Finanzen

Millionen neue Arbeitslose: Die konsumsüchtige US-Wirtschaft bekommt ein Konsumproblem

In den USA steigt die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosigkeit weiter an. Die Abhängigkeit der größten Volkswirtschaft der Welt vom Binnenkonsum wird zum Problem.
28.05.2020 16:15
Lesezeit: 2 min

In der Coronavirus-Krise steigt die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA nicht mehr ganz so stark. In der vergangenen Woche stellten 2,12 Millionen Bürger einen Antrag auf staatliche Stütze, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Seit dem 21. März summierten sich die Anträge nun auf rund 40 Millionen. "Gerade die konsumabhängige US-Wirtschaft leidet unter diesem riesigen Heer von Beschäftigungslosen", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Ein massiver Absturz des Bruttoinlandsproduktes im zweiten Quartal ist in Stein gemeißelt." Bereits im ersten Quartal brach die US-Wirtschaft mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 5,0 Prozent ein - das stärkste Minus seit den Jahren der Finanzkrise 2007-09.

Eine erste Schnellschätzung hatte ein Minus von 4,8 Prozent ergeben. Nachdem die weltgrößte Volkswirtschaft im Januar und Februar noch zugelegt hatte, führte der "Lockdown" mit Geschäfts- und Fabrikschließungen im März zum Einbruch der Konjunktur. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Folgen im Frühjahr noch sichtbarer werden. Der private Konsum, der mehr als zwei Drittel der Wirtschaftskraft der weltgrößten Volkswirtschaft ausmacht, ging bereits zwischen Januar und März um 6,8 Prozent zurück. Als Wachstumsbremse erwiesen sich auch die Investitionen, die um 7,9 Prozent schrumpften. Die Exporte brachen um 8,7 Prozent ein, die Importe sogar um 15,5 Prozent.

Wegen der unsicheren Lage will die Regierung einem Bericht der "Washington Post" zufolge in diesem Sommer anders als sonst keine aktualisierte Wirtschaftsprognosen vorlegen. Auch auf Defizit-Vorhersagen solle verzichtet werden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht inzwischen davon aus, dass die US-Wirtschaft in diesem Jahr um 5,9 Prozent schrumpfen wird.

Die Pandemie hat dem jahrelangen Boom auf dem US-Jobmarkt ein jähes Ende bereitet und Massenarbeitslosigkeit in der weltgrößten Volkswirtschaft ausgelöst. Allein im April wurden 20,5 Millionen Stellen außerhalb der Landwirtschaft gestrichen - das war der massivste Abbau seit der Zeit der Großen Depression in den 1930er Jahren. Die Arbeitslosenquote stieg auf 14,7 Prozent und so auf den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Regierung geht sogar davon aus, dass rund 7,5 Millionen Arbeitslose gar nicht in der Statistik auftauchen.

Der Höhepunkt bei den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe wurde in der Woche bis zum 28. März mit 6,86 Millionen erreicht. Seitdem geht die Zahl zwar kontinuierlich zurück. Die Job-Unsicherheit dürfte aber die Konsumlaune weiter belasten. "Damit steckt die Wirtschaft in einem Teufelskreis", sagte VP-Experte Gitzel. Denn weniger Konsum bedeute weniger Verkauf, weniger Beschäftigung und damit letztlich wieder weniger Konsum.

Die Coronakrise brockt auch der US-Industrie einen massiven Auftragseinbruch ein. Die Bestellungen für Gebrauchsgüter wie etwa Flugzeuge oder Maschinen sackten im April um 17,2 Prozent ab, wie das Handelsministerium mitteilte. "Die Auftragseingänge leiden nach wie vor unter den wirtschaftlichen Auswirkungen durch Covid-19", sagte Helaba-Analyst Patrick Boldt. "Die Konjunktursorgen bleiben aufgrund der Zahlen damit unverändert erhöht." Die US-Wirtschaft steht vor einer Rezession. Mit billionenschweren Hilfspaketen will der Staat Unternehmen und Verbrauchern über die Krise hinweghelfen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Brauanlagen-Hersteller Kaspar Schulz: „Made in Germany ist Teil unserer Markenidentität“
14.11.2025

Kaspar Schulz ist der älteste Braumaschinen-Hersteller der Welt. Seit 1677 produziert der Traditionsbetrieb in Bamberg. Johannes...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Google investiert: 6,41 Milliarden Dollar für Deutschlands Cloud-Infrastruktur
14.11.2025

Google plant eine milliardenschwere Expansion seiner Cloud-Infrastruktur in Deutschland, um seine Rechenzentren auszubauen und die Präsenz...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash erschüttert Anleger: Bitcoin-Kurs und andere Kryptowährungen stürzen ab – die Gründe
14.11.2025

Der Kryptomarkt wankt: Der Bitcoin-Kurs ist am Freitag unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 US-Dollar gerutscht und...

DWN
Finanzen
Finanzen Siemens Energy-Aktie: Rekordzahlen befeuern das Vertrauen in Siemens Energy
14.11.2025

Siemens Energy hat Anleger mit Rekordzahlen und einem starken Auftragseingang überrascht, die Siemens Energy-Aktie kletterte am Freitag...

DWN
Technologie
Technologie Streit um Verbrenner-Aus spitzt sich zu: Koalition sucht dringend nach gemeinsamer Linie
14.11.2025

Der ausbleibende E-Auto-Boom und zunehmender Druck aus der Industrie bringen das geplante EU-Verbrenner-Aus ab 2035 erneut ins Wanken....

DWN
Politik
Politik Alle 75 Minuten eine rassistische Straftat: Bundesregierung startet neuen Aktionsplan
14.11.2025

Die Bundesregierung will den Kampf gegen Rassismus neu aufstellen und modernisieren. Mit einer Auftaktsitzung von Ministeriumsvertretern...

DWN
Finanzen
Finanzen Klingbeil verteidigt Aktivrente: Steuerfreie Zusatzverdienste im Alter sollen Arbeitsmarkt stärken
14.11.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat die geplante Aktivrente im Bundestag energisch verteidigt. Sie soll es älteren...