Politik

Corona stürzt Selbstständige in die Existenz-Krise

In Deutschland und Europa müssen viele Menschen wegen der Corona-Krise den Gürtel enger schnallen. Bestimmten Gruppen droht der Abstieg in die Armut - unter anderem Selbstständigen.
27.05.2020 15:49
Aktualisiert: 27.05.2020 15:49
Lesezeit: 1 min
Corona stürzt Selbstständige in die Existenz-Krise
21.03.2020, Hamburg: Bei strahlendem Sonnenschein sind in der Fußgängerzone nur vereinzelt Menschen unterwegs und ein herrenloser Einkaufswagen steht auf dem Pflaster. (Foto: dpa) Foto: Markus Scholz

Die französische Zeitung Le Parisien hat einen erschütternden Artikel über die sozialen Folgen, die die Corona-Krise in Europa ausgelöst hat, veröffentlicht. „Es sind die kleinen Nichtigkeiten des Alltags, aber man muss sie identifizieren können, um sich darüber zu entrüsten, denn sie sagen mehr als Statistiken und Zahlen aus, die zu kalt und unpersönlich sind. Diese kleinen, [aber dennoch] sichtbaren Dinge (...) sind Einkaufswagen, die etwas leerer sind als normalerweise, bescheidenere Mahlzeiten, weniger frische Produkte, kaum noch Fleisch. Und dann sind da seit einigen Tagen die sehr viel längeren Warteschlangen vor den Tafeln. (...) Handwerker, Studenten, alleinerziehende Mütter (und) Selbstständige, die sich dagegen wehren, nicht zu schnell von der Prekarität in die Armut abzurutschen. Sie alle wissen, dass die Krise nicht erst in den nächsten Wochen kommen wird, sondern bereits seit mehreren Tagen über sie hereingebrochen ist“, so das Blatt.

In Deutschland ist die Lage offenbar kritischer als bisher gedacht. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, nannte es einen Skandal, dass die Bundesregierung einer Ausbreitung und Verfestigung von Armut nicht gegensteuere. „Besonders dramatisch ist die Situation derzeit in der Corona-Krise.“ Schon bisher sei mit den Hartz-IV-Regelsätzen kaum ein Leben möglich gewesen. „Nun sind viele preisgünstige Produkte oft vergriffen oder teurer geworden.“ Angeschafft werden müssten etwa auch Masken. Zur Abfederung fordere die Linke einen Pandemie-Zuschlag von 200 Euro pro Person. Grundsätzlich müsse Hartz IV durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden, die wirklich vor Armut schütze.

Arbeitslose sind besonders stark von Armut bedroht - es gibt aber weiter große regionale Unterschiede. In den westlichen Bundesländern galten 53,7 Prozent der Erwerbslosen nach jüngsten Daten für 2018 als armutsgefährdet - in den östlichen Ländern mit Berlin waren es dagegen 67,1 Prozent. Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Frage der Linke-Fraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens hat. Für 2018 lag diese Schwelle für ganz Deutschland bei 1035 Euro im Monat für einen Einpersonenhaushalt.

Im Vergleich der Länder am höchsten war die Armutsrisikoquote unter Erwerbslosen 2018 in Sachsen-Anhalt mit 74,9 Prozent - am niedrigsten in Bayern mit 44,3 Prozent. Bundesweit galten nach Daten des Mikrozensus 57,4 Prozent aller Arbeitslosen als armutsgefährdet, nachdem es 2005 noch 49,6 Prozent gewesen waren. Zwischenzeitlich betrug der Anteil schon 59 Prozent. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung lag die Quote armutsgefährdeter Menschen 2018 bei 15,5 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell leichter: Kurspotenzial weiter hoch – jetzt Rücksetzer nutzen und Silber kaufen?
04.12.2025

Der Silberpreis hat am Mittwoch ein Rekordhoch erreicht. Doch der starke Anstieg des Silberpreises in den vergangenen Monaten stellt die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Porsche-Aktie: 1.900 Stellen fallen weg
04.12.2025

Porsche verschärft seinen Sparkurs und fordert deutliche Zugeständnisse der Beschäftigten. 1.900 Stellen sollen bis 2029 wegfallen,...

DWN
Technologie
Technologie Lockerung der Gentechnik-Regeln im Supermarkt: Was Verbraucher jetzt wissen müssen
04.12.2025

Neue EU-Vorgaben aus Brüssel: Gibt es im Supermarkt bald keinen Hinweis mehr auf genveränderte Lebensmittel? Was sich für Obst, Gemüse...

DWN
Politik
Politik Durch Angriffe beschädigte Pipeline lässt den Ölpreis steigen
04.12.2025

Ein beschädigter Pipeline-Anleger im Schwarzen Meer lässt den Ölpreis scharf anziehen. Die Märkte reagieren nervös, denn geopolitische...

DWN
Politik
Politik Beiträge für Private Krankenversicherung steigen kräftig ab 2026
04.12.2025

Die Mehrheit der Privatversicherten muss kommendes Jahr höhere Beiträge für ihre Krankenkasse bezahlen. Die Branche rechnet mit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schweizer Rohstoffhändler wankt: Gunvor-Chef steigt aus – die Lehren aus Gunvors Buy-out
04.12.2025

Gunvor galt lange als diskreter Globalplayer im Ölhandel – bis der Flirt mit dem russischer Öl- und Gaskonzern Lukoil sowie Vorwürfe...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuer auf Kontoguthaben? Marktforscher wollen höhere Ausgaben anreizen
03.12.2025

Die Stimmung der deutschen Verbraucher bleibt auch beim Weihnachtsgeschäft auf dem Tiefpunkt: Das Land der Sparer hält das Geld zusammen...