Deutschland

Deutsche Baufirmen kommen bisher gut durch die Krise

Zwar hat sich der Boom der Baubranche in der Corona-Krise bisher nur etwas verlangsamt. Doch der Ausblick ist schlecht.
19.05.2020 16:58
Aktualisiert: 19.05.2020 16:58
Lesezeit: 2 min
Deutsche Baufirmen kommen bisher gut durch die Krise
Tunnelbauer stehen auf einer Baustelle des Bahnprojektes Stuttgart 21. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Gollnow

Während viele Industrieunternehmen in Deutschland stark unter den Folgen des Corona-Virus leiden, kommen Baubetriebe noch glimpflich durch die Krise. "Unsere Firma und die Bauwirtschaft allgemein stehen weitaus besser da als viele, viele andere Branchen", sagt Klaus-Dieter Müller, Geschäftsführer bei K. Rogge Spezialbau aus Berlin. Noch keine Stornierung in der Pandemie-Zeit, noch keine stillgelegte Baustelle, noch keinen Corona-Fall unter den rund 170 Beschäftigten. "Wir können uns wirklich nicht beschweren."

Der jahrelange Boom in der Baubranche setzt sich derzeit weitgehend fort, wenn auch verlangsamt. Der Sektor kommt für rund ein Zehntel der Wirtschaftskraft in Deutschland auf, allein im Bauhauptgewerbe gibt es gut 870.000 Beschäftigte.

Seit der Finanzkrise hat die Branche vom Immobilienboom profitiert. Wegen der niedrigen Zinsen stecken Anleger verstärkt Geld in Bauprojekte und private Häuslebauer verwirklichen sich den Traum von den eigenen vier Wänden. Wachstumstreiber ist vor allem der Wohnungsbau. 2018 wurden mit rund 286.000 so viele Einheiten fertiggestellt wie seit 2002 nicht mehr. Aber auch der Wirtschaftsbau hat von der lange Jahre gut laufenden Konjunktur profitiert: Unternehmen investierten in neue Fabriken.

Doch wichtige Kunden bekommen die Virus-Pandemie derzeit mit voller Wucht zu spüren: Einzelhandel, Tourismus und Dienstleister - "alles Bereiche, die den Wirtschaftsbau im vergangenen Jahr getragen haben", betont der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Deshalb kappt der mittelständische Verband nun seine Prognose für das Geschäftsjahr 2020. Man könne sich glücklich schätzen, wenn es für die Branche über alle Sparten hinweg letztlich noch für eine Stagnation reiche.

"DER AUSBLICK AUF DIE NÄCHSTEN MONATE IST WENIGER POSITIV"

Dass die Baufirmen dennoch besser durch die Krise kommen als andere Wirtschaftszweige, zeigt sich auch in puncto Kurzarbeit. Auf dieses wichtige Instrument zum Verhindern von Entlassungen griffen nach einer jüngsten Umfrage des Münchner Ifo-Instituts nur 37 Prozent der Baufirmen zurück. In der Autobranche hingegen nutzen 94 Prozent der Betriebe Kurzarbeit.

"Der Bausektor wirkt jetzt stabilisierend für die Gesamtwirtschaft, wie bereits 2019", sagt Immobilienexperte Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Für die gesamte Wirtschaft wird die stärkste Rezession seit der Nachkriegszeit erwartet. Am Bau dürfte es aber eher nicht zu Entlassungen kommen, sagt der IW-Fachmann. "Die Beschäftigung ist nach wie vor hoch."

Die Branche befürchtet allerdings wegen der Corona-Krise weniger Investitionen der öffentlichen Hand. Denn diese muss mit weniger Einnahmen auskommen als bisher geplant und könnte Ausschreibungen für Infrastrukturprojekte wieder in der Schublade verschwinden lassen.

"Ab Mitte des Jahres dürfte weniger auf den Markt kommen", sagt Tim Lorenz, Chef von Eurovia Deutschland. Das Unternehmen hat etwa fünf Prozent seiner rund 4000 Beschäftigten in Kurzarbeit geschickt. Man habe die Monate März und April gut überstanden und vom Auftragspolster gezehrt. "Der Ausblick auf die nächsten Monate ist weniger positiv", sagt Lorenz. Sollte es keinen Schutzschirm für die Kommunen geben, werde sich dies auch auf den Bausektor negativ niederschlagen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Tesla: Wie Elon Musk seine eigene Konkurrenz großzog
19.07.2025

Elon Musk wurde in China gefeiert, hofiert und mit Privilegien überschüttet – doch während Tesla half, Chinas E-Auto-Industrie...

DWN
Technologie
Technologie Lokale Rechenzentren: Auslaufmodell oder Bollwerk digitaler Souveränität?
19.07.2025

Cloud oder eigenes Rechenzentrum? Unternehmen stehen vor einem strategischen Wendepunkt. Lokale Infrastruktur ist teuer – aber oft die...

DWN
Panorama
Panorama Rentenvergleich: So groß ist der Unterschied zwischen Ost und West
19.07.2025

Im Osten der Republik erhalten Frauen im Schnitt deutlich mehr Rente als im Westen. Jahrzehntelange Unterschiede in der Erwerbsbiografie...

DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...