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Biotreibstoff-Verband: Klima-Kritik an Grünem Diesel ist Unfug!

Verbraucherorganisationen behaupteten, dass der Grüne Diesel schädlicher als der Treibstoff aus Erdöl sei. Im exklusiven Interview mit den DWN wehrt sich Elmar Baumann, der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), gegen diesen Vorwurf.
13.05.2021 10:39
Lesezeit: 3 min
Biotreibstoff-Verband: Klima-Kritik an Grünem Diesel ist Unfug!
Der Biodiesel dominiert immer noch die Alternativen Antriebe. (Foto: dpa)

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Welche Sorten von Biokraftstoff gibt es derzeit?

Elmar Baumann: Zu den Biokraftstoffen gehören Biodiesel, Bioethanol und Biomethan. Biodiesel wird zumeist herkömmlichem fossilen Diesel bis zu sieben Prozent beigemischt und als B7 an der Tankstelle angeboten. Bei Nutzfahrzeugen kann der Anteil von Biodiesel bei 20 Prozent und höher liegen – viele LKW sind für reinen Biodiesel freigegeben, also B100. In Deutschland wird Biodiesel überwiegend aus Rapsöl hergestellt, der etwas über 50 Prozent der Rohstoffe ausmacht. Der Anteil von Altspeisefetten liegt bei fast 30 Prozent, Soja stellt etwa 12 Prozent. Palmöl spielt für die deutsche Produktion praktisch keine Rolle, anders als in anderen Mitgliedstaaten. Die deutschen Hersteller haben 2020 etwa 3,4 Millionen Tonnen Biodiesel hergestellt.

Darüber hinaus wird in Benzin Bioethanol beigemischt, das in Deutschland überwiegend aus Weizen, Roggen, Mais und in kleinen Mengen auch aus Zuckerrüben hergestellt wird. Die Produzenten haben im Jahr 2020 hierzulande rund 700.000 Tonnen Bioethanol hergestellt, es wird darüber hinaus aus anderen EU-Mitgliedsstaaten wie Frankreich und Belgien importiert. Dagegen setzen die Hersteller erhebliche Teile der deutschen Produktion von Biodiesel in anderen Mitgliedstaaten ab. Zur Einordnung: Wir haben 2019 rund 2,5 Millionen Biodiesel dem Gesamtvolumen von 38 Millionen Tonnen Diesel beigemischt.

Die erneuerbaren Energien machen derzeit im Straßenverkehr nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil aus. Den Großteil davon steuern aktuell Biokraftstoffe bei, die etwa 98 Prozent der Grünen Energie ausmachen. Die E-Mobilität ist bisher kaum vertreten.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Wie wurden die Biokraftstoffe überhaupt entwickelt?

Elmar Baumann: Biokraftstoffe haben erst seit der Jahrtausend-Wende eine wachsende Bedeutung. Die Entwicklung hatte ursprünglich einen

agrarpolitischen Hintergrund. Damals gab es in der EU-Landwirtschaft eine enorme Überproduktion, die es galt abzubauen. Zuerst warf die Europäische Union die Agrarprodukte mit Exportsubventionen auf den Weltmarkt. Dadurch zerstörten die europäischen Lebensmittelexporte die Landwirtschaft in Entwicklungsländern, weil die dortigen Landwirte nicht in der Lage waren, mit ihren Produkten gegen die subventionierte Ware zu konkurrieren. Zeitweise ist die EU dann sogar dazu übergegangen, Nahrungsmittel zu vernichten. Dann hat Brüssel den Bauern Stilllegungen bezahlt. Das bedeutet, sie wurden finanziell dabei unterstützt, keine Lebensmittel mehr zu produzieren. Ein Ausweg war die Herstellung von Kraftstoffen aus landwirtschaftlichen Rohstoffen, vor allem von Biodiesel aus Raps. In den vergangenen Monaten sind die Rapspreise hierzulande gestiegen, so dass die Landwirte ein auskömmliches Einkommen erzielen können.

Der Aspekt, dass man mit Hilfe von Biokraftstoff die Treibhaus-Emissionen senkt, hat anfangs also nur eine untergeordnete Rolle gespielt. In Deutschland gilt seit 2015 die sogenannte Treibhausgas-Minderungsquote, die den Ölkonzernen vorschreibt, dass sie die Treibhausgas-Emissionen der Kraftstoffe verringern müssen, die sie verkaufen. Die Ölkonzerne erreichen dies jetzt hauptsächlich, indem sie Biokraftstoffe verwenden.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Das Verbraucher-Portal Verivox berichtet, dass Biosprit aus Raps, Palmöl oder Soja das Klima teilweise stärker als Treibstoffe aus Erdöl belastet. Stimmt das? Wie sieht denn grundsätzlich der Klimabeitrag der Biokraftstoffe aus?

Elmar Baumann: Das ist Unfug. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE stellt jährlich auf Basis geprüfter Nachweise fest, wie groß die Treibhausgasminderungen durch Biodiesel, Bioethanol und Biomethan sind. Die durchschnittliche Minderung betrug im Jahr 2019 rund 83 Prozent. Für 2020 gehen wir davon aus, dass Biokraftstoffe etwa 12 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart haben. Kritiker führen an, dass durch indirekte Effekte der Biokraftstoffherstellung die Treibhausgasbilanz negativ sei. Aus der Studie „Treibhausgaseinsparungen durch Biokraftstoffe in Deutschland“, die wir bei einer Beratungsgesellschaft in Amsterdam in Auftrag gegeben haben, geht jedoch klar hervor, dass Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse auch dann große Mengen Treibhausgase gegenüber Diesel und Benzin einsparen, wenn man indirekte Effekte des Rohstoffanbaus für Biokraftstoffe berücksichtigt.

Die Pflanze nimmt beim Wachstum C02 auf, das bei der Verbrennung des Biokraftstoffs wieder freigesetzt wird.

Das ist allerdings nicht ganz klimaneutral, weil der Hersteller für die Verarbeitung der pflanzlichen Rohstoffe noch Energie aufbringen muss. Dazu gehören beispielsweise die Fahrt mit dem Traktor über den Acker, die Ernte und die Verarbeitung des Rohstoffs zum Biokraftstoff. Doch setzt der Biodiesel insgesamt immer noch wesentlich weniger C02 frei als der klassische Diesel aus Erdöl. Im Ergebnis verringert Biodiesel aus Raps die Emissionen um etwa 69 Prozent im Vergleich zu fossilem Diesel. Bei Altspeisenölen ist die Bilanz sogar noch günstiger. Grundsätzlich können E-Mobilität und Antriebe mit Wasserstoff noch bessere Werte aufweisen, wenn der genutzte Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Doch ist ihr Anteil am Straßenverkehr derzeit noch relativ klein.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Besteht denn eine Konkurrenz zur E-Mobilität?

Elmar Baumann: Biokraftstoffe und E-Mobilität sind aus unserer Sicht natürliche Partner. Heute gibt es noch einen riesigen Fahrzeugbestand, der ausschließlich mit Verbrennungsmotoren läuft. Bis zum Jahr 2030 wird sich dies zwar etwas ändern, weil der Anteil der E-Mobilität steigen wird. Doch wird mit Sicherheit auch 2030 immer noch der Verbrennungsmotor dominieren. Den größeren Hebel für Klimaschutz stellt der Fahrzeugbestand dar. Bis 2030 wird es nicht ausreichend sein, den Fokus ausschließlich auf die E-Mobilität zu richten. Die Bundesregierung muss folglich auf beides setzen, E-Mobilität und Biokraftstoffe.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Wie sieht der Beitrag zum Klimaschutz konkret aus?

Elmar Baumann: Biokraftstoffe werden für die Minderung der Treibhaus-Emissionen gebraucht: Sie haben im vergangenen Jahr in Deutschland ungefähr zwölf Millionen Tonnen an Emissionen eingespart. Zum Vergleich: Wir müssen nach der jetzt diskutierten Neufassung des Klimaschutzgesetzes die Emissionen im Verkehr von 164 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf 85 Millionen Tonnen 2030 senken. Biokraftstoffe spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Und auch nach 2030 ist davon auszugehen, dass Biodiesel, Bioethanol und Biomethan für den Klimaschutz im Verkehr unentbehrlich sind.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Herr Baumann, herzlichen Dank für das Gespräch.

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