Politik

Geheimdienst: Nordkoreas Machthaber tritt Befugnisse an Schwester ab

Dem südkoreanischen Geheimdienst zufolge soll Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un Befugnisse an seine Schwester und an andere Vertraute abgegeben haben.
21.08.2020 11:00
Lesezeit: 1 min
Geheimdienst: Nordkoreas Machthaber tritt Befugnisse an Schwester ab
Kim Jong Un mit seiner Schwester Kim Yo Jong. (Foto: dpa) Foto: -

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat nach Einschätzung des südkoreanischen Geheimdienstes einen Teil seiner Machtbefugnisse an seine Schwester Kim Yo Jong und andere enge Vertraute abgetreten. Bei einem nicht öffentlichen Informationsgespräch im südkoreanischen Parlament habe der staatliche Aufklärungsdienst Kim Yo Jong als «De-facto-Führerin Nummer zwei» bezeichnet, berichtete die nationale südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am Donnerstag unter Berufung auf Abgeordnete.

Sie sei für die Politik gegenüber Südkorea und den USA verantwortlich. Als potenziellen Nachfolger habe der Machthaber aber weder seine jüngere Schwester noch irgendjemand anderen ausgewählt.

Durch Übertragung von Befugnissen für die Staatsgeschäfte solle Kim Jong Un Arbeitsstress abgenommen und «die Schuld für den Fall des politischen Scheiterns» von ihm abgewendet werden, hieß es. «Der Vorsitzende Kim hat nach wie vor absolute Autorität, doch einiges von ihr ist nach und nach übergeben worden.»

Der Vizevorsitzende der mächtigen Kommission für Staatsangelegenheiten in Nordkorea, Pak Pong Ju, sowie der neue Ministerpräsident Kim Tok Hun kontrollieren den Berichten zufolge jetzt den Wirtschaftssektor. Zwei weitere Parteikader für den militärischen Bereich hätten ebenfalls mehr Befugnisse erhalten.

Wie der Geheimdienst zu seiner Einschätzung gelangt ist, blieb unklar. Nordkorea ist eines der am meisten isolierten Länder. Wegen seines Atomwaffenprogramms ist es harten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats unterworfen.

Kim Yo Jong, deren Alter in Südkorea auf 32 geschätzt wird, gilt schon seit einigen Jahren als einflussreiche Beraterin ihres Bruders. Im März dieses Jahres hatte die Parteifunktionärin erstmals eine eigene politische Erklärung abgegeben. Darin reagierte sie mit Verbalattacken auf die Kritik Südkoreas an neuen nordkoreanischen Raketentests.

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hatten sich zuletzt wieder verschärft. Nordkorea reagierte verärgert auf eine Propagandaaktion südkoreanischer Aktivisten und nordkoreanischer Flüchtlinge, die Ende Mai etwa 500.000 in Ballons verpackte Flugblätter mit Kritik an der autokratischen Führung in Pjöngjang in Richtung Norden geschickt hatten. Pjöngjang warf der Regierung in Seoul vor, diese häufig an der Grenze unternommenen Aktionen zu tolerieren, und drohte mit Konsequenzen.

Nach der Drohung mit Militäraktionen gegen seinen Nachbarn sendete Nordkorea dann aber ein Entspannungssignal aus. Die Zentrale Militärkommission der Arbeiterpartei habe bei einer Vorbesprechung unter Vorsitz von Machthaber Kim Jong Un eine Einschätzung der derzeitigen Lage vorgenommen und beschlossen, "die militärischen Aktionspläne gegen Südkorea" auszusetzen, berichteten die Staatsmedien Ende Juni. Zuvor hatte Nordkorea innerkoreanische Kommunikationsleitungen gekappt und demonstrativ ein gemeinsam genutztes Verbindungsbüro gesprengt.

Kim Jong Un, der sich mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In bereits mehrmals getroffen hatte, überließ es dabei seiner einflussreichen Schwester, Kim Yo Jong, entsprechende Anweisungen zu erteilen. Ein Angebot Seouls zu klärenden Gesprächen schlug Pjöngjang aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...