Politik

Treffen mit Hintergedanken: China und Südkorea gehen aufeinander zu

Der Besuch des chinesischen Außenministers in Südkorea verdeutlicht das Bestreben beider Seiten, die angespannten Beziehungen zu verbessern. Wirtschaftliche und geopolitische Überlegungen spielen dabei eine Rolle.
26.11.2020 14:56
Aktualisiert: 26.11.2020 14:56
Lesezeit: 3 min
Treffen mit Hintergedanken: China und Südkorea gehen aufeinander zu
26.11.2020, Südkorea, Seoul: Wang Yi (l), Außenminister von China, und Kang Kyung Wha, Außenministerin von Südkorea, mit Mund-Nasen-Schutz begrüßen sich mit den Ellenbogen. (Foto: dpa) Foto: -

Chinas Außenminister Wang Yi traf am Donnerstag zu einem Besuch in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ein, um mit der koreanischen Außenministerin Kang Kyung Wha zusammenzukommen. Wang wird mit den Worten zitiert, sein Besuch verdeutliche trotz der andauernden Corona-Pandemie, dass Peking daran gelegen sei, die Wichtigkeit der bilateralen Beziehungen „durch konkrete Aktionen“ zu unterstreichen. Die Beziehungen zeigten „jetzt Robustheit und offensichtlich größere Vitalität“. Südkorea und China wollten zudem für die friedliche Lösung des Atomstreits mit Nordkorea und die Stabilität in der Region weiter eng zusammenarbeiten.

Beide Seiten hätten sich geeinigt, weiter eng miteinander zu kommunizieren, um den Friedensprozess auf der koreanischen Halbinsel vorwärtszutreiben, teilte Südkoreas Außenministerium mit. Ihre Kooperation müsse zugleich dafür sorgen, dass die aktuelle Situation stabil bleibe. Wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf einen Ministeriumsbeamten berichtete, hätten beide Minister die Meinung vertreten, dass die nordkoreanische Regierung in Pjöngjang derzeit den Übergang zur nächsten Regierung in den USA nach der Präsidentenwahl beobachte und auch wegen Covid-19 eine Abwarte-Haltung einnehme.

Die Verhandlungen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm kommen seit dem gescheiterten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Präsident Kim Jong Un im Februar 2019 in Vietnam nicht weiter. Beide Seiten konnten sich nicht auf die atomare Abrüstung Nordkoreas und die dafür geforderten Gegenleistungen Washingtons einigen.

Der geopolitische Hintergrund der Annäherung

Die Annäherung beider Staaten wurzelt in wirtschaftlichen und geopolitischen Überlegungen und wird von beiden Seiten vorangetrieben. Das Hauptziel sowohl für Peking als auch für Seoul besteht darin, die seit dem Jahr 2016 beschädigten Beziehungen beider Länder zu reparieren.

Damals hatte die südkoreanische Regierung grünes Licht für die Installation des hochentwickelten US-amerikanischen Raketenabwehr- und Überwachungssystems THAAD (Terminal High Altitude Area Defense) gegeben. Die Installation von THAAD wurde mit dem Schutz Südkoreas vor möglichen Raketenangriffen aus dem Norden begründet, die chinesische Regierung erkannte in dem System jedoch eine direkte Bedrohung der Landessicherheit. Nach Darstellung Pekings haben die Amerikaner durch die mit dem Raketenabfangsystem verbundenen technologischen Kapazitäten die Möglichkeit, bis weit nach China hinein zu spionieren.

Nachdem der südkoreanische Lotte-Konzern der Regierung dann auch noch Ländereien verkauft hatte, auf denen später THAAD-Module eingerichtet wurden, verbannten die Chinesen das Unternehmen als Strafmaßnahme kurzerhand aus dem eigenen Land.

China strebt Medienberichten zufolge nun eine Verständigung mit Südkorea an, weil man offenbar befürchtet, dass die Biden-Administration versuchen wird, Südkorea und Japan zur Bildung eines gegen China gerichteten Zweierbündnisses zu bewegen. Vor diesem Hintergrund ist auch die am Donnerstag getätigte Ankündigung von Wang und Kang zu verstehen, bald einen trilateralen Gipfel mit Japan organisieren zu wollen.

Wang – der auch Südkoreas Präsident Moon Jae-in treffen wird – hatte direkt vor seiner Stippvisite auf der koreanischen Halbinsel den japanischen Premierminister Yoshihide Suga getroffen. Beide Länder – deren Beziehungen unter anderem wegen ungeklärter Besitzverhältnisse im ostchinesischen Meer belastet sind – wollen demnach ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit stärken.

„Peking erwartet, dass die nächste US-Regierung das Dreierbündnis USA-Japan-Südkorea stärken und den Druck auf China erhöhen möchte. Peking will verhindern, dass der traditionelle US-Verbündete Südkorea seine Beziehungen zur Schutzmacht noch mehr vertieft“, zitiert die South China Morning Post den Sicherheitsexperten Lee Seong-Hyeon. „Donald Trump machte sich nicht allzu viel aus der Idee, aber von Biden wird erwartet, dass er diese Allianz stärken möchte.“

Südkorea andererseits will seine Beziehungen zum riesigen Nachbarn aus zwei Gründen verbessern. Zum einen ist China längst der wichtigste Handelspartner des Landes und nimmt für die weitere Entwicklung der koreanischen Volkswirtschaft deshalb eine zentrale Funktion ein. Episoden wie die Verbannung Lottes aus China will man deshalb auch nicht zuletzt vor dem Hintergrund der grassierenden Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Schäden für Wirtschaft und Arbeitsmarkt unbedingt vermeiden.

Zum anderen versucht Seoul, zwischen dem militärischen Partner USA auf der einen und dem Wirtschaftspartner China auf der anderen Seite zu balancieren und sich nicht zu abhängig von einer Agenda zu machen. Die politische Übergangszeit in Amerika scheint ein geeigneter Zeitpunkt für Südkorea zu sein, die Bande nach China zu festigen und Schäden zu reparieren.

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