Finanzen

Vom Steuerzahler gerettete HSH Nordbank trickst bei Steuern

Lesezeit: 2 min
17.12.2013 17:23
Die Staatsbank HSH Nordbank, die nur überlebt hat, weil der Steuerzahler eingesprungen ist, hat den Staat offenbar um mindestens 127 Millionen Euro geprellt. Nun muss die Bank Rückstellungen verbuchen, wodurch sich der Verlust weiter erhöht.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die HSH Nordbank hat den Staat durch umstrittene Dividendengeschäfte möglicherweise um mehr als 100 Millionen Euro geprellt. Bei einer internen Untersuchung sind insgesamt 29 verdächtigte Geschäfte im Eigenhandel der Bank zum Vorschein gekommen. Dabei bekam die HSH von 2008 bis 2011 Kapitalertragssteuern erstattet, die das Institut in Wahrheit gar nicht abgeführt hatte. Die Hamburger Bank legt deshalb nun 127 Millionen Euro zurück, was das Geldhaus in diesem Jahr noch tiefer in die roten Zahlen drücken wird. „Es ist für den Vorstand unerlässlich, etwaige zweifelhafte Vorgänge aus der Vergangenheit aufzuarbeiten, damit neues Vertrauen in die HSH Nordbank wachsen kann“, sagte Finanzvorstand Stefan Ermisch am Dienstag.

Die Politik zeigte sich empört, dass ausgerechnet die staatlich gestützte HSH, die mehrheitlich den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, den Fiskus betrogen haben soll. „Wer sich Kapitalertragssteuer anrechnen und erstatten lässt, die er gar nicht gezahlt hat, handelt nicht redlich“, sagte Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). „Das gilt umso mehr für eine Bank, die schon damals auf die Unterstützung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler angewiesen war.“ Der offene Umgang der HSH mit dem Fall zeige aber, dass bei der Landesbank heute ein anderer Wind wehe.

Die HSH ist neben der Münchner HypoVereinsbank die zweite deutsche Bank, die wegen der sogenannten „Cum-Ex-Geschäfte“ in der Kritik steht. Die HVB hat deswegen bereits mehr als 200 Millionen Euro zurückgelegt. Bei den Geschäften wurde mit sogenannten Leerverkäufen gearbeitet - Papiere wurden verkauft, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt geliefert. Die zeitliche Differenz nutzten Investoren dann rund um die Dividendenzahlung von Unternehmen aus: Von den Banken bekamen sie eine Bestätigung, Kapitalertragsteuer auf die Dividendenerlöse bezahlt zu haben, was sie später steuerlich geltend machten - dabei hatten sie in Wahrheit gar keine Steuer abgeführt. Im Fall der HSH sollen insgesamt 112 Millionen Euro an Steuern zu unrecht angerechnet worden sein.

Banken und deren Kunden haben bei der Praxis, die auch als „Dividenden-Stripping“ bekannt ist, eine Gesetzeslücke genutzt, die erst 2012 geschlossen wurde. Unter Juristen ist umstritten, ob die Geschäfte zulasten der Staatskasse vorher illegal oder nur unanständig waren. „Die steuerrechtliche Beurteilung der Geschäfte ist unklar“, betonte die HSH. Ein Urteil des Bundesgerichtshof zu dem Thema wird im Frühjahr erwartet.

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Heinold gibt der Politik eine Mitschuld an den dubiosen Geschäften. „Der Bundesgesetzgeber hat die steuerrechtliche Lücke erst Ende 2011 geschlossen, obwohl lange bekannt war, dass die alte gesetzliche Regelung zum Missbrauch eingeladen hat“, sagte die Grünen-Politikerin. „Ich setze darauf, dass es zukünftig gelingt, die Bundessteuerverwaltung zu stärken, wie es auch der Koalitionsvertrag von Union und SPD im Bund vorsieht.“

Als es Ende 2012 erste Medienberichte über „Dividenden-Stripping“ bei deutschen Banken gab, hat die HSH eine unabhängige Prüfung durch die Rechtsanwaltskanzlei Clifford Chance in Auftrag gegeben. Diese legte nun einen Zwischenbericht vor, weitere Ergebnisse werden im ersten Quartal 2014 erwartet. „Bis dahin werden sämtliche Möglichkeiten der internen Aufarbeitung ausgeschöpft, um die Details der relevanten Transaktionen aufzuklären“, erklärte die Bank. Der HSH-Vorstand habe die Finanzverwaltung, die Finanzaufsicht BaFin und die Staatsanwaltschaft Hamburg unverzüglich über den aktuellen Stand der Erkenntnisse informiert.

Für die HSH kommt die Affäre, über die die Nachrichtenagentur Reuters bereits am Montag berichtet hatte, zur Unzeit: Die Bank steckt wegen hoher Belastungen durch die Schifffahrtskrise in den roten Zahlen und musste die Staatsgarantien für Kreditportfolios des Instituts in diesem Jahr wieder von sieben auf zehn Milliarden Euro aufstocken. Die EU-Kommission genehmigte dies vorläufig und prüft nun, inwieweit dies im Einklang mit den Beihilfevorschriften steht. Auch angesichts des EU-Verfahrens wolle die HSH in der Dividendenaffäre schnellstmöglich reinen Tisch machen, sagte ein Insider.

Mit den Rückstellungen von 127 Millionen Euro bereitet sich die Bank darauf vor, dass sie Kapitalertragssteuer in Höhe von 112 Millionen Euro an den Staat zurückzahlen muss. Hinzu kommen noch gut 15 Millionen Euro an Zinsen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Ein großer Fortschritt bei der betrieblichen Effizienz

Wie können Sie ganz einfach neue Maßstäbe für die Produktivität in Ihrem Unternehmen setzen?

DWN
Politik
Politik Handel als Waffe: EU erlässt neues Gesetz zum Schutz vor wirtschaftlicher Erpressung
03.10.2023

„Letztes Mittel“: EU setzt mit neuem Handelsinstrument vor allem auf eine abschreckende Wirkung und betont Dialogbereitschaft. Wie...

DWN
Politik
Politik Kiew: EU-Mitgliedschaft „nur Frage der Zeit“
03.10.2023

Das Treffen der EU-Außenminister in der Ukraine macht Kiew Hoffnung auf einen baldigen Beginn der Beitrittsverhandlungen. Bei dem Treffen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massiver Einbruch in der deutschen Startup-Szene
03.10.2023

Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist sowohl die Zahl als auch besonders der Umfang der Finanzierungen für deutsche Start-up-Unternehmen...

DWN
Politik
Politik In Ungnade gefallen? Ministerschwund in China häuft sich
03.10.2023

Mittlerweile ist es kein Einzelfall mehr. Immer mehr Verbündete der Parteispitze Chinas und hochrangige Funktionäre fehlen in letzter...

DWN
Politik
Politik Tunesien lehnt EU-Finanzhilfe wegen Einwanderungsabkommen ab
03.10.2023

Tunesien zeigt sich enttäuscht von Brüssel: Nachdem die EU dem Land Milliarden-Unterstützung zugesagt hat, wurde diese nun radikal...

DWN
Finanzen
Finanzen Vizechefin der Deutschen Bundesbank wird oberste EU-Bankenaufseherin
03.10.2023

Die neue Chefin der EZB-Bankenaufsicht will die Bankenunion vorantreiben und eng mit dem EU-Parlament zusammenarbeiten. Die Postenbesetzung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Versorgt Indonesien den Westen mit Seltenen Erden?
03.10.2023

Indonesien weist große Vorkommen Seltener Erden und weiterer wichtiger Rohstoffe auf. Insbesondere Nickel, das für die Produktion von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So will Deutschland seine Bürokratie abbauen
02.10.2023

In einem 17-seitigen Papier, das den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) exklusiv vorliegt, hat eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern...