Finanzen

Bundesbank-Chef für höhere Zinsen, auch wenn dies eine Rezession auslöst

Bundesbank-Präsident Joachim Nagel unterstreicht trotz der zunehmenden Rezessionsgefahren in Deutschland die Notwendigkeit weiterer Zinserhöhungen der EZB.
20.08.2022 09:57
Aktualisiert: 20.08.2022 09:57
Lesezeit: 1 min
Bundesbank-Chef für höhere Zinsen, auch wenn dies eine Rezession auslöst
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. (Foto: dpa) Foto: Federico Gambarini

"Bei den hohen Inflationsraten müssen weitere Zinsschritte folgen", sagte Nagel der Rheinischen Post. Das werde auch allgemein erwartet. "Ich will aber keine Zahl ins Schaufenster stellen," fügte er hinzu. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bei der Geldpolitik von Sitzung zu Sitzung entscheiden müsse. Die nächste EZB-Zinssitzung ist am 8. September.

Die Inflation im Währungsraum war zuletzt von Rekord zu Rekord geeilt. Angeheizt durch hohe Energie- und Lebensmittelpreise infolge des Ukraine-Kriegs lag sie im Juli bei 8,9 Prozent. Die EZB hat die Zinswende im vorigen Monat mit einer überraschend kräftigen Anhebung um einen halben Punkt auf 0,50 Prozent eingeleitet. Es war die erste Erhöhung des geldpolitischen Schlüsselsatzes seit elf Jahren.

Mehr zum Thema Inflation: Deutsche Erzeugerpreise steigen um 37,2 Prozent

Aufgrund der Energiekrise fürchtet Nagel, dass die deutsche Wirtschaft im Winter in eine Rezession abgleiten könnte. Die Wirtschaft sei im ersten Halbjahr unter schwierigen Bedingungen noch ganz passabel gelaufen, sagte er. Sollten jetzt aber weitere Lieferprobleme etwa durch langanhaltendes Niedrigwasser hinzukommen, würden sich Nagel zufolge die Wirtschaftsaussichten für das zweite Halbjahr weiter eintrüben.

"Wenn sich die Energiekrise zuspitzt, erscheint eine Rezession im kommenden Winter wahrscheinlich", warnte er. Deutschland ist die größte Volkswirtschaft im Euro-Raum. EZB-Direktorin Isabel Schnabel schließt inzwischen für die gesamte Euro-Zone eine Rezession nicht aus.

INFLATION WEIER AUF DEM VORMARSCH

Nagel rechnet für Deutschland für das gesamte Jahr 2022 mit einer Inflationsrate in der europäischen Berechnung (HVPI) von über acht Prozent. In den Herbstmonaten sei sogar eine Inflationsrate von zehn Prozent möglich. "Zweistellige Inflationsraten wurden in Deutschland das letzte Mal vor über siebzig Jahren gemessen", sagte er.

Dabei wies Nagel auf Sondereffekte hin wie den Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket, die jetzt auslaufen. Das werde die Inflationsrate um gut einen Prozentpunkt erhöhen. "Die Gasumlage kommt, im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer auf Gas gesenkt werden, was wiederum die Preise dämpft", fügte er hizu.

Auch im nächsten Jahr könnte die Inflation Nagel zufolge stärker sein als bisher gedacht. Lieferengpässe und geopolitische Spannungen dürften fortwirken, sagte er. "Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass die Inflation höher ausfällt als bislang prognostiziert und wir im nächsten Jahr im Schnitt eine Sechs vor dem Komma haben", sagte er. Die jüngsten Projektionen der Bundesbank gehen bislang für 2023 von einer Rate von 4,5 Prozent in Deutschland aus. (rtr)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wall Street schließt dritten Tag in Folge im Minus
31.12.2025

Die wichtigsten US-Aktienindizes beendeten den Handelstag am Dienstag bereits den dritten Tag in Folge mit Verlusten.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI im Bewerbungsprozess: Was Unternehmen und Kandidaten beachten sollten
30.12.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Bewerbungen – schneller, objektiver, aber nicht immer transparent. Während manche...

DWN
Politik
Politik USA greifen Hafen in Venezuela an: CIA soll angeblichen Drogenumschlagplatz attackiert haben
30.12.2025

Eine Explosion im Hafen, ein Präsident, der offen von einem Schlag spricht, und viele offene Fragen. Donald Trump bestätigt einen...

DWN
Panorama
Panorama Tresor-Coup in Gelsenkirchen: 3.200 Schließfächer aufgebrochen, Beute von 30 Millionen Euro
30.12.2025

"Wir wollen rein", skandiert eine aufgebrachte Menge vor der Sparkassenfiliale in Gelsenkirchen. Doch die Polizei riegelt ab. Was zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neun von zehn Haushaltshilfen werden schwarz beschäftigt
30.12.2025

Fast vier Millionen Haushalte setzen auf Schwarzarbeit – warum viele die Anmeldung umgehen und wie viel Geld dabei wirklich fließt.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z: Warum Sinnhaftigkeit zur neuen Währung im Job wird
30.12.2025

Führungskraft? Nein danke. Für die Generation Z zählt im Beruf längst nicht mehr die steile Karriere, sondern Sinn, Freiheit und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lebensmittelpreise 2025: Butter billiger, Schokolade teurer
30.12.2025

2025 wurden Verbraucher bei Lebensmitteln kräftig durchgeschüttelt. Butter fiel im Preis deutlich, während Schokolade, Rinderhack und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Alarm: Deutschland hat die höchsten Unternehmenssteuern der G7
30.12.2025

Deutschland gilt als Hochsteuerland – nun belegen es die Zahlen. Eine große Mehrheit der Unternehmen empfindet Steuern und Abgaben als...