Deutschland

Auftragsbücher deutscher Industriebetriebe sind voller als vor Krisenbeginn

Die Auftragsbücher der deutschen Industrie haben sich überraschend den siebten Monat in Folge gefüllt und sind inzwischen deutlich dicker als vor Krisenbeginn.
07.01.2021 09:47
Aktualisiert: 07.01.2021 09:47
Lesezeit: 2 min
Auftragsbücher deutscher Industriebetriebe sind voller als vor Krisenbeginn
Das Ministerium von Peter Altmaier meldet erneut ein stärkeres Neugeschäft bei der deutschen Industrie. (Foto: dpa) Foto: Christoph Soeder

Die deutsche Industrie trotzt der zweiten Corona-Infektionswelle: Ihre Auftragsbücher füllten sich im November trotz des erneuten Lockdowns bei wichtigen Handelspartnern überraschend den siebten Monat in Folge und sind inzwischen deutlich dicker als vor Krisenbeginn. Das Neugeschäft wuchs vor allem wegen der höheren Nachfrage aus anderen Euro-Ländern um 2,3 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte. Ökonomen hatten dagegen mit einem Rückgang von 1,2 Prozent gerechnet. Abgerundet wird das positive Bild dadurch, dass das Oktober-Plus von 2,9 auf 3,3 Prozent nach oben revidiert wurde. Durch die Aufholjagd ist das Vorkrisenniveau mittlerweile merklich übertroffen worden: Gemessen am Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen infolge der Pandemie, liegen die Bestellungen um 4,0 Prozent höher.

"Endloses Wachstum? Das scheint zuzutreffen", sagte der ING-Chefvolkswirt für Deutschland, Carsten Brzeski. "Das letzte Mal, dass die deutsche Industrie eine solche Periode des ununterbrochenen Auftragswachstums erlebte, war im Jahr 2000." Geringfügig schwächer entwickelten sich die Bestellungen in den wichtigen Branchen Maschinenbau und Kfz-Industrie. "Dies wurde jedoch durch merkliche Zuwächse in den Bereichen sonstiger Fahrzeugbau, EDV- und optische Geräte sowie chemische Erzeugnisse kompensiert", erklärte das Ministerium. "Von einer Durststrecke gibt es keine Spur", fasste der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger, die Entwicklung zusammen.

"PRODUKTION KANN NICHT SCHRITTHALTEN"

Die gute Industriekonjunktur macht Hoffnung, dass die Wirtschaft im vierten Quartal nicht stark geschrumpft ist. Der seit November begonnene, zwischenzeitlich verschärfte und nun bis Ende Januar verlängerte Lockdown macht in erster Linie Dienstleistern und Innenstadt-Händlern zu schaffen. "Bisher konnte die Produktion allerdings nicht mit der Auftragsvergabe Schritt halten", sagte Chefökonom Krüger. "Härtere Lockdown-Maßnahmen dürften dies auch weiter verhindern." Die Lockdown-Verluste im Dienstleistungssektor können daher wohl nicht vollständig aufgefangen werden, weshalb das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal geschrumpft sein sollte. "Die sehr positive Entwicklung in der Industrie dürfte dieses Minus aber in Grenzen halten", sagte Commerzbank-Experte Marco Wagner.

Die Industrie kann darauf bauen, dass das Auslandsgeschäft mit der erwarteten Erholung der Weltwirtschaft stärker in Schwung kommt. Die Weltbank etwa erwartet, dass die globale Wirtschaft in diesem Jahr um etwa vier Prozent wachsen wird, nachdem sie 2020 wegen der Pandemie eingebrochen war. Bereits im November legten die Auslandsaufträge mit 2,9 Prozent kräftiger zu als die aus Deutschland mit 1,6 Prozent. Dabei nahmen die Bestellungen aus der von der zweiten Pandemie-Welle stark betroffenen Euro-Zone sogar um 6,1 Prozent zu, die aus dem restlichen Ausland dagegen nur um 0,9 Prozent.

Ein Rückprall ist allerdings nicht ausgeschlossen. "Mit Blick auf das bevorstehende und verlängerte chinesische Neujahrsfest sowie möglicherweise strengere Lockdown-Maßnahmen bei vielen wichtigen Handelspartnern scheinen Rückschläge für die Industrie kaum vermeidbar zu sein", warnte ING-Ökonom Brzeski.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs schließt über 24.000 Punkten: Erholung geht am Freitag weiter
05.12.2025

Der deutsche Aktienmarkt legt zum Wochenschluss spürbar zu und der Dax überschreitet eine wichtige Schwelle. Doch der Blick richtet sich...