Politik

Victoria Nuland gegen Russland: „Putin will Sowjetunion wiederherstellen“

Lesezeit: 3 min
06.01.2022 10:23  Aktualisiert: 06.01.2022 10:23
Die umstrittene US-amerikanische Top-Diplomatin Victoria Nuland sagt, dass Putin offenbar die Errichtung einer neuen Sowjetunion plane. Doch ihm werde es nicht gelingen, die Grenzen Europas zu verändern.
Victoria Nuland gegen Russland: „Putin will Sowjetunion wiederherstellen“
US-Unterstaatssekretärin Victoria Nuland. (Foto: dpa)
Foto: Sergey Dolzhenko

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Im Dezember 2021 sagte US-Unterstaatssekretärin Victoria Nuland im Rahmen einer Anhörung vor dem US-Senatsausschuss für Auswärtige Angelegenheiten aus. Dabei machte aus ihrer Abneigung gegenüber Russlands Präsident Waldimir Putin und Russland keinen Hehl.

Zur Information: Nulands Vorfahren, die den Nachnamen „Nudelman“ trugen, wanderten zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus der Region Bessarabien (Stadt Novoselitsa) aufgrund von blutigen Pogromen aus. Damals gehörte Bessarabien zu Russland. Heute gehört Novoselitsa zur Ukraine. Sie spricht perfekt russisch und chinesisch.

Bei der Anhörung im Dezember 2021 sagte sie:

„Putin wird es nicht gelingen, die Landkarte Europas neu zu zeichnen. Darüber sollten die Europäer nachdenken. Ihm wird es nicht gelingen, die Menschen einer unabhängigen Nation zum Gehorsam zu drängen. Er kann den Lauf der Dinge in Russland diktieren, aber nicht in der Ukraine. Die Ukrainer werden das nicht zulassen und wir auch nicht (…) Offenbar will Putin die Sowjetunion wiederherstellen, Einfluss aufbauen und Russlands Grenzen erweitern (…) Unsere europäischen Partner teilen unseren Alarm, sie sind bereit zu agieren. Und seien sie dazu gezwungen, würden sie sich solidarisch mit der Ukraine und sich gegen die Aggression des Kremls zeigen (…) Es ist keine Zeit für Halbmaßnahmen. Wenn Putin beschließt zu handeln, wenn er in die Ukraine eindringt, wird die Antwort schnell und eindeutig sein.“

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow reagierte gelassen auf Nulands Aussagen. Er sagte: „Frau Nuland kennt sich in der russischen Agenda und allen Nuancen des postsowjetischen Raums bestens aus, und ich bin überzeugt, dass sie genau wie wir und andere Experten versteht, dass die Wiederherstellung der Sowjetunion unmöglich ist.“

Nuland hat eine tiefe Abneigung gegenüber Putin und Russland

Im Jahr 2020 veröffentlichte Victoria Nuland, die Joe Biden als Staatssekretärin für politische Angelegenheiten ins US-Außenministerium holen möchte (HIER), in dem Journal „Foreign Affairs“ einen Artikel mit dem Titel: „Putin festnageln – Wie ein selbstbewusstes Amerika mit Russland umgehen sollte“.

Nuland schreibt: „Nur wenige Nationen rufen unter amerikanischen Politikern und Analysten einen solchen Fatalismus hervor wie Wladimir Putin. Für einige ist das Land ein (...) Paria-Staat, der nur auf harte Bestrafung und Eindämmung reagiert. Andere sehen eine Ungerecht behandelte und wiederauflebende Großmacht, die mehr Einbindung verdient. Die Perspektiven variieren je nach Tag, Thema und politischer Partei (…) Aber das heutige Russland ist weder monolithisch noch unveränderlich. Innerhalb des Landes bringen niedrige Ölpreise, die Coronavirus-Pandemie und das wachsende Unwohlsein der Russen neue Kosten und Risiken für den Kreml mit sich.“

Die USA und ihre Verbündeten hätten Russland in zahlreichen Bereichen der Außenpolitik gewähren lassen. Nuland wörtlich: „Die Herausforderung für die USA im Jahr 2021 wird darin bestehen, die Demokratien der Welt bei der Entwicklung eines effektiveren Ansatzes gegen Russland zu führen - einem Ansatz, der auf den Stärken der Demokratien aufbaut und Putin dort belastet, wo er verwundbar ist, einschließlich unter seinen eigenen Bürgern. Moskau sollte auch sehen, dass Washington und seine Verbündeten konkrete Schritte unternehmen, um ihre Sicherheit zu stärken und die Kosten für russische Konfrontation und Militarisierung zu erhöhen. Dazu gehören die Aufrechterhaltung robuster Verteidigungsbudgets, die weitere Modernisierung der US-amerikanischen und alliierten Atomwaffensysteme sowie der Einsatz neuer konventioneller Raketen und Raketenabwehrsysteme (…) und die Errichtung dauerhafter Stützpunkte entlang der Ostgrenze der NATO und eine Erhöhung des Tempos und der Sichtbarkeit gemeinsamer Trainingsübungen.“

Putin habe in den vergangenen 20 Jahren nahezu jedes demokratische Bestreben in der Welt vereitelt. Dazu würden „das erfolgreiche Streben des Kosovo nach Unabhängigkeit im Jahr 2008, die Proteste, die den syrischen Bürgerkrieg 2011 auslösten, die Proteste auf dem Bolotnaja-Platz in Moskau in den Jahren 2011-12 und den Maidan-Aufstand in Ukraine im Jahr 2014“ gehören.

„Lange hat das funktioniert. Russlands Eroberungen in der Ukraine und in Syrien waren zu Hause sehr beliebt und lenkten die Aufmerksamkeit von seinen internen Problemen ab. Mit diesen Erfolgen wuchs Putins geopolitischer Appetit. Er kam zu der Überzeugung, dass demokratische Staaten schwach seien und dass Russland ihre politischen Systeme und den sozialen Zusammenhalt von innen heraus angreifen könne“, meint Nuland.

Im Jahr 2015 sagte sie vor dem US-Kongress: „Putin will die Länder der ehemaligen Sowjetunion unter seine politische und ökonomische Kontrolle bekommen“. Die USA hätten daher ihre Führungsrolle in Europa wahrzunehmen.

Nulands Rolle in der Ukraine im Jahr 2014

In einem Telefonat, dass die Russen abgefangen hatten, hatte Nuland auf die Bedenken des US-Botschafters in Kiew, Geoffrey Pyatt, man möge die EU in die Entscheidung einbeziehen, gesagt: „Fuck the EU“. Sie hatte als Drahtzieherin des Regime Change in der Ukraine fungiert, und damals sogar festgelegt, dass Arseni Jazenjuk neuer Premier wird („Yaz ist the guy!“).

Der frühere Vizepräsident des BND, Rudolf Adam kommentiert das Gespräch überraschend offenherzig im Magazin Cicero: „Sie besprachen Szenarien, wie man Entwicklungen gezielt beeinflussen könnte. Sie redeten wie konspirierende Mafiabosse, die in verrauchten Hinterzimmern einen neuen Markt aufteilen (...) Dass Berufsdiplomaten über ein anderes Land sprechen wie Statthalter über eine Provinz, dass in einer kritischen Phase der Neufindung die USA den Prozess einer Regierungsneubildung und neuer Partei-Allianzen massiv beeinflussen, schien keiner Empörung wert.“

Adam: „Der russische Vorwurf, die ganze Euro-Maidan-Bewegung sei vom Ausland ausgelöst, gelenkt und finanziert worden, ist übertrieben. Sicher ist jedoch, dass die USA keineswegs neutrale Beobachter waren, sondern durch organisatorische Unterstützung, taktische Beratung und logistischer Hilfe dazu beigetragen haben, die Maidan-Demonstration zu der revolutionären Bewegung zu machen, die zum Sturz von Janukowitsch führte.“


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