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Ratgeber: Wann lohnt sich ein Wechsel der privaten Krankenversicherung?

Lesezeit: 6 min
11.05.2022 11:03  Aktualisiert: 11.05.2022 11:03
Viele Privatversicherte kennen die Problematik mit stets steigenden Beiträgen in ihrer Krankenversicherung und ärgern sich über die vergleichsweisen hohen Kosten gegenüber anderen Versicherten, die trotz einer privaten Krankenversicherung finanziell besser dastehen.
Ratgeber: Wann lohnt sich ein Wechsel der privaten Krankenversicherung?
Foto: Oliver Berg

Auch ist die Übernahme der Behandlungskosten oftmals mit jeder Menge Aufwand und gegebenenfalls mit juristischen Mitteln durchsetzbar, was ebenfalls zu Unmut und Ärger bei den Versicherten führt. Daher stellt sich immer wieder die Frage, ob ein Wechsel von der eigenen privaten Krankenversicherung in eine andere sinnvoll ist bzw. sich ein solcher Wechsel lohnt.

Bevor man sich überhastet mit dem Thema auseinandersetzt, einige Punkte vorab.

Steigende Mitgliedsbeiträge sind verständlicherweise der Auslöser für einen großen Unmut. Bevor jedoch jetzt der Wechsel in eine andere private Krankenversicherung als ultima ratio gesehen und vollzogen wird, ist es ratsam, einmal zu schauen, ob nicht ein Tarifwechsel beim bisherigen Versicherer nicht schon die gewünschte Ersparnis bringen kann. Hintergrund für diese Maßnahme ist die Tatsache, dass bei einem Versicherungswechsel in eine andere private Krankenversicherung gegebenenfalls die für das Alter später einmal gebildeten Rücklagen zum Teil aber auch in Gänze verloren gehen können.

Die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Wechsels ist erst nach Prüfung mehrerer verschiedener Punkte zu beantworten. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die künftige Entwicklung der Beiträge nur schwer bis gar nicht voraussagen lässt, so dass ein jetziger Wechsel zunächst durchaus lukrativ ist, in einigen Jahren jedoch nicht mehr.

Durchaus kann es passieren, dass die Beiträge in der privaten Krankenversicherung Jahr für Jahr steigen und die damit verbundenen Kosten nicht unbedingt Kleinigkeiten darstellen. Zudem ist die Übernahme der jeweiligen Behandlungskosten auch immer wieder ein Ärgernis, da die Versicherungen diese Übernahme in gewissen Fällen auch ablehnen können. Wenn nun diese Voraussetzungen gegeben sind und im schlimmsten Fall kombiniert auftreten, stellt sich häufig die zu Beginn erwähnte Frage.

Allerdings sollte beachtet werden, dass ein Wechsel in eine andere private Krankenversicherung nicht nur Vorteile mit sich bringen kann, auch wenn diese im ersten Augenblick überwiegen. Daher ist es besser, vor einem Wechsel einmal nach Alternativen zu suchen.

Für wen lohnt sich ein Wechsel?

Grundsätzlich gilt, dass zunächst eine Abwägung aller Vor- und Nachteile erfolgen sollte, bevor der Schluss gezogen wird, den Anbieter der privaten Krankenversicherung zu wechseln.

Für junge Leute, die finanziell gut ausgestattet sind, lohnt sich die Analyse des Marktes, wenn das Versicherungsunternehmen hinter seinen Erwartungen zurückbleibt. Der Wechsel zu einem anderen Anbieter kann hier durchaus sinnvoll sein und den einen oder anderen Vorteil mit sich bringen.

Ähnlich ist es für Personen bestellt, die sich in einem für sie negativ bewerteten Tarif befinden und dessen Vertragslaufzeit noch nicht allzu lange beträgt. Auch hier ist es möglich, dass sich ein Anbieterwechsel deutlich bemerkbar macht.

Wer jedoch aufgrund eines geringen Einkommens oder Rente seinen Beitrag reduzieren muss, hat Schwierigkeiten, einen Versicherungswechsel machen zu können. Grund hierfür ist, dass bei einem Anbieterwechsel die bereits entstandenen Rückstellungen wegfallen. Als mögliche Alternative käme hier ein Tarifwechsel bei dem bisherigen Anbieter in Betracht.

Ebenfalls negative Auswirkungen hat ein Wechsel bei Personen mit Vorerkrankungen. Neben den bereits genannten Nachteilen können hier noch diverse Risikozuschläge und gegebenenfalls auch noch Leistungsausschlüsse wegen der bestehenden Erkrankung folgen.

Auf jedem Fall sollte man wissen, dass zumindest ein Teil oder auch die Gesamtheit der bereits erzielten Alterungsrückstellungen bei dem jetzigen Anbieter verbleiben und man diese bei einem Versicherungswechsel erst wieder aufbauen muss. Aber warum ist das so? Die Versicherten zahlen zu Beginn bzw. in jungen Jahren ihren Beitrag an die Krankenversicherung. Dieser ist aber in der Regel höher als die Kosten für laufende Behandlungen. Der daraus entstehende Überschuss wird von den Versicherungen zum Teil auf die Seite gelegt, die Alterungsrückstellungen. Mit zunehmendem Alter in dem bestehenden Tarif steigt jedoch das Risiko der Erkrankungen und auch chronischen Krankheiten verbunden mit den daraus resultierenden Behandlungskosten. Durch die geschafften Rücklagen ist es den Versicherungen dann möglich, die Behandlungskosten zu leisten ohne dabei den Beitrag gravierend anheben zu müssen. Die Rückstellungen sind also eine Vorfinanzierung des Versicherten für seine später eventuell anstehenden Behandlungen. Somit wäre ein Verlust dieser aus Sicht des Versicherten aufgrund eines Versicherungswechsels äußerst ärgerlich.

Gründe für Alternativenprüfung

Bevor ein Versicherungswechsel angestrebt wird, sollten die bestehenden Alternativen geprüft werden. Jeder Versicherte hat das Recht, in einen günstigeren Tarif seiner Versicherung zu wechseln, der die gleichen oder geringere Leistungen bietet. Warum diese Alternative in Betracht kommt, liegt daran, dass hierbei keine neue Gesundheitsprüfung erforderlich ist und auch die Alterungsrückstellungen in voller Höhe beibehalten werden. Aber auch hier ist zur Vorsicht gemahnt, wenn sich bei dem neuen Tarif die Leistungen verändern. Gerade Leistungen im Bereich Krankenhauswahl, Hilfsmittel oder Psychotherapie sind besonders zu betrachten, denn hier können die selbst zu erbringenden Leistungen hohe Kosten verursachen. Aber auch bei den Tarifen ist dann Obacht geboten, da die Versicherer zu den günstigen Basistarifen dann noch weitere Zusatztarife anbieten, die die Kosten dann wieder deutlich erhöhen. Ob sich dann ein Tarifwechsel noch lohnt, bleibt zumindest fraglich.

Eine weitere interessante Alternative neben dem Tarifwechsel ist der Wechsel der Versicherungsform von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung. Dafür müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein wie etwa der Wechsel der Arbeitsstelle.

Wenn alle diese genannten Alternativen nicht in Betracht kommen bzw. ein Wechsel des Versicherungsunternehmens dennoch in Betracht gezogen wird, sollte man sich über alle Konditionen und Tarife, die von den entsprechenden in Frage kommenden Versicherungsanbietern angeboten werden, sehr umfangreich informieren und sich mit den einzelnen Versicherungsbausteinen auseinandersetzen. Hilfe hierzu geben Versicherungsvergleiche und Ratings, die die jeweiligen Tarife einzeln betrachten und bewerten. Allerdings geben sie keine absolute Garantie und Rückschlüsse darauf, inwiefern dies mit der Realität später übereinstimmt.

Damit man sich hier einen besseren Überblick verschaffen kann, sollte man bei einem interessanten Angebot das jeweilige Versicherungsunternehmen kontaktieren. Versicherungen sind nämlich rechtlich dazu verpflichtet, Anfragen mit umfangreichen Informationen bezüglich der Beitragsentwicklung des angefragten Tarifs sowie den bestehenden Wechselmöglichkeiten zu beantworten. Sollte dann das Interesse dem Unternehmen gegenüber bekundet werden, so muss die Versicherung vor Vertragsschluss zudem noch genau über die Beitragsentwicklung der letzten zehn Jahre informieren. Sollte es sich bei dem gewählten Tarif um einen solchen handeln, der noch nicht so lange angeboten wird, ist für diese Dokumentation ein vergleichbarer Tarif heranzuziehen und dem Kunden offen darzulegen.

Aber auch wenn die Unternehmen zur Offenlegung der letzten zehn Jahre verpflichtet sind, ist dies keine Garantie für die zukünftige Beitragsentwicklung. Eine definitive Aussage wie die Entwicklung in Zukunft sein wird, ist nicht möglich, da die Beitragsbemessung von ganz vielen Punkten abhängig ist, die man nicht beeinflussen kann.

Für alle, die sich in den Wirren der Versicherungslandschaft nur schwer zurechtfinden oder denen dieser Aufwand zu groß ist, besteht die Möglichkeit, sich Hilfe zu holen. Unterstützung in Bezug auf die Wahl der jeweiligen Krankenkassen und einem eventuellen Wechsel kann man bei den Verbraucherzentralen im Rahmen einer kostenpflichtigen Beratung erhalten. Aber auch unabhängige bzw. freie Versicherungsberater sind hier gegen Entlohnung eine gute Hilfe. Kontakt zu diesen kann man unter der Verbandswebseite [www.bvvb.de] herstellen bzw. deren Kontaktdaten bekommen.

Höhe der zu übertragenden Alterungsrückstellungen

Die Höhe der Alterungsrückstellungen, die man bei einem Versicherungswechsel auf die neue Versicherung übertragen kann, hängt davon ab, wie alt der zu kündigende Vertrag ist. Ausschlaggebend hierfür ist der 01.01.2009. Liegt der Vertragsschluss für den zu kündigenden Vertrag vor diesem Datum, können keine Alterungsrückstellungen aus dem alten Vertrag zum neuen Vertrag mitgenommen werden. Daher ist ein Wechsel eines solchen Vertrages wirtschaftlich gesehen nicht ratsam und somit finanziell eher keine Option.

Ist der entsprechende Vertrag jedoch nach dem 01.01.2009 abgeschlossen worden, so kann zumindest ein Teil der bis dahin gebildeten Alterungsrückstellungen auf den neuen Vertrag übertragen werden. Und zwar betrifft das genau die Anteile, die unter Berücksichtigung der gleichen Voraussetzungen im Basistarif angehäuft worden wären. Zusatztarife fallen hier nicht unter die Mitnahmeregelung. Des Weiteren werden die Rückstellungen übertragen, deren Aufbau mit einem gesetzlichen Zuschlag von zehn Prozent erzielt worden ist.

Wer nun in den Genuss kommt, Alterungsrückstellungen vom alten Anbieter zum neuen Anbieter mitnehmen zu können, kann dadurch Geld sparen, indem eine günstigere Versicherungsprämie als ohne Rückstellungen erzielt werden kann. Über die Höhe der übertragbaren Anteile, dem sogenannten Übertragungswert, hat das jeweilige Versicherungsunternehmen jährlich zu informieren und so Transparenz zu schaffen.

Wie läuft der Wechsel ab

Um einen Wechsel durchführen zu können, muss zunächst die Kündigung erfolgen. Diese sollte unter Verweis auf das sogenannte Wechselrecht nach § 204 Abs. 1 Nr. 2 Versicherungsvertragsgesetz, VVG beim aktuellen Versicherungsanbieter geschehen. Mit dieser Kündigung ist auch die Übertragung der angesparten Alterungsrückstellungen zu verlangen. Wichtig hierbei ist, dass die vertraglich festgeschriebenen Kündigungsfristen eingehalten werden. in der Regel gilt hier, dass Verträge über eine Krankenvollversicherung mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Versicherungsjahres gekündigt werden können.

Man sollte jedoch darauf achten, dass der neue Vertrag über die Krankenvollversicherung zeitlich unmittelbar an den alten Vertrag anschließt, so dass ein lückenloser Versicherungsschutz besteht. Mit der Kündigung muss dem alten Versicherer auch mitgeteilt werden, dass ein neuer Versicherungsschutz ab dem Kündigungszeitpunkt besteht. Daher sollten alle wichtigen Schreiben - Kündigungsschreiben und Nachweis einer neuen Versicherung - zeitgleich per Einschreiben mit Rückschein an den bisherigen Anbieter versendet werden. Wenn es nun zu Unstimmigkeiten kommen sollten, kann nachgewiesen werden, dass der Versicherte seinen Pflichten fristgerecht nachgekommen ist.

Splitting des Vertrages

Beim Übergang auf den neuen Anbieter wird der Versicherungsvertrag dann wie oben beschrieben gesplittet.

Die angesparte Alterungsrückstellung, die auf den Basistarifanteil entfällt, sowie die Rückstellung aus einem gesetzlichen Zuschlag, werden auf den neuen Vertrag übertragen. Rückstellungen, die Leistungen über den Basistarif hinausgehend betreffen, bleiben beim alten Anbieter. Die Übertragung dieser Rückstellungen ist verpflichtend, auch ein freiwilliger Verzicht ist nicht zulässig.

Neben der Krankenversicherung kann wird in der Regel auch die Pflegeversicherung von der Kündigung betroffen werden. Wird die Pflegeversicherung zusammen mit der Krankenversicherung ebenfalls gekündigt, so werden alle hier erzielten Rückstellungen auf den neuen Vertrag übertragen.

Berechnung der zu übertragenden Alterungsrückstellung

Die Berechnung erfolgt auf der Annahme, von Beginn an im Basistarif versichert gewesen zu sein. Wie die Rückstellungsberechnung genau erfolgt, ist für Leute, die nicht täglich damit arbeiten nur sehr schwer verständlich und kaum nachvollziehbar. Trotzdem oder gerade deswegen empfiehlt es sich, die Berechnung von fachkundigen Personen überprüfen zu lassen, um so einen überhöhten Beitrag beim neuen Versicherungsunternehmen vermeiden zu können.

Überprüfbar ist die Berechnung auf jeden Fall durch die Versicherungen, wen diesen die Daten wie Eintrittsalter, Vertragslaufzeit sowie das Geschlecht bekannt sind. Allerdings gilt der letzte Punkt nur für Verträge mit Begin vor 2013, da seitdem das Geschlecht irrelevant ist. Der neue Anbieter kann also auf jeden Fall prüfen, ob die vom Alt-Anbieter gemachten Berechnungen plausibel sind.

Neben den Versicherungen besteht auch die Möglichkeit, einen Versicherungsmathematiker hier um Hilfe zu bitten. Diese können die Plausibilität nachrechen und so ebenfalls die Plausibilität nachweisen.

Sollte der Verdacht aufkommen, dass die Berechnung nicht korrekt ist, so hat der Versicherte zudem die Möglichkeit, eine Beschwerde bei der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) als Aufsichtsbehörde einzureichen. Hier wird dann in eigener Zuständigkeit geprüft, ob der Beschwerde nachgegangen wird. Ein Anspruch auf Überprüfung hat der Versicherte hier nicht.

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