Politik

Pleite-Staat: Italien setzt erfolgreiche Higgs-Forscher auf die Straße

Der italienische Sparkurs trifft nun auch die Spitzen-Forschung. Knapp 60 Millionen Euro sollen vom Budget des Nationalen Instituts für Kernphysik (INFN) bis 2014 gekürzt werden. Für viele Wissenschaftler bedeutet das die Entlassung. Die Beteiligung Italiens an der Higgs-Forschung wird drastisch reduziert.
19.07.2012 00:37
Lesezeit: 1 min

Nur zwei Tage nach der möglichen Entdeckung des seit über 40 Jahren gesuchten Higgs-Partikels erreichte das Nationale Institut für Kernphysik (INFN) die schlechte Nachricht. Aufgrund von Budgekürzungen im Bereich der Wissenschaft müssen nun mehrere Forscher mit einer Entlassung rechnen. Dass die Wissenschaftler, an einer der bedeutendsten Entdeckung dieser Zeit, an den Forschungen zum Higgs-Teilchens, auf dem das gesamte Universum basiert, beteiligt sind, scheint der italienischen Regierung nicht sehr wichtig zu sein.

„Wir haben sehr viel zu diesen Experimenten beigetragen“, erklärt Institutspräsident Fernando Ferroni dem EUobserver. Rund 6.000 Wissenschaftler sind an den zwei Experimentem zum Higgs-Teilchen am Forschungszentrum CERN in der Schweiz beteiligt. 450 von ihnen kommen vom INFN. Anfang Juli teilte das CERN der Öffentlichkeit mit, dass es ein Teilchen gefunden habe, bei dem es sich wahrscheinlich um das gesuchte Higgs-Teilchen, auf dem die Elementarteilchen-Theorie basiert, handelt (im Interview mit den DWN erklärt Professor Achim Stahl vom CERN, warum die Entdeckung so bahnbrechend ist - mehr hier). Für den definitiven Nachweis seien nur noch wenige Monate nötig. Einige italienische Forscher werden allerdings nicht mehr dabei sein könne.

„Keiner hat uns gewarnt“, sagt Ferroni. Noch in diesem Jahr werden neun Millionen Euro vom 250 Millionen Euro Budget gekürzt. 2013 und 2014 werden zusätzlich jeweils weitere 24 Millionen Euro gestrichen. Rund 10 Prozent des technischen und administrativen Personals muss deshalb entlassen werden. Für fünf Forscher die gehen, könne nur ein neuer nachrücken.

Ferroni habe sich bereits in einem Schreiben an Italiens Präsident Giorgio Napolitano gewendet. Napolitano habe zwar versichert, die Entscheidung zu überdenken, doch jede mögliche Änderung der Kürzungen könne erst nach den Sommerferien greifen.

Mit den Kürzungen will die Regierung zwar die Staatsschulden (hier) in den Griff bekommen, doch damit werde an der falschen Stelle gespart, betont Ferroni. Denn die jungen Wissenschaftler, die wichtig für die Zukunft Italiens seien, würden nun auswandern. „Wenn wir unsere Studenten verlieren, verlieren wir alles“, sagt er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...