Wegen hoher Infektionszahlen erhöht Israels Regierung in der Corona-Krise den Druck auf zweifach Geimpfte: Von vergangenem Sonntag an sollte der sogenannte Grüne Pass, der den Zugang zum öffentlichen Leben reglementiert und ungeimpfte Bürger diskriminiert, nur noch bis zu sechs Monate nach der zweiten Impfung gelten. Nach diesem Zeitraum ist eine dritte Spritze als Auffrischung notwendig. Wegen technischer Probleme bei der Erneuerung des Grünen Passes teilte das Gesundheitsministerium allerdings am Sonntag mit, die Gültigkeit des alten Passes werde doch noch um einige Tage verlängert.
Auch wer positiv auf Corona getestet wurde, muss spätestens sechs Monate danach noch eine Impfung erhalten. Nach Zahlen des Gesundheitsministeriums könnten von der neuen Regelung mehr als eine Million Menschen betroffen sein.
Der Grüne Pass gilt in Israel für fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens: Alle Personen ab drei Jahren müssen nachweisen, dass sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind, wenn sie Sport- oder Kulturveranstaltungen, Fitnessstudios, Museen, Restaurants, Universitäten oder Konferenzen besuchen wollen. Kinder bis zwölf Jahre können kostenlos getestet werden. Ab zwölf Jahre müssen die Kosten selbst übernommen werden.
Rund 61 Prozent der rund 9,4 Millionen Einwohner sind laut Gesundheitsministerium zweifach geimpft, rund 37 Prozent dreifach. Voraussetzung für die dritte Spritze ist, dass die zweite Impfung mindestens fünf Monate zurückliegt. Israel hat Ende Juli als erstes Land weltweit damit angefangen, dritte Impfungen zu vergeben. Hintergrund der Entscheidung sind Zahlen des Gesundheitsministeriums, wonach die Effektivität der Impfung seit Anfang Juni stark nachgelassen hat.
Scharfe Kritik an der neuen Regelung kam vom israelischen Lehrerverband. Ab diesen Sonntag erhalten Lehrer ohne den Grünen Pass, die sich nicht auf das Coronavirus testen lassen wollen, Berufsverbot. Die Lehrer dürfen dann auch nicht online unterrichten und erhalten kein Gehalt. "Es geht um rund 50 Prozent der Lehrer, das sind rund 80 000", sagte Ran Eres, Vorsitzender des Lehrerverbandes.
Der Verband fordert eine zweimonatige Übergangsfrist für die Lehrer, um die dritte Impfung zu erhalten. Die Regierung habe die neuen Vorgaben zu kurzfristig mitgeteilt, kritisierte Eres. Regelmäßiges Testen sei auch nicht praktikabel für die Lehrer. Der Verband behalte sich vor, die Regelung vor Gericht anzufechten.