Politik

3.100 Corona-Razzien in Österreich in nur einer Nacht

In Österreich fanden in der vergangenen Nacht von Samstag auf Sonntag 3.102 Corona-Razzien statt. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, muss jederzeit mit Konsequenzen rechnen“, so der österreichische Innenminister Karl Nehammer.
28.09.2020 18:44
Aktualisiert: 28.09.2020 18:44
Lesezeit: 2 min
3.100 Corona-Razzien in Österreich in nur einer Nacht
28.08.2020, Österreich, Wien: Sebastian Kurz (ÖVP), Bundeskanzler von Österreich, spricht bei einer Erklärung zum Thema «Aktuelle Lage und Ausblick auf den Herbst» im Bundeskanzleramt. (Foto: dpa) Foto: Georg Hochmuth

In Österreich wurden in der Nacht vom vergangenen Samstag auf Sonntag insgesamt 3.102 Corona-Razzien durchgeführt. „Wer sich nicht an die Vorgaben hält, muss jederzeit mit Konsequenzen rechnen. Jeder hat es selbst in der Hand, durch Eigenverantwortung zur Verringerung der Infektionszahlen beizutragen“, zitiert Oe24 den österreichischen Innenminister Karl Nehammer.

Im Verlauf der Corona-Kontrollen habe es 90 anzeigen gegeben. Davon entfallen 62 auf die Stadt Wien. „Es gibt keine Toleranz, wenn die Regeln nicht eingehalten werden und an Theken und Bars weiter konsumiert wird. Es gibt keine Toleranz, wenn die Sperrstunde überschritten und die Abstandsregeln nicht eingehalten werden. Es braucht jetzt die gemeinsame Anstrengung aller, damit die Infektionszahlen geringer werden. Es geht darum, dass wir zusammenhalten und Schulter an Schulter den entschlossenen Kampf gegen das Corona-Virus führen“, so Nehammer.

Allerdings gibt der Innenminister auch zu: „Wir alle haben das Corona-Virus satt.“

Wie funktioniert die Corona-Ampel in Österreich?

Die Infektionslage wird jede Woche neu bewertet und auf einer Karte farblich dargestellt - in der Regel für jeden Bezirk, entsprechend etwa den deutschen Landkreisen, sowie für das Bundesland Wien. Die Farben reichen von Grün (Risiko: niedrig) über Gelb (mittel) und Orange (hoch) bis Rot (sehr hoch). Kriterien sind Fallzahlen der vergangenen sieben Tage, Nachverfolgbarkeit der Ansteckungen, Auslastung der Krankenhausbetten und Gesamtzahl an Tests. Außerdem wird berücksichtigt, ob eine Region viele Touristen oder Pendler hat. Empfohlen wird die jeweilige Ampel-Schaltung von 19 Mitgliedern einer Expertenkommission, die mindestens einmal die Woche tagt. Sie setzt sich zusammen aus Medizinern, Vertretern der Gesundheitsbehörden der Länder sowie leitenden Beamten aus Kanzleramt, Gesundheits- und Innenministerium. Ob und welche Maßnahmen umgesetzt werden, liegt in der Hand der Behörden - wobei es Unklarheiten gab. Was passiert etwa, wenn ein Bezirk oder ein Bundesland sich weigert?



Vorgesehen war, dass jede Farbe an einen klaren Maßnahmen-Katalog geknüpft wird: "Schluss mit dem Fleckerl-Teppich" war die Parole, die im Sommer die Entwicklung der Ampel begleitete. Grün bedeutete dabei allerdings nicht keinerlei Maßnahmen, sondern grundlegende Hygiene-, Abstands und Maskenregeln. Andererseits sollte eine rote Ampel auch keinen Lockdown bedeuten. Die genaue Festlegung scheiterte daran, dass die gesetzliche Grundlage nicht fertig wurde. Erst am vergangenen Mittwoch, vier Wochen nach dem Start, wurde das neue Covid-Gesetz beschlossen. In Kraft ist es seit Samstag.



Zum Start am 4. September erschien auf der Website eine Liste von empfohlenen Maßnahmen: So sollte etwa je nach Farbe die Zahl der erlaubten Zuschauer bei Veranstaltungen sinken, bei den höheren Stufen auch Heimunterricht für ältere Schüler angeordnet werden oder die Gastronomie wieder eingeschränkt werden. Schon bei der ersten Schaltung wurden einzelne Bezirke und die drei größten Städte Wien, Linz und Graz auf Gelb gesetzt. Die oberösterreichische Landesregierung wehrte sich aber sofort und verkündete, in Linz keine neuen Maßnahmen umzusetzen.



Da die Corona-Zahlen landesweit stiegen, verordnete die Regierung nur Tage später neue Maßnahmen wie eine strengere Maskenpflicht. Kritisiert wurde nun, dass das die Ampel ad absurdum führe: Auch "grüne" Bezirke hatten nun schärfere Regeln, während das auf Orange geschaltete Wien keine "orangen" Maßnahmen traf. Die Liste verschwand nach wenigen Tagen spurlos von der Ampel-Website.

Die Ampel wird weiterhin jede Woche auf Basis der Bewertung durch die Experten-Kommission geschaltet. Mittlerweile gilt für zahlreiche Gebiete die Warnstufe Orange. Andere wurden auf Grün zurückgestuft. Die Ampel liefert eine Risikobewertung, zu einheitlichen Maßnahmen hat sie aber nicht geführt. So rückten etwa die Bundesländer im Westen eigenständig ihre Sperrstunde vor, während das dunkler gefärbte Wien sich weigerte. Niederösterreich geht einen eigenen Weg. Gesundheitsminister Rudolf Anschober nannte solche regionalen Verschärfungen den richtigen nächsten Schritt. Andere plädieren dagegen für eine "Ampelpause" und bundesweite Maßnahmen.

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