Politik

Regierungskrise in Österreich: Opposition erhöht Druck auf Kanzler Kurz

Bislang unbestätigte Vorwürfe gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz haben in Österreich eine Regierungskrise ausgelöst. Die Oppositionsparteien verstärken den Druck.
07.10.2021 15:14
Aktualisiert: 07.10.2021 15:14
Lesezeit: 1 min
Regierungskrise in Österreich: Opposition erhöht Druck auf Kanzler Kurz
Sebastian Kurz (l), Bundeskanzler von Österreich, trifft zu einem EU-Gipfel im Kongresszentrum Brdo ein und gibt ein Interview. (Foto: dpa) Foto: Arno Melicharek

Nach Korruptionsvorwürfen gegen Österreichs Kanzler Sebastian Kurz erhöhen die mitregierenden Grünen und die Opposition den Druck auf den konservativen Regierungschef massiv. «Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund in Frage gestellt», sagte der grüne Vizekanzler Werner Kogler am Donnerstag in einer Mitteilung. Angesichts der Regierungskrise bat Bundespräsident Alexander Van der Bellen - der ebenfalls Mitglied der Grünen ist - die Chefs aller Parteien zu Gesprächen in die Präsidentschaftskanzlei.

Am Mittwoch hatten Staatsanwälte unter anderem das Bundeskanzleramt und die Parteizentrale der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) durchsucht.

Der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zufolge stehen enge Mitstreiter von Kurz im Verdacht, sich wohlmeinende Berichterstattung in einem Medienunternehmen erkauft zu haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die Parteispitze und in das Bundeskanzleramt zu ebnen. Dafür soll Geld aus dem Finanzministerium zweckentfremdet worden sein. Die Ermittler sehen in Kurz einen Beteiligten an den Verbrechen der Untreue und Bestechlichkeit. Der 35-Jährige hat alle Anschuldigungen zurückgewiesen.

Die Oppositionsparteien kündigten ein Misstrauensvotum im Parlament in den kommenden Tagen an, sollte Kurz nicht zurücktreten. «Er kann diese Funktion und dieses Amt jetzt nicht mehr ausführen, ohne dass es Schaden nimmt, ohne dass Österreich Schaden nimmt», sagte die Chefin der sozialdemokratischen SPÖ, Pamela Rendi-Wagner. Ähnlich äußerten sich die Chefs der liberalen Neos und der rechten FPÖ. Die Oppositionsparteien forderten jedoch keine Neuwahl.

Um Kurz im Parlament aus dem Amt zu wählen, bräuchte die Opposition Stimmen von den Grünen, die mit der ÖVP regieren. Der grüne Parteichef Kogler erwähnte in einer Stellungnahme diese Option zwar nicht, doch er kündigte Gespräche mit allen Parlamentsparteien an. «Wir müssen gemeinsam für Stabilität und Aufklärung sorgen und darum möchte ich parteiübergreifend das weitere Vorgehen beraten», sagte er. Eine Vizefraktionschefin der Grünen, Olga Voglauer, brachte indirekt einen Rückzug von Kurz als Schritt zur Fortführung der Regierung ins Spiel. «Wir haben eine Koalition mit der ÖVP, nicht mit Sebastian Kurz», sagte sie.

Kurz stellte in einem TV-Interview am Mittwochabend klar, dass er nicht an einen Rücktritt denke. Am Donnerstag stärkten im die Chefs der ÖVP-Organisationen aus allen neun Bundesländern den Rücken. «Wir gehen (...) davon aus, dass sich die strafrechtlich relevanten Vorwürfe als falsch herausstellen werden und auch aufklären lassen», teilten sie mit. «Gerade in der jetzigen Situation ist es jedenfalls ganz entscheidend für unser Land, dass wir weiterhin über eine stabile Bundesregierung mit Bundeskanzler Sebastian Kurz an der Spitze verfügen.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelskrieg mit Ansage: Warum Europas Vergeltung Washington teuer zu stehen kommen könnte
13.05.2025

Die EU zieht die Reißleine: Mit einem neuen Maßnahmenpaket über 95 Milliarden Euro kontert Brüssel die US-Strafzölle – und trifft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Munich Re: Milliardenschaden durch Waldbrände in Kalifornien
13.05.2025

Flammen wüten immer wieder durch Kalifornien – und hinterlassen nicht nur verkohlte Wälder, sondern auch tiefe Spuren in den Bilanzen...

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...