Finanzen

Renteneintrittsalter: Marke von 70 Jahren wird in die Debatte eingeführt

Lesezeit: 2 min
21.10.2019 16:35  Aktualisiert: 21.10.2019 16:39
Die Bundesbank hat vor dem Hintergrund der demografischen Schieflage in Deutschland eigene Berechnungen zur Umgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung vorgestellt. Demnach wird erstmals ein Renteneintrittsalter von rund 70 Jahren gefordert.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Bundesbank mischt sich vor dem Hintergrund der demografischen Schieflage in die Diskussion um eine Reform der Rentenversicherung ein und schlägt eine Anhebung des Rentenalters auf mehr als 69 Jahre vor. So soll verhindert werden, dass das Rentenniveau künftig zu tief absinkt. In ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht empfiehlt die Bundesbank, bis 2070 das Renteneintrittsalter mit der steigenden Lebenserwartung schrittweise zu erhöhen. "Die zunehmende Lebenszeit wäre dann mit einer längeren Erwerbsphase verbunden, aber auch die Zeit des Rentenbezugs würde wachsen." Nach dem Bundesbank-Vorschlag würden im Jahre 2001 Geborene dann 2070 erst mit 69 Jahren und vier Monaten in Rente gehen.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) begrüßte die Vorschläge. "Die Bundesbank mahnt zur rentenpolitischen Vernunft zum richtigen Zeitpunkt", schrieb IW-Wissenschaftsleiter Hans-Peter Klös auf Twitter. Die Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung sei ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung. Es müssten aber noch weitere Schritte folgen.

Kritik kam aus der Bundestagsfraktion der Linken. "Warum nicht gleich 80 Jahre? Der Vorschlag der Bundesbank hat mit der Lebensrealität der Menschen wenig zu tun," sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch. Vielmehr müssten die Einnahmen der Rentenkasse erhöht werden. "Dafür braucht es eine Rentenkasse, in die alle einzahlen, und Löhne, die für eine gute Rente taugen."

Derzeit ist geplant, dass das gesetzliche Rentenalter bis 2031 auf 67 Jahre steigt. Die offiziellen Vorausberechnungen für die Rente enden im Jahre 2032. Doch die Lebenserwartung ist zuletzt immer höher gestiegen und wird Schätzungen zufolge künftig weiter zunehmen. Dazu verabschiedet sich ab Mitte der 2020er Jahre die Baby-Boomer-Generation in die Rente. Das setzt nach Berechnungen der Bundesbank die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) unter Druck. Die Währungshüter sehen deshalb Reformbedarf: "Andernfalls steigen die Ausgaben auf Dauer deutlich stärker als die Einnahmen", warnen sie.

Der Vorschlag der Bundesbank sieht vor, dass das gesetzliche Rentenalter ab 2032 um durchschnittlich einen dreiviertel Monat pro Jahr steigt. Versicherte würden künftig dann zwar länger arbeiten müssen und somit mehr in die Rentenversicherung einzahlen. Sie würden aber auch länger Rente beziehen. "Sie würden hinsichtlich der Relation von Renten- zu Beitragsphase also nicht schlechter gestellt", unterstreicht die Bundesbank. Das Verhältnis von Rentenjahren zu Beitragsjahren könnte so stabilisiert werden. "Insgesamt ließe sich der demographische Wandel leichter bewältigen."

Die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters würde der Notenbank zufolge auch dazu beitragen, dass das Rentenniveau langfristig nicht zu stark absinkt. Dieses beschreibt, wie viel eine Standardrente wert ist im Vergleich zu einem Durchschnittseinkommen. Derzeit liegt das Rentenniveau bei rund 48 Prozent. Mit der Erhöhung des Rentenalters würde es bis 2070 laut Bundesbank-Berechnungen auf rund 43 Prozent sinken und sich bei 44 Prozent stabilisieren. Zum Vergleich: Ohne diese Änderungen würde das Rentenniveau bis 2070 auf rund 40 Prozent schrumpfen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...