Wirtschaft

Wie China sich Afghanistans umfangreiche Bodenschätze sichert

China will sich Afghanistans Bodenschätze sichern. Derzeit verhandelt man mit den Taliban über den Abbau eines der weltgrößten unerschlossenen Kupfervorkommen.
14.03.2022 14:27
Lesezeit: 4 min

Nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan zeigt China verstärktes Interesse an den riesigen Bodenschätze des Landes. Man konzentriert sich dabei auf das Gebiet um Mes Aynak in der Provinz Logar, zwei Autostunden südlich von der Hauptstadt Kabul. Dort liegt eines der größten unerschlossenen Kupfervorkommen der Welt.

China verhandelt derzeit mit den Taliban-Behörden über die Aufnahme von Bergbauarbeiten in dem Gebiet, wie Beamte beider Seiten erklärten. Peking führt auch Gespräche über die Erschließung von Öl- und Gasvorkommen im Becken des Flusses Amu Darya im Norden des Landes. Beide Projekte lagen wegen des Krieges jahrelang auf Eis, der mit der Machtübernahme durch die Taliban im August geendet hat.

Dutzende chinesischer Bergbauunternehmen sind in den letzten Wochen in Kabul aufgetaucht, um sich um Aufträge für andere Minen zu bemühen. Peking hat in den letzten Jahren erfolgreich Beziehungen zu den Taliban aufgebaut. So hielt auch die chinesische Botschaft in Kabul den Betrieb aufrecht, während westliche Vertretungen vor der Machtübernahme der Taliban flohen.

Doch nicht nur China, sondern auch der Iran bemüht sich, das von den USA hinterlassene Vakuum zu nutzen. Wie Peking pflegt auch Teheran gute Beziehungen zu den Taliban. So führt der Iran derzeit Gespräche mit den neuen Machthabern in Kabul, um sich ein riesiges Eisenerzvorkommen im afghanischen Westen zu sichern.

Afghanistan mag eines der ärmsten Länder der Welt sein, aber seine gebirgige Geologie birgt enorme Reichtümer. Neben Gold, Edelsteinen, Kohle, Öl und Gas finden sich hier auch Lithium und Seltene Erden. Vor zehn Jahren schätzten amerikanische Experten den Wert der afghanischen Bodenschätze auf 1 Billion Dollar.

Obwohl die USA Zehntausende Soldaten dorthin entsandten und Hunderte von Milliarden Dollar ausgaben, waren sie nie in der Lage, die Bodenschätze zu erschließen. Geschickter geht nun China vor, das bereits den größten Teil der weltweiten Seltenen Erden kontrolliert, die für die Herstellung zahlreicher Technologien verwendet werden, darunter Komponenten für E-Autos und Touchscreens.

"Die anderen Länder der Welt haben ihre Minen abgebaut und sie für die Entwicklung ihrer Länder genutzt, während wir 43 Jahre lang Krieg hatten und unsere Ressourcen daher ungenutzt blieben", zitiert das Wall Street Journal den neuen afghanischen Minister für Mineralien und Erdöl, Shahabuddin Dilawar, der ausdrücklich US-Bergbauunternehmen wegen ihrer größeren Expertise bevorzugen würde.

Da sich die Rohstoffe in einem Aufwärtszyklus befinden und der Krieg beendet ist, könnte die Zeit für den Bergbau in Afghanistan reif sein. Neal Rigby, der früher das Pentagon und Afghanistan in Bezug auf den Bergbau im Land beraten hat, betont den weltweiten Mangel an Kupfer. "Wenn man sich in der Welt umschaut, ist alles bis zum Äußersten erforscht. Aber Afghanistan ist weit offen."

Der Bergbau könnte die beste Chance für die Taliban im Kampf gegen den wirtschaftlichen Zusammenbruch sein. Die neue Regierung, die von internationaler Hilfe abgeschnitten wurde, muss schnell Einnahmen generieren und Arbeitsplätze für die hungernde Bevölkerung schaffen. Für westliche Unternehmen sind die anhaltenden Sanktionen gegen die Taliban ein Risiko.

Der Bergbauberater Rigby sagte, das Gebiet Mes Aynak verfüge über höchstwertiges Kupfer, weshalb China es unbedingt haben wolle, um es nach Hause zu verschiffen und mit seinem eigenen, weniger hochwertigen Kupfer zu mischen. Und wahrscheinlich gebe noch mehr solcher Vorkommen in dem vermuteten Kupfergürtel in Zentralafghanistan.

Der Abbau des Kupfers könnte sich jedoch schwierig gestalten. Denn es liegt unter den Ruinen der riesigen etwa 2.000 Jahre alten Stadt Mes Aynak, die vor dem Aufkommen des Islam ein großer Außenposten einer buddhistischen Zivilisation war. Mes Aynak hatte seine Blütezeit zwischen dem ersten und dem siebten Jahrhundert. Es gibt buddhistische Klöster, Stupas, Friedhöfe und Wandmalereien.

Afganistans Bergbauminister Shahabuddin Dilawar will die Altertümer schützen, die Behörden hätten aber noch nicht entschieden, wie. Er würde es vorziehen, die gesamte Stadt an einen nahe gelegenen Ort zu verlegen und dort zu rekonstruieren. Viele wertvolle Artefakte sind bereits in das Kabuler Museum gebracht worden.

Laut Noor Agha Noori, der in Afghanistan bis zur Machtübernahme durch die Taliban als Direktor für Archäologie tätig war, ist die Ausgrabung der Stätte nach einem Jahrzehnt Arbeit zu etwa 70 Prozent abgeschlossen. Wenn die Chinesen das Kupfer unterirdisch durch Tunnel abbauen und die Ruinen an ihrem Ort verbleiben, so wären noch drei Jahre archäologische Ausgrabungen erforderlich, bis der Abbau beginnen kann.

Wenn die Chinesen hingegen einen Tagebau planen, bei dem der gesamte Berg abgetragen wird, wären sieben bis zehn Jahre erforderlich, um die antiken Überreste zu dokumentieren und abzutransportieren. In diesem Szenario wäre mehr als die Hälfte der Altertümer verloren und die archäologische Integrität der Stätte nicht mehr gegeben, da es nicht möglich ist, alles umzulagern, sagt Noor Agha Noori.

In dem an den Berg angrenzenden Tal, wo keine antiken Ruinen liegen, wird ebenfalls Kupfer abgebaut. Die staatliche chinesische Bergbaugesellschaft Metallurgical Corp. of China hatte 2007 von der US-treuen Regierung in Kabul den Zuschlag für Mes Aynak erhalten. In der Folge wurde der Abbau aufgrund der entdeckten Altertümer, wegen des Krieges und der Konflikte mit der afghanischen Regierung nie begonnen.

Der neue Bergbauminister sagt, dass der Vertrag China zum Bau eines Kraftwerks verpflichtet, das neben dem Standort auch die Umgebung und Kabul mit Energie versorgen soll, sowie zur Verarbeitung des Kupfers in Afghanistan, zum Bau einer Eisenbahnlinie zur pakistanischen Grenze bei Torkham, zur Übergabe der Altertümer und zum Kauf von Land von den Dorfbewohnern.

Das chinesische Unternehmen habe versucht, sich von all diesen Verpflichtungen zu lösen, sagte er. "Wir wollen, dass sie zu ihren Verpflichtungen stehen. Wir stehen auch zu unseren Verpflichtungen", so Dilawar weiter. "Wir haben zwei Projekte an die Chinesen vergeben, und wir werden ihnen vielleicht kein drittes geben, bevor wir nicht sehen, was bei diesen beiden Projekten tatsächlich passiert."

Der chinesische Botschafter in Kabul, Wang Yu, bestätigte, dass Gespräche über die Kupfermine Mes Aynak und das Öl- und Gasprojekt Amu Darya im Norden geführt werden. Er sagte jedoch, dass bessere Bedingungen erforderlich seien, damit sich die Investition für die Chinesen lohnt. "Es ist sehr wichtig, dass beide Parteien eine angemessene Rendite erzielen", sagte Wang dem Wall Street Journal.

Die staatliche China National Petroleum Corp. hat die drei Explorationsblöcke im Amu-Darja-Becken, die ihr 2011 von der afghanischen Regierung zugesprochen wurden, nie erschlossen. Das Becken, das sich im benachbarten Turkmenistan befindet, ist die ergiebigste Kohlenwasserstoffressource in Zentralasien und eine tragende Säule der turkmenischen Wirtschaft.

Beim afghanischen Bergbauministerium tauchen regelmäßig ausländische Geschäftsleute auf. Man habe Verträge über einige neue kleine Minen unterzeichnet, sagt Minister Shahabuddin Dilawar. Und die Unternehmer wollten auch über den Abbau von Lithium- und Seltenen Erden sprechen, diese würde aber noch nicht ausgeschrieben.

Den möglichen Grund nennt Alan Dowd, Senior Fellow am Fraser Institute, einer kanadischen Denkfabrik: "Angesichts von Chinas Würgegriff auf dem Weltmarkt für Seltene Erden - und des Engagements des Westens in Afghanistan - erscheint es sowohl unklug als auch unfair, China zu erlauben, in das Land zu spazieren und Afghanistans Reichtümer an Seltenen Erden abzubauen."

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