Deutschland

Bundesregierung will mit Klimaverträgen Industrie „grün“ machen

Die Bundesregierung will die Umstellung der Stahl- oder Zement-Industrie auf CO2-freie Produktion über Klimaverträge vorantreiben.
30.04.2021 15:30
Lesezeit: 2 min
Bundesregierung will mit Klimaverträgen Industrie „grün“ machen
14.06.2019, Hamburg: Teilnehmer der Klima-Demonstration Fridays for Future. (Foto: dpa) Foto: Georg Wendt

Die Bundesregierung will die Umstellung der Stahl- oder Zement-Industrie auf CO2-freie Produktion über Klimaverträge vorantreiben. Dafür wolle man mit energieintensiven Unternehmen zehnjährige Abkommen treffen, heißt es in einem Entwurf zur geplanten Richtlinie, der der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorlag. Profitieren können davon Konzerne, die mit neuen Verfahren ihren CO2-Ausstoß um mehr als die Hälfte senken. Dafür sollen sogenannte "Carbon Contracts for Difference" zwischen Unternehmen und Staat geschlossen werden. Im Kern sollen damit die Mehrkosten der klimafreundlichen Produktion im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren ausgeglichen werden.

"Klimaschutzverträge bieten die Möglichkeit, die Markteinführung klimafreundlicher Prozesse in den Grundstoffindustrien über eine Abfederung der genannten Kostendifferenzen und Risiken zeitlich deutlich vorzuziehen", heißt es im Konzept. "Dies beinhaltet auch Brückentechnologien, wie den teilweisen Einsatz von Erdgas und grünem Wasserstoff in Direktreduktions- oder Ammoniakanlagen, wobei der Anteil von grünem Wasserstoff über die Vertragslaufzeit signifikant ansteigen muss". So soll ein Anreiz geschaffen werden, Neuinvestitionen sofort klimafreundlich zu machen. Denn gerade in der Industrie laufen Anlagen oft über 30 Jahre. Bis 2050 soll aber in Deutschland praktisch gar kein CO2 mehr ausgestoßen werden.

Während auf der einen Seite Investitionen von der Regierung auch direkt gefördert werden, soll mit den Verträgen auch der laufende Betrieb unterstützt werden. Industriebetriebe haben zwar bereits durch die Pflicht zum Kauf von CO2-Emissionsrechten einen Anreiz zu klimafreundlicher Produktion. Dieser reicht aber für die komplette Umstellung etwa auf den Einsatz von Wasserstoff meist nicht aus. Laut dem Konzept sollen aber die eingesparten Kosten für die CO2-Rechte von der Erstattung der Differenzkosten abgezogen werden.

Das könnte etwa so aussehen: Eine Unternehmen A, das mittels herkömmlicher Technologie produziert, hat Kosten von 100.000 Euro für ein Produkt und muss zusätzlich für 50.000 Euro CO2-Rechte kaufen. Insgesamt liegen die Kosten so bei 150.000 Euro. Solange der CO2-Preis relativ niedrig ist, ist die Produktion von Unternehmen A mit herkömmlicher Technologie billiger als für Unternehmen B, das mit einer treibausgasneutralen Technologie produziert und Kosten von 160.000 Euro hat. Die sogenannten CO2-Vermeidungskosten bei Unternehmen B betragen 60.000 Euro. Der Staat und das Unternehmen B könnten nun den geplanten Klimavertrag abschließen, der die Differenz zwischen dem Marktpreis für CO2-Rechte und den Vermeidungskosten ausgleicht - hier also 10.000 Euro.

Starten soll das Vorhaben mit einer Pilotphase, für das die Firmen sich in einer Ausschreibung bewerben sollen. Die Firmen mit den effizientesten Technologien erhalten den Zuschlag.

Das Konzept wird jetzt mit der Industrie abgestimmt und soll noch vor der Wahl in der Bundesregierung beschlossen werden, bestätigte das federführende Umweltministerium. Finanziert werden soll es auch aus dem EU-Aufbaufonds.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Frankreichs Schulden bedrohen Europa: Kommt jetzt die Eurokrise zurück?
23.11.2025

Steigende Zinsen, explodierende Schulden, nervöse Märkte: Europa erlebt ein gefährliches Déjà-vu. Immer mehr Experten warnen vor einer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...