Politik

Wegen China und Nord Stream 2: Merkel hat die USA zweimal in die Pfanne gehauen

Kanzlerin Angela Merkel wird bald in die USA fliegen, um Gespräche über die transatlantische Kooperation zu führen. Doch die Amerikaner fühlen sich von ihr brüskiert.
12.07.2021 11:05
Lesezeit: 2 min

Wenige Wochen vor ihrer Amtsübergabe will Kanzlerin Angela Merkel in die USA fliegen, um Gespräche mit dem US-Präsidenten Joe Biden zu führen. Merkel und Biden hatten in der Vergangenheit Donald Trump attackiert, um sich für den Multilateralismus einzusetzen. Doch Merkel und Biden haben verschiedene Ansichten darüber, wie der Multilateralismus aussehen soll. Während die USA darauf bestehen, dass Deutschland sich im Rahmen der transatlantischen Gemeinschaft gegen China und Russland engagiert, verfolgt die Kanzlerin wirtschaftliche und politische Ziele, die eine Kooperation mit den beiden Ländern unabdingbar machen.

„Stattdessen hat Merkel, wie sie es gewohnt ist, Biden zweimal brüskiert. Der erste Affront ereignete sich im Dezember, nur wenige Wochen bevor Biden seinen Amtseid ablegen sollte, als sie einen chinesisch-europäischen Investitionsvertrag in die nächste Phase schob – ohne Bidens Team zu konsultieren. Anstatt Washington dabei zu helfen, Peking einzuschränken, will Merkel, dass Europa sich seine Optionen offen hält. Die zweite und schlimmere Brüskierung war ihre Weigerung, auch nur einen Zentimeter auf die parteiübergreifenden amerikanischen Forderungen bezüglich des Baus einer umstrittenen Gaspipeline von Russland nach Deutschland einzugehen“, so „Bloomberg“.

Mit dem Projekt Nord Stream 2 hat sich Deutschland in die Zwickmühle katapultiert. Einerseits muss Berlin Polen, die baltischen Staaten und die USA besänftigen, doch andererseits verfolgt die Bundesregierung mit dem Bau von Nord Stream 2 unilaterale energiepolitische Ziele.

Die Ostseepipeline Nord Stream 2 soll in einigen Wochen fertiggestellt sein. „Wir gehen davon aus, dass die Bauarbeiten Ende August beendet sind“, sagte der Vorstandschef der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, dem „Handelsblatt“. „Mittlerweile sind 98 Prozent der Pipeline fertiggestellt. Die zwei Prozent, die noch fehlen, betreffen einen der beiden Stränge. Der andere Strang ist komplett gebaut“, erläuterte Warnig.

Ziel sei es, die Erdgas-Pipeline „noch in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen“, bekräftigte der Geschäftsführer. Berichte, es gebe Probleme mit der von den Genehmigungsbehörden geforderten Zertifizierung der Arbeiten, wies Warnig zurück. „Am Ende wird eine Pipeline stehen, die allen Genehmigungsanforderungen und internationalen Industriestandards gerecht wird“, sagte er.

Mit Blick auf die künftige Rolle der Ukraine als Transitland für russisches Erdgas sagte Warnig, er habe „nicht den geringsten Zweifel“, dass der Transit „auch nach 2024 fester Bestandteil des Gastransports von Russland nach Europa sein“ werde. Ende 2024 endet die bestehende Transitvereinbarung zwischen Russland und der Ukraine. „Ich gehe davon aus, dass dies bereits in Gesprächen von der Bundesregierung gegenüber Russland angesprochen wurde“, sagte Warnig.

Im Kern geht es darum, wie der Ukraine die Milliarden-Einnahmen aus dem russischen Gastransfer langfristig gesichert werden können. Die Bundesregierung will sich um eine frühzeitige Verlängerung des Vertrages bemühen.

Die Pipeline Nord Stream 2 verläuft von Wyborg in Russland durch die Ostsee bis nach Lubmin bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Sie soll künftig 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von Russland nach Deutschland befördern. Das Projekt ist umstritten. Die US-Regierung kritisiert, Europa mache sich dadurch bei der Energieversorgung zu stark von Russland abhängig.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...