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Formel-1-Chef Bernie Ecclestone muss sich wegen Korruptionsverdachts in Deutschland vor Gericht verantworten. Das Landgericht München ließ am Donnerstag die Anklage der Staatsanwaltschaft zu: Die Strafverfolger werfen dem einflussreichen Sportmanager vor, er habe im Zusammenhang mit dem Verkauf der Formel-1-Anteile der BayernLB vor acht Jahren einen Vorstand der Bank bestochen.
Die Strafkammer will nach eigenen Angaben ab Ende April darüber verhandeln, ob Ecclestone den damals verantwortlichen BayernLB-Manager geschmiert und zur Untreue angestiftet hat. Im Falle einer Verurteilung drohen dem heute 83-Jährigen bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Ecclestone, der in dieser Sache bereits in eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist, weist die Vorwürfe zurück. Er werde sich „energisch“ verteidigen, kündigte er am Donnerstag an.
Die Formel 1 zog allerdings Konsequenzen: Ecclestone wird künftig nur noch für das Tagesgeschäft zuständig sein und gibt seinen Direktorenposten ab, wie das Betreiberunternehmen mitteilte. Um größere Verträge und andere wichtige Geschäftsangelegenheiten kümmern sich nun Verwaltungsratschef Peter Brabeck-Letmathe und sein Stellvertreter Donald Mackenzie selbst.
Der Verdacht gegen Ecclestone macht der Formel 1 und ihrem Eigner CVC Probleme - die Auseinandersetzung erschwert das Vorhaben des Finanzinvestors, die Rennsportserie an die Börse zu bringen.
Die Staatsanwaltschaft München hatte den Briten bereits im Juli vergangenen Jahres angeklagt. Ecclestone soll den BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky mit 45 Millionen Dollar geschmiert haben, damit dieser die Formel 1 an den Ecclestone genehmen Investor CVC verkaufte, ohne Alternativen zu prüfen. Gribkowsky wurde deswegen bereits zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen Bestechlichkeit und Untreue. Der frühere Banker hat vor Gericht ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Ein Grund für die mögliche Höchststrafe von zehn Jahren ist, dass die Ermittler von einem besonders schweren Fall ausgehen. Zudem stufen sie zu Ecclestones Nachteil Gribkowsky als staatlichen Amtsträger und nicht als gewöhnlichen Geschäftsmann ein, weil die Landesbank dem Freistaat Bayern gehört.
Einen Großteil des Schmiergeldes habe sich Ecclestone von der Landesbank wiedergeholt. Dafür hätten er und Gribkowsky einen Provisionsvertrag aufgesetzt, der zum Schein mit Verdiensten Ecclestones bei den Verkaufsgesprächen begründet worden sei. Die BayernLB verkaufte ihre Formel-1-Anteile im November 2005 für knapp 830 Millionen Dollar (heute 610 Millionen Euro) an CVC, vollzogen wurde der Vertrag im März 2006.
„Die behauptete Bestechung gab es nicht“, ließ der Sportmanager am Donnerstag von seinen Verteidigern erklären. „Die auf der Erklärung von Herrn Dr. Gribkowsky beruhenden Anklagevorwürfe sind unzutreffend und ergeben angesichts der bestehenden Tatsachen kein schlüssiges Bild.“
Die Anwälte machten deutlich, dass sie sich in dem bevorstehenden Verfahren nicht mit den Erkenntnissen aus dem Gribkowsky-Prozess zufrieden geben wollen: „Es müssen weitere Zeugen gehört und neues Beweismaterial gesichtet werden.“
Ecclestone hat angekündigt, vor Gericht zu erscheinen. „Mir geht es darum, meine Unschuld zu beweisen, deshalb werde ich im Falle eines Bestechungsprozesses nach München kommen“, sagte er dem Handelsblatt unmittelbar vor Bekanntwerden der Anklagezulassung.
Der Manager bestreitet die Zahlung an Gribkowsky nicht, hat jedoch mehrmals erklärt, es habe sich dabei um Schweigegeld gehandelt. Denn der Banker habe ihn mit der Drohung erpresst, ihn anderenfalls bei den britischen Steuerbehörden anzuschwärzen.
Ecclestone sieht sich auch mit Schadenersatzforderungen konfrontiert. Ein Sprecher der BayernLB bekräftigte, die Bank werde den Formel-1-Chef deshalb Ende Januar oder Anfang Februar vor dem High Court in London verklagen. Wie mit der Angelegenheit vertraute Personen gesagt hatten, verlangt die Bank von Ecclestone 400 Millionen Dollar.
Dasselbe Gericht will in den kommenden Wochen das Urteil in einem weiteren Schadenersatzprozess fällen: Der deutsche Medienkonzern Constantin sieht sich wegen Absprachen zwischen Ecclestone und Gribkowsky um einen Anteil an dem damaligen Verkaufserlös geprellt und fordert mehr als 100 Millionen Dollar.
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