Politik

Frankreich erlebt die längste Protestwelle seit 1968

Frankreich erlebt die längste Protestwelle seit Jahrzehnten. Hauptgrund für die teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen und Streiks ist die geplante Rentenreform der Regierung.
02.01.2020 11:56
Aktualisiert: 02.01.2020 11:56
Lesezeit: 1 min

In Frankreich halten die Proteste gegen die Rentenreform an. Gegner blockierten am Donnerstag ein Busdepot in Paris. Wie auf Aufnahmen eines Fernsehreporters, die auf Twitter veröffentlicht wurden, zu sehen war, setzte die Polizei Tränengas ein. Die Protestwelle dauert inzwischen 29 Tage und ist damit die längste seit 1968. Eine Annäherung zwischen den Gewerkschaften und der Regierung zeichnet sich nicht ab. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte bei seiner traditionellen Neujahrsansprache, er hoffe auf einen schnellen Kompromiss mit den Arbeitnehmervertretern. Ein Abweichen von den Grundzügen der Reform schloss er aber zugleich aus.

Macron will Frankreichs veraltetes Rentensystem vereinfachen, das mehr als 40 verschiedene Pensionskassen umfasst. Macron hält das System für unfair und zu teuer. Er will auf Rentenpunkte umstellen, die für alle Franzosen gleichermaßen gelten sollen und das Renteneintrittsalter von derzeit 62 auf 64 Jahre anheben.

Insbesondere die Mitarbeiter des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs hatten ihren Dauerstreik gegen die geplante Rentenreform am Donnerstag fortgesetzt. Der Ausstand bei der Staatsbahn SNCF sei mit 29 Tagen nun länger als der große Streik, der im Winter zwischen 1986 und 1987 den Zugverkehr lahmgelegt hatte, berichteten Medien, während sich in Paris erneut Demonstranten versammelten. Auf der Avenue de l'Opéra im zweiten Arrondissement schwenkten sie Fahnen der Gewerkschaft CGT. Die Polizei richtete Straßensperren ein.

Unweit der Zentrale der Partei von Staatschef Emmanuel Macron, La République en Marche (LREM), schossen Polizisten Tränengas, um Demonstranten auseinander zu treiben. Dutzende Menschen mussten in den engen Gassen vor dicken Tränengaswolken fliehen. Der LREM-Vorsitzende Stanislas Guerini erklärte auf Twitter, dass es sich um ein «versuchtes Eindringen radikalisierter Demonstranten» in die Parteibüros gehandelt habe. Die Polizei bestätigte den Vorgang zunächst nicht.

Der Metro-Verkehr in Paris und der landesweite Zugverkehr waren erneut stark eingeschränkt. Den bisher längsten Streik bei der Staatsbahn habe es vom 18. Dezember 1986 bis zum 14. Januar 1987 gegeben, berichtete der Nachrichtensender BFMTV. Auch zwischen November und Dezember 1995 hatten französische Gewerkschaften den öffentlichen Verkehr für 22 Tage lahmgelegt. Der damalige Premierminister Alain Juppé hatte versucht, das Renten- und Sozialversicherungssystem zu reformieren. Die Regierung machte schließlich einen Rückzieher.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik COP30 in Brasilien: So sollen Milliarden die grüne Transformation und das Klima sichern
12.11.2025

Auf dem Klimagipfel COP30 in Belém stehen nicht nur ökologische Ziele im Mittelpunkt, sondern vor allem die Finanzierung der globalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation: Keine Entlastung für Verbraucher in Sicht
12.11.2025

Die Inflation in Deutschland verliert an Tempo – doch im Alltag spüren viele davon wenig. Zwar sind Energie und manche Lebensmittel...

DWN
Finanzen
Finanzen Infineon-Aktie: Warum der KI-Hype die Probleme nicht verdeckt
12.11.2025

Infineon-Aktie: Der Halbleiterkonzern Infineon enttäuscht mit seinem Ausblick – trotz florierender KI-Sparte. Während die Nachfrage aus...

DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst: Drei Punkte beim geplanten Militärdienst noch ungelöst
12.11.2025

Die Debatte um den neuen Wehrdienst spitzt sich zu: Ungeklärte Fragen, politische Differenzen und ein wachsender Druck auf die...

DWN
Technologie
Technologie Krieg im All: Deutschland und Großbritannien warnen vor russischen Satelliten
12.11.2025

Deutschland und Großbritannien schlagen Alarm: Russische und chinesische Satelliten bedrohen zunehmend die westliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft COP30: Klimarisiko für Unternehmen und Entwicklungsstaaten steigt
12.11.2025

Entwicklungsstaaten erleiden die schwersten Schäden durch Hitzewellen, Stürme und Überschwemmungen. Doch auch Unternehmen spüren die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflationsrate: Verbraucherpreise sinken leicht auf 2,3 Prozent
12.11.2025

Die Inflationsrate in Deutschland sinkt leicht – doch Entwarnung gibt es nicht. Trotz rückläufiger Verbraucherpreise bleibt die...

DWN
Politik
Politik Reiche drängt China zu Lockerung der Exportregeln für seltene Erden
12.11.2025

Seltene Erden sind für Hightech, Auto- und Energiewende unverzichtbar. Doch Chinas Exportpolitik bedroht Europas Versorgungssicherheit....