Finanzen

Brasilien: Die Mittelschicht in der Schulden-Falle

In Brasilien wächst die Zahl der faulen Kredite. Die Banken haben den Brasilianern Kredite gewährt und ihnen Wohlstand versprochen. Was bleibt sind die Zinsen - und der Rückfall in die Armut. Das globale Schulden-System fordert seinen Tribut. Es tanzt keinen Samba.
11.10.2013 02:08
Lesezeit: 1 min

Brasilien hat in den vergangenen Jahren einen Wandel durchlebt. Die Anzahl jener Menschen, die zum Mittelstand zählen, ist schnell gewachsen. Das liegt zum Teil an politischen Programmen, die die historisch gewachsene Schere zwischen Arm und Reich schließen wollten. Seit 2002 wurden zehntausende Personen im öffentlichen Dienst angestellt. Gleichzeitig wurde das Sozialsystem ausgeweitet, Gas- und Strompreise subventioniert.

Der Wandel vollzog sich mit massiver Unterstützung der Banken.

Der Preis: Hohe Schulden, vor allem für Privatleute.

Der Wohlstand kam auf Pump.

Vor zehn Jahren zählten noch weniger als 40 Prozent der Brasilianer zur Mittelklasse, heute sind es über 50 Prozent in einem Land mit mehr als 190 Millionen Einwohnern. Es gab innerhalb kurzer Zeit einen signifikanten Anstieg an Fernreisen, in New York waren die Brasilianer im vergangenen Jahr sogar jene Touristen, die das meiste Geld in der Stadt ließen.

Den Schritt von der Armut in den Mittelstand haben die Brasilianer mit Schulden getan. Nun, da die weltweite Rezession auch vor den einstigen Hoffnungs-Trägern, den Schwellenländern, nicht haltmacht, gibt es das böse Erwachen: Viele Kreditnehmer die Rückzahlungen nicht mehr stemmen können und nun auf hohen Schulden sitzen, analysiert der Finanzblog Zerohedge.

Von allen brasilianischen Privatkrediten sind 5,6 Prozent faule Kredite. Das ist die weltweit höchste Rate  - noch vor Russland, Südafrika und Kolumbien. Alle Verbraucherkredite entsprechen der Summe von 25,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zusätzlich wird die Brasilianische Zentralbank (Brazilian COPOM) wahrscheinlich schon im nächsten Monat den Zinssatz auf ein zweistelliges Niveau heben. Für Brasilien wird das schwer zu stemmen sein, einerseits sind die Einwohner mit einem Viertel des Bruttoinlandsprodukt verschuldet, andererseits steigen die Zinszahlungen des Landes alle zwei Monate um ein Prozent.

Die Zahlungsunfähigkeit vieler Kreditnehmer wirkt sich indes auch auf das Einkaufsverhalten in Brasilien aus: es sinkt rasant. Im Jahr 2010 hatte das Land noch ein Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent, nun ist es auf 2,4 Prozent gefallen.

Die Entwicklung zeigt: Das global agierende Finanz-System schafft keinen nachhaltigen Wohlstand.

Es schafft Schulden-Sklaven, die in die Bredouille geraten, sobald das Wachstum schwindet.

Verlieren die Leute ihren Job, ist nicht bloß der Wohlstand weg.

Es bleibt ein Schuldenberg.

Die Armut kehrt zurück.

Die Gläubiger ziehen weiter.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...