Österreich hat am Freitag einen Lockdown sowie eine Impfpflicht ab Februar beschlossen. Die Demonstranten auf dem Wiener Heldenplatz vor der Hofburg klatschten, pfiffen, trommelten und trugen österreichische Nationalflaggen oder Fahnen und Plakate mit Slogans wie "Nein zur Impfung", "Genug ist genug" und "Nieder mit der faschistischen Diktatur".
Laut Polizei nahmen rund 35.000 Menschen an Demonstrationen. Der Protestzug legte am Samstagnachmittag weite Teile des Verkehrs in der Wiener Innenstadt lahm. «Die Stimmung ist aufgeheizt», sagte ein Polizeisprecher. Es sei zu mehreren Festnahmen gekommen. Einige Teilnehmer warfen nach Beobachtungen von Medien Flaschen auf die Polizisten.
Die Teilnehmer kritisierten die am Montag in Kraft tretenden Ausgangsbeschränkungen sowie die ab 2022 geltende Corona-Impflicht als Zwangsmaßnahmen. Immer wieder wurde «Freiheit» skandiert. Viele Demonstranten trugen keine FFP2-Masken und verstießen damit gegen die Auflagen. Die Polizei war mit 1300 Beamten im Einsatz.
Zu den Protesten hatte unter anderem die rechte FPÖ aufgerufen. Deren selbst an Corona erkrankte Chef Herbert Kickl meldete sich mit einer Videobotschaft zu Wort. Darin rief er zu einem möglichst breiten Widerstand auf. Schon zuvor hatte er die Strategie der Regierung scharf kritisiert und von einer «Diktatur» in Österreich gesprochen.
Unter die Demonstranten mischten sich nach Informationen der österreichischen Nachrichtenagentur APA auch bekannte Neonazis und weitere Personen aus dem rechtsextremen Umfeld.
Die österreichische Regierung hatte wegen der massiven vierten Corona-Welle einen Lockdown für alle ab Montag angekündigt. Während die Ausgangsbeschränkungen für Geimpfte und Genesene am 13. Dezember enden sollen, ist der Lockdown für Ungeimpfte unbefristet. Außerdem wird Österreich als erstes Land in der EU im Februar 2022 eine Corona-Impfpflicht einführen.
In Österreich sind rund 66 Prozent der Bevölkerung gegen das Coronavirus "geimpft", das ist eine der niedrigsten Quoten in Westeuropa. "Trotz monatelanger Überzeugungsarbeit ist es uns nicht gelungen, genug Menschen zu überzeugen, sich impfen zu lassen", hatte Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am Freitag die schärferen Maßnahmen erklärt. Allerdings hat die Bereitschaft zur Corona-Injektion hat in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen. Die Impfzahlen haben sich gegenüber dem Sommer vervierfacht.
Doch die Zahl der Neuansteckungen klettert unaufhaltsam. Am Samstag wurde in Österreich erneut mehr als 15.000 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gezählt. Unter Berücksichtigung der Zahl der Einwohner ist der Wert fast dreimal so hoch wie in Deutschland. Die Lage in den Kliniken blieb allerdings zumindest binnen Tagesfrist weitgehend stabil.
Angesichts der baldigen Ausgangsbeschränkungen nutzten viele Menschen am Samstag noch einmal die Chance zum Einkaufen. Die Innenstädte und die Shopping-Center waren gut besucht. Ab 22. November dürfen die Menschen in Österreich nur mehr aus triftigen Gründen ihr Zuhause verlassen. Alle Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie die Lokale schließen. Es ist bereits der vierte Lockdown in Österreich.