Finanzen

Türkische Zentralbank bekommt Lira nicht mehr unter Kontrolle, Sturz auf Allzeit-Tief zum Euro

Trotz einer Intervention am Londoner Swap-Markt bekommt die türkische Zentralbank die Landeswährung nicht mehr unter Kontrolle. Nun wurde eine wichtige Wechselkurs-Marke zum Dollar durchbrochen.
05.08.2020 13:24
Aktualisiert: 05.08.2020 13:24
Lesezeit: 1 min
Türkische Zentralbank bekommt Lira nicht mehr unter Kontrolle, Sturz auf Allzeit-Tief zum Euro
Der Wechselkurs der Lira zum Euro auf Sicht der vergangenen Jahre. (Grafik: Tradingeconomics)

Die türkische Zentralbank bekommt den Wechselkurs der Landeswährung Lira offensichtlich nicht mehr unter Kontrolle. Am Mittwoch mussten erstmals seit mehreren Wochen wieder mehr als 7 Lira für den US-Dollar bezahlt werden – und dies, obwohl der Greenback derzeit selbst am Devisenmarkt unter Verkaufsdruck steht. Zum Euro markiert die Lira mit 8,31 Lira jetzt ein Allzeittief.

Noch am gestrigen Dienstag hatte die Zentralbank versucht, den Wechselkurs mit weitreichenden Interventionen zu stabilisieren, indem die Zinsen für Übernacht-Swapgeschäfte am Londoner Markt von einem Niveau von etwa 7 Prozent auf 280 Prozent angehoben wurden, wie Nasdaq berichtet. Commerzbank-Experte Tatha Ghose sagte, die Aktion habe auf ausländische Banken abgezielt, die mit Leerverkäufen auf einen Kursverfall der Lira spekulierten. "Tatsächlich sind diese Maßnahmen nichts anderes als temporäre Kapitalverkehrskontrollen", sagte er zu Reuters. Diese wären wirksam, würde die Lira nur unter Spekulationen leiden. "Wir jedoch meinen, dass die Lira tendenziell abwertet. Schuld daran sind die inkonsequente Geldpolitik der Notenbank und die fehlende Inflationsbekämpfung."

Um den Kurs der Währung zu stützen, greift die türkische Notenbank zusammen mit Staatsbanken in den Markt ein. Schätzungsweise 110 Milliarden Dollar wurden nach Berechnungen von Händlern dafür ausgegeben. Doch die Reserven leeren sich, die Bestände sind von 81 auf 51 Milliarden Dollar gesunken. Sollte es nicht gelingen, die Bestände aufzubauen, droht nach Einschätzung von Analysten eine weitere Abwertung der Landeswährung, eine steigende Inflation und ein erhöhtes Leistungsbilanzdefizit. Die Analysten von Goldman Sachs erwarten, dass die Notenbank bald wegen der Abwertung der Lira den Leitzins erhöhen muss. "Versuche, die Lira auf einem bestimmten Niveau zu halten, funktionieren vermutlich nicht."

In der vergangenen Woche verlor die Zentralbank erstmals seit Wochen die Kontrolle über den Wechselkurs der Lira zu Dollar und Euro, nachdem sie eine ganze Zeitlang ein Umtauschverhältnis von 6,85 Lira für den Dollar mithilfe von Handelseinschränkungen und Dollar-Verkäufen halten konnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...

DWN
Finanzen
Finanzen KGHM-Aktie aktuell: Warum der Kupfer-Boom jetzt zur globalen Gefahr wird
16.12.2025

Die Kupferpreise steigen schneller als jede Prognose und die KGHM-Aktie jagt von Rekordhoch zu Rekordhoch. Doch Analysten preisen nun...

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...

DWN
Politik
Politik Bundestag Offline: Internet-Ausfall im Bundestag - kein russischer Cyberangriff
16.12.2025

Das Computernetzwerk des Deutschen Bundestags war flächendeckend ausgefallen. Da das Problem ungefähr zeitgleich mit dem Besuch des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückstand bei Bezahlung: Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
16.12.2025

Hartnäckig hält sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Nur ein Teil der Lohnlücke ist erklärbar.