Politik

„Kadyrovtsy“: Das ist die Tschetschenen-Garde Russlands in der Ukraine

In der Ukraine kommt auch eine kleine Gruppe pro-russischer Tschetschenen zum Einsatz. Die Kämpfer gelten als Spezialisten im Häuserkampf.
18.03.2022 12:03
Aktualisiert: 18.03.2022 12:03
Lesezeit: 3 min
„Kadyrovtsy“: Das ist die Tschetschenen-Garde Russlands in der Ukraine
Tschetschenische Kämpfer in der Ukraine. (Screenshot)

In der Ukraine sind das 141. motorisierte Spezialregiment „Sever“ (Nord) (kommandiert von Magomed Tushaev, der angeblich getötet wurde); das Bataillon „Yug“ (Süd) (unter dem Kommando von Khusein Mezhidov) und die OMON-Einheit (Bereitschaftspolizei) „Akhmat-Grozny“ (kommandiert von Azor Bisaev) im Einsatz.

Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrov bestätigt, dass mehr als 10.000 tschetschenische Soldaten aktiv an Russlands Invasion in der Ukraine teilnehmen. Berichten zufolge hat ein Netzwerk kremlfreundlicher Telegram-Gruppen erklärt, dass zwischen 10.000 und 70.000 tschetschenische Kämpfer – die Kadyrov als „Freiwillige“ bezeichnet hat – sich darauf vorbereitet, in die Ukraine abzureisen, um Moskaus Hauptstreitkräfte zu verstärken. Die tschetschenischen Kämpfer sind sehr erfahren im Häuserkampf, ein Aspekt, der den russischen Truppen helfen könnte, die Hauptstadt sowie andere wichtige Orte des Landes einzunehmen. Wenn von tschetschenischen Kämpfern die Rede ist, bezieht sich diese Bezeichnung ausschließlich auf die „Kadyrovtsy“.

Das pro-russische nordkaukasische Bataillon, bekannt als „Kadyrovtsy“ – ist Kadyrovs private Miliz und Teil der russischen National-Garde. Die „Kadyrovtsy“ begannen als tschetschenische Separatistengruppe, angeführt von Kadyrovs Vater Akhmad Kadyrov, der während und nach dem Ersten Tschetschenienkrieg in den 1990er Jahren als oberster Mufti der tschetschenischen Republik Itschkeria diente. Der Konflikt folgte dem Scheitern der russischen und tschetschenischen Elite, eine Einigung über den Status Tschetscheniens innerhalb der Russischen Föderation zu erzielen.

Nach Akhmad Kadyrovs Ermordung im Jahr 2004 übernahm Ramzan Kadyrov die Führung. Er verwandelte eine beträchtliche Anzahl tschetschenischer Kämpfer in Mitglieder seines treuen Gefolges, der „Kadyrovtsy“, und erwarb einzigartige Privilegien innerhalb der russischen Regierungsklasse als muslimischer starker Mann Tschetscheniens, während er die Region befriedete und die politische Ordnung aufrechterhielt. Moskau gewährte Kadyrov große autonome Macht, während die „Kadyrovtsy“-Einheit mit Putins Zustimmung zur wichtigsten Sicherheitskraft der Republik wurde. Sie operieren außerhalb der normalen militärischen Kommandostruktur Russlands und übernehmen gleichzeitig die föderierte Kontrolle auf lokaler Ebene.

Die „Kadyrovtsy“ arbeiten mit Clan-basierter Rekrutierung im Dienst des russischen Staates und des Clans, der sie kontrolliert. Die Operationen des Kreml zur Aufstandsbekämpfung und Terrorismusbekämpfung gegen die Aufständischen im Kaukasus wurden an die „Kadyrowzy“ ausgelagert. Dort konnten die „Kadyrovtsy“ große militärische Erfolge gegen religiös-extremistische Gruppen erzielen. Moskau beauftragte die „Kadyrovtsy“ auch damit, für zusätzliche Sicherheit bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Russland zu sorgen und die Zusammenarbeit zwischen dem Kreml und den chinesischen Streitkräften in der Autonomen Region Xinjiang der Uiguren bei der Terrorismusbekämpfung zu unterstützen.

In den ukrainischen Städten dürfte es bald zu einer direkten Konfrontation zwischen dem ukrainisch-nationalistischen „Bataillon Azov“, das von der Nato sehr gut ausgebildet wurde, und den „Kadyrovtsy“ kommen.

Die Nationalgarde der Ukraine, die der Regierung untersteht, hat auf ihrem Twitter-Account ein Video geteilt, das Azov-Kämpfer zu zeigt, die Kugeln mit Schweinefett einschmieren, angeblich um gegen muslimische Tschetschenen, die für Putin kämpfen, eingesetzt zu werden. Der Azov-Kämpfer sagt in dem Video: „Liebe muslimische Brüder. In unserem Land kommt Ihr nicht in den Himmel. Ihr werdet nicht in den Himmel gelassen. Geht nach Hause, bitte. Hier werdet Ihr auf Schwierigkeiten stoßen. Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit, auf Wiedersehen.“

Vice News“ berichtet: „Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine sogenannte ,militärische Sonderoperation‘ mit der Absicht begründet, die Ukraine ,zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren‘ . Kadyrov, der tschetschenische Führer, wiederholte auch Putins Charakterisierung der ukrainischen Streitkräfte als ,Nazis‘.“ Mit dem provokativen Twitter-Video dürfte das ukrainische Militär den Unterstellungen Putins und Kadyrovs Vorschub geleistet haben, was ein Hinweis dafür ist, dass die Ukrainer im Bereich der psychologischen Kriegsführung und professionellen Desinformations-Politik große Amateure sind.

Unklar bleibt, welches Bataillon sich schlussendlich militärisch durchsetzen wird. Militäranalysten dürften den Schlagabtausch zwischen den ukrainischen Nationalisten und den Tschetschenen mit Ungeduld erwarten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU will Greenwashing-Kontrollen kippen – auf Druck der Rechten?
24.06.2025

In Brüssel tobt ein erbitterter Machtkampf: Das geplante Gesetz gegen Greenwashing droht am Widerstand konservativer und rechter Kräfte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Batteriemarkt in der Krise: Rückgang bei E-Autos trifft deutsche Industrie hart
24.06.2025

Der deutsche Batteriemarkt ist 2024 erstmals seit Jahren massiv eingebrochen – eine direkte Folge der schwachen Nachfrage nach E-Autos....

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-News: Waffenstillstand im Nahen Osten drückt auf den Gold-Kurs
24.06.2025

Der Goldpreis gerät nach einer überraschenden geopolitischen Entspannung stark unter Druck. Anleger reagieren nervös, Märkte...

DWN
Politik
Politik Rumänien Wahlen: Pro-europäische Allianz gegen Rechts– doch der Reformweg wird steinig
24.06.2025

In Rumänien ist eine neue Regierung der politischen Mitte vereidigt worden – ein klares Zeichen gegen den wachsenden Einfluss...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Northvolt-Insolvenz: Staatliche Förderung im Fokus des Haushaltsausschusses
24.06.2025

Die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt hat nun auch politische Konsequenzen auf Bundesebene: Am Mittwoch befasst sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Homeoffice im Ausland: Was erlaubt ist – und was nicht
24.06.2025

Homeoffice im Ausland klingt verlockend: Laptop auf, WLAN an, Meeresblick inklusive. Doch die rechtlichen Fallstricke sind zahlreich –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo Studie: Unternehmensstimmung klettert auf Jahreshoch
24.06.2025

Die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland hellt sich weiter auf. Das Ifo-Geschäftsklima – das wichtigste Konjunkturbarometer der...

DWN
Politik
Politik Schlupflöcher für Putin: EU-Plan gegen russisches Gas unter Beschuss
24.06.2025

Die EU will russisches Gas bis 2027 verbieten. Doch geheime Schlupflöcher könnten Moskau weiter Milliarden sichern – und Europas...