Deutschland hat derzeit massive Probleme, die Klimaziele zu erreichen. Die Erzeugung von Energie aus der umweltfreundlichen Windenergie befindet sich derzeit in der Krise, weil hohe Umweltauflagen und Klagen von Anwohnern die Windpark-Entwickler lahmlegen.
Jetzt befindet sich auf einmal wieder eine andere Energiequelle in der Diskussion, die in der jüngsten Vergangenheit etwas in Vergessenheit geraten war: Es geht um Seen als Wärmespeicher, die Experten zufolge in ihren Tiefen über ein großes Energiepotenzial verfügen.
Deswegen setzen sich nun der Bundesverband Geothermie und noch drei weitere Energieverbände für eine stärkere Nutzung von Tiefengeothermie ein und fordern von der Bundesregierung einen „Masterplan Geothermie“ – also ein klares strategisches Konzept, wie man diese Energieerzeugung entwickeln kann.
„Zur Erreichung der Klimaziele müssen wir an die Wärme ran, die sowieso schon da ist“, plädierte Erwin Knapek, Präsident des BVG. „Denn es ist nicht sinnvoll, etwas Fossiles zu verbrennen, wenn ich heißes Wasser unter meinen Füßen habe“, so der Präsident. „Die Niederlande haben ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht, das den Vorgang beschleunigen soll, in Deutschland haben wir eher ein Erdgasimportbeschleunigungsgesetz", so Knapek. Es sei „ein Ärgernis“, dass Erdgas immer noch in diesem Maße Unterstützung findet, die Erzeugung durch Geothermie hingegen kaum.
Deutschland nutzt nur ein Prozent des Potenzials
Hintergrund: Das Potenzial für diese Form der Energieerzeugung ist zwar hoch, wird aber bisher nur sehr wenig genutzt. Wissenschaftler beziffern das technische Volumen für Tiefengeothermie in Deutschland auf rund 100 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Derzeit gibt es aber nur 37 Geothermie-Anlagen, die pro Jahr 1,2 Millionen Kilowattstunden Wärme erzeugen. Das bedeutet, das nur etwas mehr als ein Prozent des Potenzials nur genutzt wird.
Ein besonders interessantes Gewässer, das Deutschland geothermisch nutzen könnte, ist der Bodensee. Die Idee für ein solches Projekt macht schon seit Jahren in den deutschen Zeitungen die Runde und kommt jetzt wieder hoch. So berichtet die Lokalzeitung „Südkurier“, dass der See die Hälfte des Energiebedarfs der elf Millionen Einwohner von Baden-Württemberg decken könnte. Technisch würde das Ganze folgendermaßen: Mit besonderen Pumpen holt man aus 20 bis 40 Meter Tiefe des Sees Wärme, die der Bodensee dort gespeichert hat.
Ökologische Risiko der Technologie lässt sich grundsätzlich kalkulieren
Die Temperaturen liegen hier immer zwischen vier und zehn Grad – unabhängig von der Jahreszeit. Sie sind keinen größeren Schwankungen unterworfen. Im Sommer lässt sich die Energie zum Kühlen nutzen und im Winter bei sehr tiefen Temperaturen zum Heizen. Grundsätzlich ist die Technologie zwar sehr umweltschonend, doch wird damit das Ökosystem des Gewässers belastet. Denn im Winter kühlt sich der See durch den Wärmeentzug noch weiter ab. Und im Sommer heizt er sich immer weiter auf.
Immerhin ist das ökologische Risiko kalkulierbar: Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine Abkühlung um 0,5 Grad Celsius und eine Erwärmung um 0,2 Grad Celsius keinen nachhaltigen Schaden für das Ökosystem anrichtet. So könnte diese Form der Energiegewinnung durchaus einen wichtigen Beitrag leisten, damit Deutschland doch die Klimaziele noch erreicht. So stellte auch Knapek, Präsident des BVG, richtig fest: „Wir haben noch viel Spielraum nach oben.“