher des Konzerns. Der Beschluss ignoriere das seit Jahrzehnten bestehende wissenschaftliche Urteil unabhängiger Zulassungsbehörden auf der ganzen Welt, dass Glyphosat bei ordnungsgemäßer Anwendung sicher sei.
Das Umweltministerium wollte eigentlich früher einen Verzicht auf das Mittel. Aufgrund des EU-Rechtes könne es aber vorher nicht verboten werden, sagte Schulze.
Auch für die Natur sind die Konsequenzen verheerend: Breitbandherbizide wie Glyphosat töten Pflanzen vollständig ab, darunter viele, auf die Insektenarten als Nahrung angewiesen sind. Das "Aktionsprogramm Insektenschutz" nennt deshalb weitere Maßnahmen: So sollen Landwirte auch verpflichtet werden, Rückzugsflächen am Rande von Feldern oder auf diesen selbst für Insekten zu schaffen. Der Bund wird daneben zusätzliche Flächen als Biotope ausweisen. Unter anderem will die Bundesregierung für die Forschung 100 Millionen Euro jährlich zur Verfügung stellen. Vereinbart wurde zudem, dass die EU-Flächenförderung für Landwirte in Deutschland weiter umgestellt wird. Sechs Prozent statt wie bisher 4,5 Prozent der Mittel können 2020 etwa für besonders umweltfreundliche Landwirtschaft verwendet werden.
Der Umweltverband BUND kritisierte das Paket insgesamt als "unkonkret, unambitioniert und unzureichend". Damit sei keine Trendumkehr beim Insektenschutz zu erreichen.