Politik

Fukushima: Japanische Mafia beutet Obdachlose aus

Die japanische Mafia profitiert massiv von den Folgen des Atom-Unfalls in Fukushima. Sie rekrutiert Obdachlose zu Niedriglöhnen, damit diese den radioaktiven Müll wegräumen. Über ein Netzwerk von Subunternehmen versickern so Milliarden an Steuergeldern in der organisierten Kriminalität.
19.01.2014 00:25
Lesezeit: 2 min

Private Subunternehmer und kriminelle Mafia-Clans rekrutieren Obdachlose, um sie in Fukushima für Niedriglöhne arbeiten zu lassen. Dies berichtet Reuters. Mittelsmänner suchen gezielt auf Bahnhöfen und an öffentlichen Orten nach obdachlosen Männern, die „gewillt sind einen Niedriglohn für die unbeliebteste Arbeit der industrialisierten Welt zu akzeptieren“.

Etwa 50,000 Arbeiter sind an den Aufräumarbeiten rund um Fukushima beteiligt. Sie räumen den radioaktiven Müll weg und bauen die Tanks für das kontaminierte Wasser. Die Arbeiter sind zum größten Teil unqualifiziert und schlecht bezahlt. Sie werden zu tausenden in Fussball-Stadien untergebracht (Mehr zu den menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen lesen Sie hier ). Viele von ihnen wurden mit falschen Versprechungen angelockt oder unter Androhung von Gewalt nach Fukushima gebracht.

„Ich stelle keine Fragen, das ist nicht mein Job“, sagt Seiji Sasa, einer der Mittelsmänner, der die Arbeiter für Subunternehmen ausfindig macht. „Ich finde nur die Leute und schicke sie zur Arbeit. Dafür bekomme ich Geld im Austausch“, so Sasa weiter.

Die Arbeiter werden dann an eine Reihe von Subunternehmern weitergereicht. Sogar Japans zweitgrößter Bau-Unternehmer Obayashi Corp profitierte davon. Das Unternehmen lies sich billige Arbeitskräfte für einen öffentlichen Auftrag zur Dekontaminierung von Straßen besorgen. Die Ausschreibung brachte Obayashi Corp etwa eine Million Euro ein. Der Konzern gehört zu den 20 großen Hauptunternehmer, die die Arbeiten an diverse Subunternehmen auslagern.

Auch für die Subunternehmer lässt sich dabei viel Geld verdienen. Die Kosten für die unmittelbaren Aufräumarbeiten werden auf 120 Milliarden Euro geschätzt. Der japanische Staat hat bisher 30 Milliarden Euro in öffentliche Ausschreibungen vergeben. Dementsprechend weitläufig ist das Netzwerk von Subunternehmern, die davon profitieren wollen. Die Nachrichtenagentur Reuters zählte 733 Firmen, die im Auftrag des Umweltministeriums Arbeiten in den zehn meist verseuchten Städten der Präfektur durchführen.

Die Struktur der Auftragsverteilung begünstigt organisiertes Verbrechen. Die Yakuza sind eine der größten kriminellen Organisationen der Welt. Diese japanische Mafia zielt auch immer wieder auf den Niedriglohnsektor ab, um durch öffentliche Ausschreibungen von Steuergeldern zu profitieren.Dabei drücken sie die Personalkosten, indem sie ihre Arbeiter ausbeuten. So können Sie andere Firmen drastisch unterbieten.

„Die Yakuza sind traditionell eng mit dem Baugewerbe verbunden“, sagt Takeshi Katsura. Er ist Sozialarbeiter und hilft Menschen, die durch die Mafia ausgebeutet wurden. In Fukushima sind seinen Schätzungen zufolge etwa 50 Yakuza-Clans aktiv, die Arbeiter mit illegalen Methoden rekrutieren.

Die Aufräumarbeiten sind auch deshalb besonders lukrativ für die Yakuza, weil jedem Arbeiter nochmal 75 Euro Gefahrenzuschlag zustehen. Diese kommen jedoch nie bei den Arbeitern an, sondern wandern direkt in die Taschen.

„Die Regierung hat mir 75 Euro pro Tag versprochen, aber ich habe nur 10 Euro bekommen. Die Unternehmer und Subunternehmer nahmen die restlichen 65 Euro“, sagte Tanaka, einer der Arbeiter vor Ort. Als er sich darüber beschwerte, wurde ihm gesagt, dass sein Vertrag sich geändert habe. Er schulde dem Unternehmen nun Geld für Essen und Unterkunft. Andere Arbeiter werden sogar bedroht, verprügelt oder mit dem Tod bedroht, wenn sie sich beschweren.

Die gesundheitlichen Risiken für die Arbeiter der Subunternehmen sind zudem deutlich höher als die der Tepco Mitarbeiter. Schutzkleidung ist knapp bemessen und viele müssen mit primitiven Atemmasken vorlieb nehmen. Während Tepco Arbeiter Aktiv-Kohle-Filter bekommen, müssen sich obdachlose Arbeiter mit Staubfiltern aus dem Baumarkt begnügen.

Tepco ist Gott. Die Hauptunternehmer sind Könige und wir sind die Sklaven“, so Tanaka.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...