Panorama

"Friedliche Koexistenz": Wie Mensch und Corona-Virus voneinander profitieren

Lesezeit: 3 min
27.05.2020 07:00
Zurück zur Natur: Das ist die Antwort von Wolf-Dieter Storl auf die Corona-Krise. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben den Botaniker, Anthropologen, vielfachen Buchautor und originellen Denker interviewt.
"Friedliche Koexistenz": Wie Mensch und Corona-Virus voneinander profitieren
Ein Waldspaziergang stärkt das Herz-Kreislaufsystem und senkt den Blutdruck sowie die Stress-Hormone Cortisol und Adrenalin. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Corona-Krise hat Deutschland – und einen Großteil der Welt – fest im Griff. Dabei ist noch unklar, ob die aktuelle Pandemie gefährlicher ist als eine durchschnittliche Grippewelle. Der ängstliche, teilweise panische Umgang mit dem Virus deutet allerdings auf eine Entfremdung der Menschen von der Natur hin, meint der Kulturanthropole, Ethnobotaniker und Autor zahlreicher Bücher Wolf-Dieter Storl im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Wie beurteilen Sie die aktuelle Corona- Krise?

Wolf-Dieter Storl: Wir Menschen neigen dazu, die Welt in Gut und Böse aufzuteilen. Wir befinden uns immer im Krieg. Und jetzt haben wir es mit einem vermeintlich besonders heimtückischen Feind zu tun. Eine unsichtbare Gefahr scheint neuerdings auf jeder Türklinke zu lauern und raubt uns den Verstand. Ein wenig mehr Gelassenheit wäre angebracht.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Sie wollen doch nicht sagen, das neuartige Corona-Virus sei harmlos?

Wolf-Dieter Storl: Es ist noch unklar, wie gefährlich das Virus wirklich ist, doch vieles deutet darauf hin, dass die Krankheit, wenn sie denn überhaupt ausbricht, von der Schwere in etwa einer normalen Grippe entspricht. Das kann unangenehm sein, doch die Maßnahmen, die gegen das Virus ergriffen werden, haben selbst etwas Lebensfeindliches. Denken Sie an die Desinfektionsmittel, die in China verspritzt werden, und ganze Straßenzüge mit einem Nebel aus Chemikalien überziehen. Dem dürfte auch so manches andere, durchaus nützliche Kleinstlebewesen zum Opfer fallen. Dabei sind Viren per se ein integraler Bestandteil des Lebens und haben die Evolution entscheidend vorangetrieben. Sie finden sich in jedem Tier und in jeder Pflanze. Mindestens 20 Prozent unseres menschlichen Erbguts ist viralen Ursprungs. Das heißt, dass in der Regel eine friedliche Koexistenz zwischen den Viren und den höher entwickelten Lebensformen besteht, von der beide Seiten profitieren. Nur in Ausnahmefällen rufen Viren Krankheitssymptome hervor, meist bei Lebewesen mit einem geschwächten Immunsystem.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was schlagen Sie also vor?

Wolf-Dieter Storl: Unsere Gesundheit hängt von vielen Faktoren ab. Wir sollten unseren Blick weiten und uns nicht einseitig auf die Bekämpfung eines Virus konzentrieren, das – wie die meisten RNA-Viren – aller Wahrscheinlichkeit nach stark mutieren und sich daher mit Medikamenten oder Impfungen kaum kontrollieren lassen wird. Bei der Fokussierung auf einen Impfstoff geht es dann wohl auch mehr um die Geschäftsinteressen

der Pharmaindustrie. Wenn Bill Gates in einem Beitrag in den "Tagesthemen" verkünden kann, dass "wir" – also er im Verbund mit weiteren Akteuren - sieben Milliarden Menschen impfen wird, spricht das eine deutliche Sprache. Dabei sind die genetischen Impfstoffe, die hier angewendet werden sollen, noch nicht erprobt. Es ist unklar, ob ihre Verabreichung nicht zu Langzeit-Komplikationen wie Autoimmun- oder Krebserkrankungen führen kann. Ihr gesundheitlicher Schaden könnte ihren Nutzen bei Weitem übersteigen. Nicht umsonst vertreten Herr Gates und auch der Lieblings-Virologe der deutschen Bundesregierung, Professor Christian Drosten, die Ansicht, dass bei Impfschäden die Allgemeinheit, aber die nicht die Pharma-Industrie, geradestehen sollte.

Dabei liegt es auf der Hand, dass Gesundheit von vielen Faktoren beeinflusst wird und dass der Stärkung des Immunsystems eine herausragende Bedeutung zukommt. Nicht weiter überraschend sind eine gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und viel Bewegung an der frischen Luft gut für unser Immunsystem, während sich die von der Politik und vielen Medien geschürte Panik negativ aufs Immunsystem auswirkt. Ich möchte Ihnen hier ausdrücklich auch Waldspaziergänge – es gibt inzwischen auch den Begriff des "Waldbadens" – ans Herz legen. In einer Waldatmosphäre werden die Stresshormone Cortisol und Adrenalin nachhaltig gesenkt. Ebenso der Blutdruck. Das Herz-Kreislaufsystem wird gestärkt. Zudem führt ein Waldspaziergang zu einer Zunahme der Anti-Krebs-Proteine im Blut um 50 Prozent. Welche Medikamente schaffen all das? Von dem positiven Einfluss des Waldes auf das allgemeine psychische Wohlbefinden ganz zu schweigen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Zurück zur Natur und alles wird gut?

Wolf-Dieter Storl: Zumindest dürfte dann vieles besser werden. Im Grunde haben wir uns doch von der Natur entfremdet – und das, obwohl wir ein Teil von ihr sind. Möglicherweise führt ja auch das zu dieser Todesangst. Oder soll ich besser sagen: Lebensangst? Bei den Naturvölkern ist der Tod Bestandteil des Lebens. Er markiert das Ende einer Reise im Diesseits und markiert den Übergang in eine andere Welt. Wir aber versuchen, den Tod aus unserem Leben zu verbannen. Doch je mehr wie ihn ignorieren, desto mehr macht er uns Angst. Dabei ist das Leben ein Kreislauf, ein "Stirb und werde!", um es mit Goethe zu sagen, und wir sind auf dieser Erde, um unseren Weg zu gehen und die Erfahrungen zu machen, die das Leben für uns bereithält. Das muss nicht immer spektakulär sein. Der Anblick einer Schwebefliege, die sich auf eine Blume setzt, kann uns gelegentlich mehr über das Leben verraten als die Lektüre von tausend Büchern.

Zur Person: Dr. phil. Wolf-Dieter Storl ist Kulturanthropologe und Ethnobotaniker. Er ist Autor zahlreicher Bücher, unter anderem "Wir sind Geschöpfe des Waldes" sowie "Die Seele der Pflanzen".


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...