Politik

Nordstream-Pipeline: Russisches Gas fließt wieder

Nach einer zehntägigen Wartung fließt wieder Erdgas von Russland nach Deutschland.
21.07.2022 11:00
Aktualisiert: 21.07.2022 11:37
Lesezeit: 2 min

Nach einem zehntägigen Lieferstopp strömt wieder russisches Gas nach Deutschland. Die Auslastung der zentralen Gas-Leitung Nord Stream 1 könne am Donnerstag bei 40 Prozent liegen und damit das Niveau von vor der Wartung erreichen, teilte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller per Twitter mit. "Die politische Unsicherheit und die 60-prozentige Kürzung von Mitte Juni bleiben leider bestehen."

Zuvor hatte der Gas-Netzbetreiber Gascade erste Gasflüsse und auch Nord Stream eine Leitungs-Buchung von etwa 40 Prozent gemeldet. Ob und in welcher Größenordnung Gas-Lieferungen von Russland nach der regulären Wartung wieder aufgenommen werden, war mit großer Spannung erwartet worden. Die Bundesregierung hatte wiederholt gewarnt, man könne nicht von dauerhaften und verlässlichen Lieferungen ausgehen. Russland setze das Gas als Waffe ein.

Trotz Pipeline-Gas-Lieferungen aus anderen Ländern wie Norwegen und den Niederlanden, Flüssiggas-Importen sowie Spar-Kampagnen ist Deutschland und seine Industrie nach wie vor von russischen Gas-Lieferungen abhängig. Vor allem will man die Speicher mit Blick auf den Winter speisen, die derzeit zu etwa 65 Prozent gefüllt sind. Dies wäre ohne russisches Gas kaum möglich. Die Bundesregierung will sich am Nachmittag zur Lage äußern.

Verband: Lieferungen könnten für warmen Winter reichen

Nach Einschätzung des Verbandes "Zukunft Gas" könnte mit einer dauerhaften Lieferung auf diesem Niveau der kommende Winter gemeistert werden. "Mit den reduzierten Gasmengen aus Russland, die wir derzeit beobachten, können die angestrebten Gasspeicherfüllstände erreicht werden, die Lage auf dem Gasmarkt bleibt aber angespannt", sagte Verbandschef Timm Kehler. "Damit wir den Winter unter den aktuellen Annahmen gut überstehen, müssen die Verbräuche weiter auf niedrigem Niveau bleiben und die Flüssiggas-Importkapazitäten in Westeuropa voll ausgelastet werden." Jetzt sei viel Solidarität gefragt zwischen Bürgern, Wirtschaft auch innerhalb der Europäischen Union. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch einen Gas-Sparplan veröffentlicht.

Der Betreiber Nord Stream 1 bestätigte, dass die Wartungsarbeiten abgeschlossen seien. "Wir nehmen die Lieferungen wieder auf. Es kann einige Stunden dauern bis die gebuchte Kapazität erreicht wird", erklärte ein Sprecher. Der staatliche russische Gas-Versorger Gazprom hatte schon vor der Wartung argumentiert, das eine Turbine von Siemens Energy für eine Verdichterstation gewartet und von Kanada wegen der Russland-Sanktionen nicht zurückgeliefert werde, könne man nicht die vereinbarten Mengen liefern und die Leitung zu 100 Prozent auslasten. Die Bundesregierung nennt das Argument vorgeschoben, sie hat zudem bei Kanada eine Rückgabe der Turbine erreicht. Zuletzt war Gas aus Russland für Deutschland praktisch nur über Nord Stream gekommen.

Der österreichische Konzern OMV erklärte am Morgen, Gazprom habe signalisiert, dass rund die Hälfte der vereinbarten Gaslieferung am Donnerstag fließen werde. Damit kehre man auf das Niveau von vor der Wartung zurück. Die tatsächlich gelieferte Menge werde allerdings erst im Tagesverlauf klar werden.

Die gekürzten Gasliefermengen haben vor allem den größten deutschen Gasimporteur Uniper Bedrängnis gebracht. Er muss die Mengen teuer kurzfristig am Markt nachkaufen, ist aber an bestehende Verträge mit seinen Kunden gebunden. Mit der Bundesregierung und seinem finnischen Großaktionär Fortum verhandelt der Konzern gerade über ein Rettungspaket. Die Aktien von Uniper stiegen nach der Wiederaufnahme der Lieferungen zunächst, gaben am Vormittag aber um rund fünf Prozent nach.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...

DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Wichtigste Kryptowährung setzt Rekordjagd fort – was das für Anleger bedeutet
11.07.2025

Der Bitcoin-Kurs ist auf ein historisches Allzeithoch gestiegen und über die Marke von 118.000 US-Dollar geklettert. Wie geht es weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....