Politik

Sig Sauer: Deutschlands ältester Waffenhersteller ist pleite

Der Waffenhersteller Sig Sauer ist pleite. Das Unternehmen will ab dem kommenden Jahr seine Produktion in Deutschland einstellen.
05.06.2020 11:56
Aktualisiert: 05.06.2020 11:56
Lesezeit: 2 min
Sig Sauer: Deutschlands ältester Waffenhersteller ist pleite
08.03.2019, Bayern, Nürnberg: Eine Handfeuerwaffe vom Typ P226 des deutschen Waffen-Herstellers Sig Sauer ist auf der Fachmesse für Jagd, Schießsport, Outdoor und Sicherheit IWA OutdoorClassics am Stand des Unternehmens ausgestellt. (Foto: dpa) Foto: Daniel Karmann

Der 1751 gegründete Waffenhersteller Sig Sauer will ab dem kommenden Jahr seine Produktion in Deutschland einstellen. Zum Jahreswende soll der Standort im schleswig-holsteinischen Eckernförde schließen. Demnach verlieren knapp 130 Beschäftigte ihren Job.

Die hiesigen Standortnachteile erlaubten für die Zukunft keine wirtschaftliche Produktion von Sport- und Behördenwaffen, teilte das Unternehmen mit. Betriebsrat und Belegschaft seien über die wirtschaftliche Situation bereits informiert worden. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Das Unternehmen verwies in einer Pressemitteilung darauf, dass die deutsche Gesetzgebung die Nutzung von Sportwaffen immer mehr einschränke. "Bei der Vergabe von Behördenaufträgen werden sowohl von der deutschen Polizei als auch von der Bundeswehr einige wenige lokale Produzenten bevorzugt." Sig Sauer werde wegen der internationalen Ausrichtung des Unternehmens von den Ausschreibungen systematisch ausgeschlossen. Die meisten Entwicklungen der Firma stammten aus den USA.

Laut Unternehmensangaben haben die Gesellschafter in den vergangenen Jahren große finanzielle Beiträge zur Stabilisierung des Unternehmens geleistet. Es seien auch drastische Sparmaßnahmen erfolgt, um die Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. "Zu den vorhandenen Problemen kommen die aktuellen Auswirkungen der Coronakrise, die eine Fortführung des Geschäftsbetriebs in Eckernförde wirtschaftlich zusätzlich erheblich belasten."

Seit dem Jahr 2000 gehört nach Firmenangaben die Sig Sauer GmbH & Co. KG in Eckernförde zur L&O Holding in Emsdetten (Nordrhein-Westfalen), zu der zudem die US-Schwester Sig Sauer Inc. in Newington (US-Bundesstaat New Hampshire) und die schweizerische Swiss Arms in Neuhausen gehören. Die Eckernförder machten nach Unternehmensangaben in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 25 Millionen und 30 Millionen Euro Umsatz.

Schleswig-Holsteins Landesregierung sei von der angekündigten Schließung des Standorts in Eckernförde "kalt erwischt worden", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Thilo Rohlfs. "Das ist eine ganz bittere Nachricht für die Region, aber auch für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein insgesamt." Das Unternehmen habe zugesagt, sozialverträgliche Lösungen finden zu wollen.

Erst im Februar hatte die amtliche Beschussstelle für Waffen und Böller in Eckernförde nach einer Modernisierung wieder ihren Betrieb aufgenommen. Das Land investierte dafür 400.000 Euro, auch um ein klares Signal in Richtung Sig Sauer zu setzen, sagte Rohlfs. Noch sei unklar, ob der Fortbestand der Einrichtung Sinn ergebe. Eckernfördes Bürgermeister Jörg Sibbel sprach von einem "schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort Eckernförde".

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt seit April gegen bislang namentlich unbekannte Verantwortliche des Waffenherstellers wegen Vorwürfen illegaler Rüstungsexporte. Nach Recherchen des Südwestrundfunks (SWR) soll Sig Sauer USA neben Kolumbien auch Mexiko mit Pistolen ohne Rüstungsexportgenehmigung der Bundesregierung beliefert haben.

2019 waren drei Ex-Manager von Sig Sauer vom Landgericht Kiel wegen illegaler Waffenlieferungen nach Kolumbien zu Bewährungsstrafen und Geldstrafen verurteilt wurden. Laut Kieler Staatsanwaltschaft sind diese Urteile rechtskräftig. Zur Revision beim Bundesgerichtshof sei noch anhängig die Einziehung von 11,1 Millionen Euro - das war nach Auffassung des Landgerichts der Gewinn aus dem illegalen Waffengeschäft nach Kolumbien.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...