Deutschland

Deutsche Inflationsrate springt im Juli nach oben

Bei den deutschen Verbraucherpreisen zeichnet sich für Juli ein sprunghafter Anstieg ab.
29.07.2021 13:01
Lesezeit: 1 min

Bei den deutschen Verbraucherpreisen zeichnet sich für Juli ein sprunghafter Anstieg ab. In den sechs maßgeblichen Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen verteuerten sich Waren und Dienstleistungen zwischen 3,4 und 4,3 Prozent zum Vorjahresmonat, wie die Statistikämter am Donnerstag mitteilten. Im Juni hatte die Inflationsrate bundesweit noch bei 2,3 Prozent gelegen. Das Statistische Bundesamt will noch am Nachmittag seine erste Schätzung für ganz Deutschland veröffentlichen, die auf den Daten dieser sechs Bundesländer basiert. Von Reuters befragte Ökonomen rechnen hier mit einem Wert von 3,3 Prozent - es wäre der höchste seit 13 Jahren.

"Es zeichnet sich ein kräftiger Sprung nach oben ab, die Inflation marschiert auf die Vier-Prozent-Marke zu", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. "Hauptgrund ist der Mehrwertsteuereffekt." Bundesbankpräsident Jens Weidmann rechnet damit, dass sich die Inflationsrate zum Jahresende in Richtung fünf Prozent bewegen könnte.

Schon im ersten Halbjahr waren die deutschen Verbraucherpreise teilweise so stark gestiegen wie seit rund zehn Jahren nicht mehr, weil sich vor allem Energieprodukte wie Öl und Benzin mit der weltweiten Konjunkturerholung nach dem Corona-Einbruch verteuerten. In der zweiten Jahreshälfte gesellt sich der Mehrwertsteuereffekt hinzu: Die Bundesregierung hatte die Sätze im zweiten Halbjahr 2020 gesenkt, um Wirtschaft und Verbraucher in der Corona-Krise zu entlasten und den Konsum anzukurbeln. Nun werden die Preise mit den damals gesenkten verglichen, was sie zusätzlich nach oben treibt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt in der Währungsunion mittelfristig eine Teuerung von zwei Prozent an. Für eine Übergangszeit nimmt sie auch Überschreiten dieser Zielmarke in Kauf, um weiterhin mit viel billigem Geld die Konjunkturerholung in der Euro-Zone anschieben zu können. Die EZB hilft damit auch hoch verschuldeten Staaten wie Italien, die sich deshalb sehr günstig refinanzieren können.

Für viele Arbeitnehmer bedeutet die hohe Inflation einen realen Kaufkraftverlust. Die Löhne von Millionen Beschäftigten mit einem Tarifvertrag werden dem Tarifarchiv des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zufolge 2021 erstmals seit einem Jahrzehnt langsamer steigen als die Verbraucherpreise. Unter Berücksichtigung der im ersten Halbjahr abgeschlossenen Verträge und der in den Vorjahren für 2021 vereinbarten Erhöhungen dürften die Tariflöhne um durchschnittlich 1,6 Prozent zulegen und damit deutlich langsamer als die Preise.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...