Deutschland

OSZE stellt Merkel schlechtes Zeugnis bei direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung aus

Die Bürger haben hierzulande kaum Möglichkeiten, auf die Gesetzgebung einzuwirken. Deutschland rutscht in einer OSZE-Rangliste ab.
19.11.2021 16:00
Lesezeit: 2 min

Die Bundesregierung bindet die breite Öffentlichkeit einer Studie der Industriestaaten-Organisation OECD zufolge zu wenig in die Entwicklung von Gesetzesentwürfen ein. Das gelte insbesondere für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie von kleinen und mittleren Unternehmen, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung hervorgeht.

Demnach hat sich die Bundesregierung in puncto Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung in der Gesetzgebung seit 2015 um acht Plätze verschlechtert und befindet sich nun auf Platz 29 von 38 untersuchten Ländern. Am besten schneiden Island, Großbritannien und die Slowakei ab.

Die Studie bemängelt insbesondere das systematische Fehlen von Prozessen zur Anhörung einer breiten Öffentlichkeit bei geplanten Gesetzen. Fast drei Viertel der OECD-Länder nutze Online-Portale, über die sie wenigstens einen Teil ihrer Vorhaben zur Diskussion stellten. „In Deutschland ist ein solches Verfahren bei Gesetzen nicht vorgesehen, selten wird es bei Verordnungen angewandt“, so die Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Befragungen von Verbänden und Expertengruppen würden seit 2018 zwar online veröffentlicht, allerdings ohne dass eine breitere Öffentlichkeit zu Kommentaren aufgerufen werde. Damit versäume es die Bundesregierung, mögliche wertvolle Beiträge von Bürgern, weniger gut vernetzten Unternehmen und Nicht-Regierungsorganisationen zu erhalten. Dabei könnte dadurch auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Arbeit der Regierung gestärkt werden.

Bei der Abschätzung möglicher Folgen eines Gesetzes sieht die OECD Deutschland im Mittelfeld. Seit 2018 sei es verpflichtend, die Folgen eines Gesetzes entlang der Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie abzuschätzen. „Doch liegt der Fokus hierzulande häufig auf den Kosten eines Gesetzesvorhabens und zu wenig auf dessen Nutzen und damit der Effizienz“, so die Organisation. Das könne dazu führen, dass Gesetzentwürfe zugunsten von weniger teuren, aber auch weniger effektiven Maßnahmen verworfen werden. Die Studie empfiehlt deshalb, die Nutzenanalyse verpflichtend zu machen.

Überdurchschnittlich gut schneidet Deutschland im Bereich der Verfahren ab, mit denen nachträglich überprüft, ob Vorschriften in der Praxis wie vorgesehen funktionieren. Auch beim Bürokratieabbau komme Deutschland voran.

Dass die Bürger unter Bundeskanzlerin Merkel aus dem politischen Entscheidungsprozess ausgestoßen werden, hatte zuletzt der Verein für Mehr Demokratie bemängelt. So habe die Bundesregierung sämtliche zu Beginn der laufenden Legislaturperiode im Jahr 2017 gegebene Versprechen, auf mehr direkte Bürgerbeteiligung hinzuwirken, gebrochen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Optimismus für europäische Banken und der Auftakt zu 2026
09.12.2025

Die Wall Street steht vor Rekorden. Analysten sehen starke Impulse für 2026, doch warnen vor Risiken. Banken glänzen, Bitcoin sorgt für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Voith: Maschinenbauer streicht 2.500 Stellen
09.12.2025

Der Maschinenbauer Voith plant in Deutschland den Abbau von bis zu 2.500 Stellen. Grund sind strukturelle Probleme wie hohe Energie- und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Feiertage killen fürs BIP: Ist das wirklich eine gute Idee?
09.12.2025

Mehr Arbeitstage, mehr Wachstum – so lautet das einfache Versprechen für 2026. Doch die Debatte über einen möglichen Wegfall eines...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exporte: USA- und China-Geschäft bricht im Oktober ein
09.12.2025

Die deutschen Exporte geraten in ihren wichtigsten Absatzmärkten ins Rutschen, und die Zahlen aus den USA und China zeichnen ein klares...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Engpässe treiben Aufwärtsrallye – warum Anleger jetzt wachsam sein müssen
09.12.2025

Der Silberpreis jagt von Rekord zu Rekord und übertrifft selbst den Hype um Gold, folgerichtig gibt es am Dienstag ein neues...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
09.12.2025

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milan Nedeljkovic BMW: Er folgt auf Oliver Zipse
09.12.2025

BMW bekommt einen neuen Chef: Milan Nedeljkovic übernimmt das Ruder von Oliver Zipse. Der Produktionsvorstand bringt Erfahrung aus fast...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie im Fokus: Allianz-Kooperation mit Oaktree – was der Syndikat-Pakt für Anleger bedeutet
09.12.2025

Ein neuer Deal in London, ein bestätigtes Top-Rating und höhere Gewinnziele treiben die Allianz-Aktie bis an das Jahreshoch. Doch hinter...