Das Land Baden-Württemberg hat für den Rückkauf der Anteile des Energieversorgers EnBW vor drei Jahren nach einem neuen Gutachten knapp 780 Millionen Euro zu viel bezahlt. Zu diesem Ergebnis sei der von ihr beauftragte Sachverständige gekommen, teilte die Staatsanwaltschaft Stuttgart am Donnerstag mit.
Die Behörde hatte das Gutachten für ihre Ermittlungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus bestellt. Ihm wird vorgeworfen, mit 4,7 Milliarden Euro für das EnBW-Aktienpaket des französischen Energiekonzerns EdF Ende 2010 einen zu hohen Preis akzeptiert zu haben.
Die Strafverfolger untersuchen, ob Mappus dem Land geschadet hat und wegen Untreue angeklagt werden kann. Dies hänge aber noch von anderen Faktoren als dem Kaufpreis ab, erklärte die Behörde. Sie ermittelt auch gegen den Mappus-Vertrauten Dirk Notheis, der das Geschäft als Deutschland-Chef der US-Investmentbank Morgan Stanley eingefädelt hatte, wegen Beihilfe zu Untreue.
Der Verteidiger von Notheis erklärte, das jetzt vorgelegte Gutachten sei einseitig, fehlerhaft und methodisch unzureichend. Er legte ein eigenes Gutachten eines emeritierten Professors vor, dem zufolge der Preis von 41,50 Euro je Aktie angemessen war.
Mappus hatte den Rückkauf nahezu im Alleingang über die Bühne gebracht, ohne das Länderparlament einzubinden. Der Staatsgerichtshof hatte das als verfassungswidrig gerügt. Die schwarz-gelbe Regierung unter Mappus wurde im Frühjahr 2011 abgewählt. Der Investmentbanker Notheis gab im Juni 2012 seinen Posten bei der Bank auf, nachdem E-Mails bekannt geworden waren, aus denen hervorging, wie stark der Banker seinen CDU-Parteifreund Mappus gelenkt hatte.
Zur Höhe des Kaufpreises gab es bereits zwei Gutachten, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen waren. Im Auftrag der grün-roten Landesregierung befanden Wirtschaftsprüfer, der Preis sei um 840 Millionen Euro zu hoch. Zwei Universitätsprofessoren, die der Untersuchungsausschuss des Landtags zur EnBW-Affäre eingeschaltet hatte, hielten den Preis so wie der von Notheis beauftragte Professor dagegen für angebracht.
Das neue Gutachten stärkt die Position der Landesregierung, die auf Basis ihres Gutachtens die 840 Millionen Euro von EdF vor dem Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Paris zurückfordert. Dazu gibt es im Januar den nächsten Anhörungstermin. „Das bestärkt uns auf ganzer Linie und gibt uns Rückenwind für das Schiedsverfahren“, erklärte Finanzminister Nils Schmid. Die Landesregierung sei es den Steuerzahlern schuldig, das zu viel gezahlte Geld zurückzuholen. Die Opposition von CDU und FDP im Landtag kritisieren das Verfahren dagegen als Geldverschwendung.