Tausende Isländer demonstrierten am Donnerstag in der Hauptstadt Reykjavik gegen die Entscheidung der Regierung, die EU-Beitrittsverhandlungen auszusetzen. Sie fordern die versprochene Volksbefragung zur Fortsetzung der Verhandlungen ein. Eine entsprechende Petition sammelte etwa 40,000 Unterschriften, was einem Anteil von 15,5 Prozent der Wahlberechtigten entspricht.
Aktuelle Umfragen zeigen jedoch, dass eine Mehrheit der Bürger einen EU-Beitritt ablehnt, wie die FT berichtet. Im Januar habe eine Umfrage ergeben, dass etwa 50 Prozent der Isländer gegen einen EU-Beitritt sind und nur 32 Prozent sich dafür aussprechen. Vor einem Jahr waren noch 63 Prozent der Isländer gegen einen Beitritt zur EU (mehr hier).
Ein Großteil der Isländer hegt Misstrauen gegenüber der EU, nachdem der Inselstaat wiederholt mit Brüssel wegen Fischerei-Rechten aneinander geraten war. Zudem kritisierte die EU das Vorgehen Islands nach der Finanzkrise. Das Land lies die Banken Pleite gehen und zog verantwortliche Banker zur Rechenschaft. Kunden aus den Niederlanden und Großbritannien verloren damals ihre Spareinlagen.
Die isländische Regierung hatte die Verhandlungen über einen EU-Beitritt im Sommer letzten Jahres abrupt ausgesetzt (hier).
„Wir denken, dass die Beitrittsverhandlungen ohne die nötige Unterstützung aus dem Volk begonnen wurden. Wir werden die Verhandlungen deshalb nicht vorsetzen“, sagte der Finanzminister Bjarni Benediktsson zur Entscheidung der Regierung. Er kündigte damals eine Volksbefragung zu den EU-Beitrittsverhandlungen an.
Die Vorgänger-Regierung der Sozialdemokraten sprach sich noch dafür aus, den Euro als Währung anzunehmen. Sie hoffte dadurch auf eine schnelleres Ende der Kapitalverkehrskontrollen, die nach wie vor in Island aktiv sind.
Ausländische Gläubiger halten Anteile an den beiden insolventen Banken Kaupthing und Glitnir, sowie diverse andere Anleihen in isländischen Kronen. Sobald die Kapitalkontrollen aufgehoben werden, würde eine Kapitalflucht dieser Gläubiger einsetzen, so die Befürchtung vieler Isländer. Der Betrag ist so immens, dass das Land dadurch erneut in eine schwere Finanzkrise rutschen könnte.