Politik

Auch Bulgarien will sich vorerst nicht an Ölembargo beteiligen

Lesezeit: 2 min
05.05.2022 14:50  Aktualisiert: 05.05.2022 14:50
Nach Ungarn, der Tschechei und der Slowakei will sich auch Bulgarien nicht am von der EU geplanten Öl-Embargo gegen Russland beteiligen.
Auch Bulgarien will sich vorerst nicht an Ölembargo beteiligen
Kiril Petkow (r), Premierminister von Bulgarien, und Nicolae Ciuca, Premierminister von Rumänien, reden bei einem Treffen miteinander. Petkow ist zu Besuch in Rumänien. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach Ungarn, der Slowakei und Tschechien fordert nun auch Bulgarien eine Ausnahme bei dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Öl-Embargo gegen Russland. "Mit Sicherheit werden wir bei der EU-Kommission auf einen Aufschub bestehen", sagte der bulgarische Energieminister Alexandar Nikolow am Donnerstag. Sein Land werde dies in der kommenden Woche einbringen, sagte Nikolow nach einem Treffen von Energieministern aus Südosteuropa sowie der Ukraine und von Aserbaidschan.

Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erörterten Vertreter und Minister aus Rumänien, Griechenland, der Türkei, Nordmazedonien, Serbien, der Ukraine, Bulgarien sowie Aserbaidschan die Zusammenarbeit bei der Energiesicherheit und die Diversifizierung in diesem Bereich. Ziel sei es, eine regionale Arbeitsgruppe als Teil der EU-Plattform für den Energieeinkauf zu schaffen. "Wir sehen, wie die Energiewirtschaft als Waffe missbraucht wird", sagte Bulgariens Regierungschef Kiril Petkow.

Trotz der von der EU-Kommission geplanten Sonderfristen kommt damit weiter Widerstand aus Osteuropa: "Wir sehen keine Pläne oder Garantien, wie der Übergang mit den jetzigen Vorschlägen erreicht werden kann und wie Ungarns Energie-Sicherheit gewährleistet werden kann", sagte ein ungarischer Regierungssprecher. Ungarn mit Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich generell bislang gegen Energie-Embargos gewandt. Die Slowakei, die nahezu ihr gesamtes Öl aus Russland bezieht, verlangte eine längere Übergangszeit. "Wir unterstützen die Sanktion, aber wir brauchen eine Übergangszeit bis wir uns an die Lage anpassen können", sagte Wirtschaftsminister Richard Sulik. Er halte drei Jahre für angemessen. Tschechien und Bulgarien äußerten sich ähnlich.

EU will Öl-Embargo bis Ende des Jahres

Nach dem Import-Verbot für Kohle treibt die EU-Kommission nun ein Aus für die Öl-Einfuhren aus Russland bis Jahresende voran. Mit einer Übergangsfrist von sechs Monaten sollten Importe von russischem Rohöl gestoppt werden, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Europäischen Parlament in Straßburg. Bis Jahresende soll das Embargo zudem alle raffinierten Öl-Produkte umfassen. Die 27 Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag der Kommission noch zustimmen. EU-Kreisen zufolge sollen Ungarn und die Slowakei durch eine Ausnahmeregelung Öl bis Ende 2023 beziehen können. Die beiden Länder und weitere aus Osteuropa äußerten sich dennoch skeptisch. Das sechste EU-Sanktionspaket nimmt ferner die russische Sberbank ins Visier. Mit Sanktionen belegt werden zudem mutmaßliche Verantwortliche für Morde an Zivilisten in der Ukraine.

Um ein Öl-Embargo wurde seit Wochen intensiv gerungen. Experten-Schätzungen zufolge haben die EU-Länder seit Kriegsbeginn Russland etwa 20 Milliarden Euro für Öl überwiesen. Deutschland hatte nach anfänglicher Skepsis seinen Widerstand aufgegeben und es unterstützt. Hintergrund ist, dass die Abhängigkeit von russischen Importen schneller als vermutet von einst 35 Prozent gesunken ist. Wirtschaftsminister Robert Habeck zufolge sind es derzeit noch etwa zwölf Prozent, die im Wesentlichen auf die Raffinerie Schwedt an der Oder entfallen, die vom russischen Rosneft-Konzern kontrolliert wird.

Preise könnten steigen

Habeck sagte nach einem Kabinettstreffen, die Übergangsfrist sei lang genug, um Alternativen bei den Lieferungen zu finden. Dennoch könne es Probleme geben, sagte er mit Blick auf Ostdeutschland: "Wir können natürlich nicht in der Situation garantieren, dass es nicht stockend wird, vor allem regional stocken wird." Tendenziell könnten auch die Preise steigen, man könne hier aber nur spekulieren.

Lesen Sie dazu: Energiewende und Geopolitik: Habeck bereitet die Deutschen auf weitere Wohlstandsverluste vor

Nach der Ankündigung des - weitgehend erwarteten - Embargos, stieg der Öl-Preis bis zum Nachmittag um gut drei Prozent auf über 110 Dollar je Barrel. In den vergangenen Tagen war er eher mäßig geklettert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärte, die Belastungen der Wirtschaft würden weiter steigen, man stehe jedoch hinter dem EU-Vorstoß: "Russisches Öl lässt sich auf dem Weltmarkt kurzfristig ersetzen, allerdings verbunden mit zusätzlichen Kosten und logistischen Herausforderungen", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. "Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Übergangsfristen sind der richtige Weg."

Der Vize-Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im russischen Oberhaus, Wladimir Dzhabarow, warf der EU eine Täuschung vor. Die Staaten würden weiter über Dritt-Länder russisches Öl beziehen, sagte er der Agentur RIA.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...