Der Hedgefonds Bridgewater Associates wettet Milliarden Dollar auf weiter sinkende Aktienkurse bedeutender europäischer Unternehmen. Wie Bloomberg berichtet, soll sich der Umfang der Short-Wetten auf etwa 14 Milliarden Dollar belaufen, wie aus veröffentlichten Daten für den Zeitraum zwischen dem 9. März und dem 12. März hervorgeht.
Bei Short-Wetten beziehungsweise Leerverkäufen leihen sich Spekulanten Aktien unter der Bedingung, diese zu einem vorbestimmten Zeitraum an den Broker wieder zu verkaufen. Die erhaltenen Aktien werden sodann sofort verkauft und der Gewinn eingestrichen. Nun hofft der Hedgefonds, dass die Aktienkurse bis zum Rückgabetermin sinken werden, um diese kurz vor der Rückgabe günstiger einzukaufen. Die Differenz zwischen dem höheren Verkaufspreis und dem niedrigeren Kaufpreis kurz vor Rückgabe stellt den möglichen Gewinn eines Leerverkaufgeschäfts dar.
Im Visier von Bridgewater stehen dabei insbesondere französische, deutsche und niederländische Unternehmen – britische Konzerne sind bemerkenswerterweise nicht darunter, obwohl die Fundamentaldaten für die britische Volkswirtschaft angesichts des Brexits und der Corona-Krise schlecht ausfallen.
Gegen französische Unternehmen setzte Bridgewater insgesamt 5,24 Milliarden Dollar, gegen deutsche etwa 4,88 Milliarden, gegen niederländische rund 1,72 Milliarden und gegen spanische Konzerne etwa 1,11 Milliarden Dollar. Gegen italienische, irische und finnische Unternehmen wurden jeweils Wetten in dreistelliger Millionenhöhe gesetzt. An der Spitze der Leerverkäufe gegen deutsche Unternehmen standen der Technologiekonzern SAP mit rund einer Milliarde Dollar Wetteinsatz und der Halbleiterkonzern ASML mit rund 715 Millionen Dollar Wetteinsatz.
Wie aus aktuellen Daten des Bundesanzeigers vom 18. März hervorgeht, wettet Bridgewater zudem derzeit gegen Daimler, die Deutsche Post, Siemens, Adidas, Fresenius, die Deutsche Börse, Allianz, Münchner Rück, Bayer, BASF, SAP und die Deutsche Telekom – also breit gestreut gegen Unternehmen aus verschiedenen deutschen Branchen.
Bereits im Jahr 2018 war Bridgewater mit einer Milliardenwette gegen europäische und insbesondere auch deutsche Aktien in die Schlagzeilen geraten. Damals ging es vor allem gegen Siemens, die Allianz und BASF. Bemerkenswert ist der Umstand, dass Bridgewater seine Wetten damals mit dem gestiegenen Risiko einer Rezession im Jahr 2020 begründete, wobei auch die anstehende US-Präsidentschaftswahl im Herbst erwähnt wurde. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten berichteten damals:
Dalio (der Gründer von Bridgewater - die Red.) ist der Meinung, dass das Risiko einer Rezession in den nächsten 18 bis 24 Monaten deutlich steigen wird. „Wir befinden uns derzeit an der Stelle des Aktienmarkt-Zyklus, an der es schwierig ist, die richtigen geldpolitischen Entscheidungen zu treffen. Daher konzentriere sich Bridgewater auf einen langen Zeitraum, besonders im Hinblick auf die 2020 anstehenden Wahlen in den USA. Nach Dalios Meinung seien vor allem zwei Probleme eklatant: Zum einen sei dies die immer größer werdende Einkommensschere, die soziale und politische Risiken berge, und zum anderen verfügten die Zentralbanken über immer geringere Spielräume, wenn es darum gehe, die Auswirkungen einer nachlassenden Konjunktur abzufedern. Schließlich seien die Zinsen bereits sehr niedrig und die expansive Geldpolitik des so genannten Quantitative Easing (QE) habe sich als wenig wirksam erwiesen.
Am Montag schrieb Ray Dalio, dass die massive Leitzinssenkung der US-Zentralbank Federal Reserve auf null Prozent die Finanzmärkte in eine noch prekärere Lage versetzen würde: „Dass die langfristigen Zinsen auf den harten Null-Prozent-Boden aufschlagen bedeutet, dass die Bewertungen praktisch aller Anlageklassen sinken werden, weil es keinen positiven Effekt sinkender Leitzinsen mehr geben wird (zumindest nicht so sehr). Die Herabsetzung auf null bedeutet auch, dass praktisch auch alle Werkzeuge anderer bedeutender Zentralbanken wie Leitzinssenkungen und geldpolitische Ausblicke nicht mehr funktionieren werden.“
Neben Bridgewater sind noch zahlreiche andere Hedgefonds am deutschen Aktienmarkt mit Short-Wetten aktiv. Zu den besonders betroffenen Unternehmen von Spekulanten wie Citadel Europe und Marshall Wace gehören dem Magazin Finance zufolge die Lufthansa – von der mehr als 10 Prozent des ausstehenden Aktienkapitals mit Short-Positionen belegt sein sollen - sowie Corestate Capital, Aixtron, K+S und Heidelberger Druckmaschinen.
Finance schreibt weiter:
Den größten Profit haben Shortseller zuletzt aber mit Wetten gegen Unternehmen gemacht, die auch vor der Corona-Krise bereits Probleme hatten und folglich schon länger im Visier der Leerverkäufer waren. Das sind vor allem Aixtron, Bilfinger, Leoni und K+S. (…) CPMG wettet beispielsweise aktuell auf 4,83 Prozent des ausstehenden Aktienkapitals von Aixtron und ist mit dieser Position der Leerverkäufer-Datenbank zufolge mit 14,3 Millionen Euro im Plus. Blackrock hat Bilfinger mit gut 5 Prozent geshorted und würde bei Glattstellung derzeit 12,4 Millionen Euro kassieren. Bei K+S ist Blackrock derzeit mit knapp 20 Millionen Euro im Plus, was einer Short-Position von 1,64 Prozent entspricht. Bei dem kriselnden Autozulieferer Leoni, der sich gerade erst frisches Geld von seinen Banken besorgen konnte, hat ENA Investment Capital derzeit mit 2,68 Prozent die größte offene Leerverkaufsposition und ist damit mit 6,5 Millionen Euro in der Gewinnzone.